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Vatikan-Petersdom-Liturgie PiusbruderschaftEin kur­zes Votum von Klaus Obenauer

Anzei­ge

Bekannt­lich kam in „jüng­ster“ Zeit wie­der etwas Bewe­gung in die Sache der Aus­söh­nung der FSSPX mit Rom, ver­an­laßt durch das Schrei­ben von Erz­bischof J.A. Di Noia OP. Auf die­sem Forum wur­de aus­führ­lich berichtet.

Takt­vol­le Rück­sicht­nah­me gebie­tet eigent­lich, in die­ser Cau­sa mit Rat­schlä­gen ein wenig an sich zu hal­ten. Bekannt­lich nüt­zen die nicht nur. Jedoch sehe ich mich gedrängt, dazu ein klei­nes Votum abzugeben.

Und das hat einen ganz kon­kre­ten Grund: Wer mei­ne wie­der­hol­ten und recht aus­gie­bi­gen Stel­lung­nah­men in Sachen „Rom und FSSPX“ auf die­sem Forum (und dar­über hin­aus) auf­merk­sam zur Kennt­nis genom­men hat, der hat auch regi­striert, daß der can­tus fir­mus mei­ner Stel­lung­nah­men, die zum Teil fak­ti­schen Peti­tio­nen gleich­ka­men, auf fol­gen­des hin­aus­läuft: Der Kon­flikt ist in sei­nem Kern damit gege­ben, daß es in der kon­zi­liä­ren und dar­an anschlie­ßen­den nach­kon­zi­liä­ren Lehr­amts­aus­übung gewis­se Inno­va­tio­nen gibt, die bei vie­len (allen vor­an bei der FSSPX) die Fra­ge aufwer­fen, inwie­weit die­ses inno­va­ti­ve Spre­chen – ange­sichts des Vorgänger­lehramts – als ver­läß­lich, ver­trau­ens­wür­dig gel­ten kann. Von daher ist der Kon­flikt auch sub­stan­ti­ell ge­löst damit, daß man die Kon­tro­vers­ma­te­rie auf ei­nen frei­en Dis­kurs hin öff­net, einen Dis­kurs, der sich natür­lich ein­schlä­gi­gen Kri­te­ri­en ver­pflichtet weiß.

Mit­nich­ten will ich mich damit lächer­lich machen, daß ich den Anspruch er­hebe, mei­nem Ansin­nen bezie­hungs­wei­se mei­nen Vor­schlä­gen sei nun entspro­chen wor­den. Aber, ich den­ke: rein mate­ri­ell ist das von mir ange­mahn­te Desi­derat durch den jüng­sten römi­schen Vor­stoß ein­ge­löst wor­den; gewiß mit ei­ni­ger Zurück­hal­tung und mit nicht ganz unbe­trächt­li­chen Restrik­tio­nen und Kautelen.

Und wenn ich daher für mich bezie­hungs­wei­se gemäß mei­ner Ent­schlüs­se­lung des Kon­flikts zum Resul­tat kom­me, daß der ent­schei­den­de Kon­flikt­ge­gen­stand und damit die (sub­jek­ti­ve) Recht­fer­ti­gung dafür, in der Irre­gu­la­ri­tät zu blei­ben, durch die neu­li­che Initia­ti­ve Roms aus dem Weg geräumt ist, wird mir dies kei­ner ver­übeln. Ich sehe mich ver­pflich­tet, dies der Öffent­lich­keit zu kommunizie­ren. Zu kom­mu­ni­zie­ren, ge­mäß mei­nem beschei­de­nen Anteil, den ich an der Sa­che auf jedoch sehr nach­drückliche Wei­se genom­men habe und der nun ein­mal ein gewis­ses Maß an Auf­merk­sam­keit fand. Was man sich auf Sei­ten der FSSPX dar­auf für einen Reim macht, bleibt frei­lich deren Sache.

Damit noch ein­mal kurz zur Begrün­dung, war­um der Kon­flikt­ge­gen­stand durch die jüng­ste römi­sche Initia­ti­ve sub­stan­ti­ell ener­viert ist; und zwar mit Blick auf die besag­ten Restrik­tio­nen und Kautelen. Wenn das ober­ste Lehr­amt der Kir­che sol­che „Inno­va­tio­nen“ (s.o.) vor­trägt mit dem Anspruch, gera­de damit dem Glau­bens­gut treu zu blei­ben, mit­hin sub­stan­ti­ell Kon­ti­nui­tät zu wah­ren; und wenn dabei den maßgebli­chen Trä­gern des Lehr­amts (allen vor­an dem Papst) nicht abge­spro­chen wer­den darf bzw. kann, sich dar­über Rechen­schaft gege­ben zu haben: dann dür­fen die­jeni­gen, die unter Umstän­den mit be­sten Grün­den gra­vierende Beden­ken dage­gen haben, eben nicht ein­fach mit der Atti­tü­de auftre­ten: „wir haben sowie­so recht“; son­dern: „wir haben Kontrain­dikationen von erheb­li­chem Gewicht gel­tend zu machen“. Alles ande­re bedeu­tete eben, und dar­in hat Erz­bi­schof Di Noia schon recht, das Gefäl­le zwi­schen dem Lehr­amt unter der Bei­stands­ver­hei­ßung Got­tes und einem, und sei es noch so normbe­wußten, Theo­lo­gen zu ver­ken­nen. – Ent­spre­chend: Es besteht in so einem Fall spä­te­stens dann kein Recht mehr, sei­nem, obgleich vom eige­nen Ge­wissensur­teil her gebo­te­nen, Wider­spruch die Gestalt der Oppo­si­ti­on bis hin zur In­kauf­nahme der Irre­gu­la­ri­tät zu geben, wenn sich der kri­ti­sier­te Lehramtsinha­ber ge­sprächsbereit gibt. Mit ande­ren Wor­ten: Dar­an, daß Rom in punc­to be­sagter „Inno­va­tio­nen“ nicht oder zumin­dest nicht gleich sei­ne Posi­ti­on modifi­ziert oder gar revi­diert, dar­an kann legi­ti­mer­wei­se kein Anstoß genom­men wer­den (alles ande­re wäre ver­we­gen); son­dern (wenn, dann) dar­an, daß die (even­tuell nur zu ver­ständ­li­chen) Ein­sprü­che rück­sichts­los igno­riert wer­den. Entspre­chend besteht legi­ti­mer­wei­se kein Grund mehr für ei­nen Anstoß, wenn man sich sei­tens des Lehr­amts, und sei es in sehr vor­sich­ti­ger Wei­se, offen und zugäng­lich für die Ein­sprü­che gibt.

Und letz­te­res sehe ich mit dem, zwei­fels­oh­ne mit dem Papst abge­stimm­ten, Brief von Erz­bi­schof Di Noia gewähr­lei­stet. Über die vie­len „Abfe­de­run­gen“ und Restrik­tio­nen, was die Wei­se und die Akzen­tu­ie­rung des mög­li­chen Wider- bzw. Ein­spruchs angeht, darf man im Abschnitt, der dem mög­li­chen Platz der FSSPX in der Kir­che gewid­met ist, fol­gen­des nicht über­se­hen: Es wird dar­in recht nach­hal­tig, da wie­der­holt und dabei rela­tiv deut­lich, zuge­stan­den, daß es ech­ten Raum in der Kir­che gibt dafür, mit dem Lehr­amt in ein kri­ti­sches Ge­spräch zu tre­ten, frei­lich getra­gen von einer Loya­li­tät. Und es ist dies das erste mir jeden­falls bekann­te Vor­komm­nis, daß man römi­scher­seits (wenn man so will, vom Lehr­amt selbst im Rah­men einer offi­ziö­sen Wort­mel­dung) einen kon­kre­ten Fall als gutes Anwen­dungsbei­spiel der Regeln der Instruk­ti­on „Donum veri­ta­tis“ be­nennt. Das will was hei­ßen! Das ist ein Ent­ge­gen­kom­men von erheb­li­chem Ge­wicht! – Und natür­lich kann man nicht erwar­ten, daß die Ver­ant­wort­li­chen in Rom ganz kon­kret in Aus­sicht stel­len, „sich die Sache“ mit den kon­zi­liä­ren Leh­ren „noch ein­mal zu überle­gen“ und die­se even­tu­ell zu revi­dieren. Aber die aus­führliche Zita­ti­on einschlä­giger Pas­sa­gen aus „Donum veri­ta­tis“ deu­tet ziem­lich greif­bar an, daß man es römi­scher­seits kei­nes­wegs von vorn­her­ein aus­schließt, daß die Ein­sprü­che ge­gen das Kon­zil etc., wie sie allen vor­an von der FSSPX arti­ku­liert wer­den, noch ein­mal vom Lehr­amt kon­struk­tiv auf­ge­grif­fen wer­den, in wel­cher Form auch immer. Mehr kann man wirk­lich nicht ver­lan­gen, wenn man nicht will, daß der Papst ein­fach sei­ne Ka­pitulati­onsurkunde unter­schreibt, zumal ange­sichts des­sen, daß er bis zur Stun­de nach sei­nem besten Wis­sen und Gewis­sen da nun ein­mal zu einem etwas ande­ren Urteil kommt.

Ein­wand: Hät­te man sich nicht mehr wün­schen kön­nen? – Ant­wort: Aber ist dies wirk­lich erstre­bens­wert, daß Rom sagt: „gut, wir las­sen euch euren ‚Staat im Staa­te‘ machen; aber nehmt bit­te zur Kennt­nis, daß wir dafür ‚bei Unse­rem‘ blei­ben; und wenn ihr es nicht gar so toll treibt mit eurer Kri­tik an uns, dar­an wäre uns schon gele­gen“? Nein, „Staat im Staa­te“ ist nicht, das hat Rom jetzt, mit voll­stem Recht, klar­ge­stellt. Aber es hat, bei aller Vor­sicht und Zurückhal­tung, etwas sub­stan­ti­ell Besse­res ange­bo­ten: den Dis­kurs im Dien­ste der einen und einen­den Wahr­heit, den Dis­kurs frei­lich gemäß dem hier­ar­chi­schen Gefäl­le von leh­ren­der und hören­der Kir­che, Lehr­amt und Theo­lo­gen. Natür­lich mit allen Kon­se­quen­zen, die letz­te­res hat. Aber die­ses Gefäl­le ist für einen katho­li­schen Christ­gläu­bi­gen selbstverständlich.

Nun ist da aber noch der Ein­wand jener, die in etwa sagen: „Nein, dar­auf dür­fen wir uns nicht ein­las­sen! Es wäre Ver­rat an der Wahr­heit, dar­auf zu verzich­ten, die Irr­tü­mer klar und deut­lich zu benen­nen, um statt des­sen jetzt bloß noch lei­se­tre­te­risch auf­zu­tre­ten.“ – Wie­der­holt, und ver­hält­nis­mä­ßig ein­ge­hend in mei­nen Ein­las­sun­gen auf die­sem Forum ver­gan­ge­nen Novem­ber, habe ich zu erläu­tern ver­sucht, daß es Dys­funk­tio­nen des Lehr­am­tes geben mag (natür­lich nicht dann, wenn es jene Nach­drück­lich­keit oder for­ma­le Ver­bind­lich­keit in An­spruch nimmt, die unter Got­tes unbe­ding­ter Wahr­heits­ga­ran­tie steht, mit­hin in­fallibel spricht); näher­hin par­ti­el­le (auch über etwas län­ge­re Zeit) oder auch sehr akut-ein­schnei­den­de Dys­funk­tio­nen (bei letz­te­ren läßt sich denn an die Päp­ste Libe­ri­us oder Hono­ri­us den­ken). Aber dau­er­haf­te Dys­funk­tio­nen in jenem gra­vierenden Aus­maß, daß jetzt die Oppo­si­ti­on einer Grup­pie­rung gegen die recht­mä­ßi­gen Lehr­amts­in­ha­ber das Heil der See­len und das Blei­ben der Kir­che in Chri­sti Wahr­heit qua­si-insti­tu­tio­nell garan­tiert, das kann es sicher nicht geben. In be­sagter Novem­ber­stel­lung­nah­me habe ich dazu auch auf eini­ge Den­zin­ger­stel­len ver­wie­sen, die man dazu kon­sul­tie­ren möge. Von daher kann der Ein­spruch, des­sen even­tu­el­le Gebo­ten­heit der Brief von Erz­bi­schof Di Noia ja kon­zediert, sei­nem inhalt­li­chen Gewicht nach von vorn­her­ein nicht jenes tra­gi­sche Aus­maß haben, daß er, wenn ihm schon sein Platz gelas­sen wird, gleich­sam als institu­tionalisierte Op­position in die Orga­ni­sa­ti­ons­form ein­ge­hen müß­te. – Mit ande­ren Wor­ten: Rom besteht zu Recht dar­auf, daß der katho­li­sche Glau­­bens- und Kir­chenbegriff sol­chen, wie ich es eben nen­ne, „Dys­funk­tio­nen“ verhält­nismäßig enge Gren­zen zieht. Reden von einem „apo­sta­ti­schen Rom“, des­sen Stuhl aber den­noch recht­mä­ßig besetzt sein soll, sind damit nicht zu ver­einba­ren, sind viel­mehr schi­zo­ide Konstruktionen.

Natür­lich, und das muß dann auch gesagt sein: Wenn Rom sich bereit zeigt, die FSSPX auf­zu­neh­men, um ihr dabei die sicher eini­ger­ma­ßen eng umschrie­be­ne Stel­lung eines kri­ti­schen Dis­kurs­part­ners zu belas­sen, dann soll­te dies von all jenen Theo­lo­gen, die sich dem Lehr­amt und der Tra­di­ti­on der Kir­che normbe­wußt ver­pflich­tet wis­sen, kon­struk­tiv auf­ge­grif­fen wer­den. Gera­de weil es bei den sei­tens der FSSPX arti­ku­lier­ten Fra­gen und Ein­wür­fen um die dia­chron­a­le Kon­si­stenz lehr­amt­li­chen Spre­chens (dies­seits der Infal­libi­li­täts­schwel­le) sel­ber geht, und zwar von nicht uner­heb­li­cher Bedeu­tung, soll­te man nicht zu vor­schnell Lehr­amtstreue mit kir­chen­po­li­tisch kor­rek­ter „Lini­en­treue“ ver­wech­seln. Die Treue zum leben­di­gen Lehr­amt darf nicht dahin­ge­hend dege­ne­rie­ren, daß man den Ein­sprü­chen der FSSPX die nack­te Schuld­er zeigt, um sei­ner­seits nur den Spieß umzu­dre­hen, indem man jetzt ihnen den Platz der Hete­ro­do­xie zu­weist. So man­ches, was da so „stramm rechts“ daher­kommt, erin­nert mehr an die kal­te Schmal­lip­pig­keit von Diplo­ma­ten als an das lei­den­schaft­li­che Rin­gen desje­nigen, des­sen Treue zum Lehr­amt sich als selbst­ver­zeh­ren­der Eifer für die Wahr­heit weiß.

Von daher kurz­um: Wenn ich mein Votum abge­ben darf, so heißt dies schlicht: Zugrei­fen – jetzt!

Dr. theol. Klaus Oben­au­er ist Pri­vat­do­zent an der Katho­lisch-theo­lo­gi­schen Fakul­tät der Uni­ver­si­tät Bonn.

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