(Quito) „Ich hätte in der Mülltonne landen können, man gab mir aber das Leben“, sagt der heute 41 Jahre alte katholische Priester Luis Alfredo León Armijos aus Loja (Ekuador). Seine Lebensgeschichte beginnt mit einer Vergewaltigung, mit der Vergewaltigung seiner damals erst 13 Jahre alten Mutter, die dadurch schwanger wurde.
Seine Mutter, Maria Eugenia Armijos Romero, arbeitete trotz ihres jungen Alters als Haushaltsgehilfin, um ihren Vater und ihre sieben Geschwister zu unterstützen. Der Hausbesitzer vergewaltigte das Mädchen. Obwohl ihre Familie gegen das Kind war, wegen der Schande und wegen des Gewaltverbrechens, verteidigte die junge Mutter mit dem Namen Maria ihr Kind. „Weil die das Kind nicht wollten, gaben sie ihr Säfte zu trinken, die eine Abtreibung provozieren sollten“, so der Priester. „Sie betete und fühlte in ihrem Herzen, daß der Herr ihr sagte: Verteidige dieses Kind, das du in dir trägst“.
Von der Familie bedrängt und im Stich gelassen, floh Maria nach Cuenca, wo sie sich aus eigener Kraft durchschlug. Am 10. Oktober 1971 brachte sie unter Komplikationen einen Sohn zur Welt. Das neugeborene Kind erblickte mit Atemproblemen das Licht dieser Welt. Doch mit ärztlicher Hilfe und der liebevollen Pflege der Mutter konnten sie behoben werden.
Mit den Eltern versöhnt, kehrte sie mit deren Hilfe nach Loja zurück. Die Mutter sollte nie heiraten. Sie zog ihren Sohn im Kreis ihrer Familie auf. Der Vergewaltiger, vor die Tatsache gestellt, erkannte das Kind an und trug zu den Unterhaltskosten bei. Eine Versöhnung zwischen Maria und ihrem Aggressor gab es nicht. Ihr Sohn wußte von dem allem nichts. Er erlebte, wie der Vater immer wieder zu Besuch kam, kannte auch die drei anderen Kinder seines Vaters. „Meine Beziehung zu ihm war distanziert, aber gut“, erzählt der Priester.
Im Alter von 18 Jahren verspürte er den Ruf Gottes zum Priestertum und trat gegen den Widerstand seines Vaters in das Priesterseminar von Loja ein. Dieser sagte ihm, das sei unmöglich, denn „Du mußt genau wissen, wer Du bist“. Die Hintergründigkeit dieser Formulierung verstand der junge Mann damals noch nicht. Sein Studium und seine geistliche Formung verliefen so gut, daß er von seinem Bischof bereits im Alter von 23 Jahren zur Priesterweihe zugelassen wurde: „Es war ein Segen für mein Leben.“
Erst zwei Jahre später, als der Vergewaltiger und Vater gestorben war, erzählte Maria ihrem Sohn von der Vergewaltigung. Das war der Wendepunkt, an dem beide, Mutter und Sohn einen Weg der Versöhnung begannen. Der Priester half seiner Mutter dabei, den Haß auf den Vater zu überwinden und die Einladung Gottes anzunehmen, die eigene Lebensgeschichte zu akzeptieren.
Der junge Priester wurde sich am eigenen Leib dessen bewußt, was er bereits aus Überzeugung gepredigt hatte und das er nun bestätigt fand, nämlich daß „ein Kind nicht Leid und Schmerzen bringt, sondern Heil und Segen“.
Text: ACIPrensa/Giuseppe Nardi
Bild: ACIPrensa