(Verona) Alle Christen sind gerufen, zu evangelisieren, so wie der von den Toten auferstandene Christus es noch vor seiner Auffahrt in den Himmel, um zur Rechten Gottes des Vaters zu sitzen, den elf Aposteln aufgetragen hat. „Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!“ (Mk 16,15). Eine Realität in der katholischen Kirche, die diesen Auftrag ernst nimmt, sind die Sentinelle del Mattino (Wächter des Morgens).
Die Wächter der Morgens sind kein Orden und keine Gemeinschaft, sondern eine lose Bewegung, die 1999 von drei Mädchen der italienischen Diözese Verona ins Leben gerufen wurde. In einer Pfarrei am Rande der Stadt von Romeo und Julia bereitete sich die Pfarrjugend auf das von Papst Johannes Paul II. ausgerufene Heilige Jahr 2000 vor. Chiara Facci begann mit zwei Freundinnen, auf der Straße der Kirche fernstehende Jugendliche für Jesus anzusprechen. Die positiven Reaktionen führten zur Weiterentwicklung der Initiative, die bald von der diözesanen Kommission für Jugendpastoral aufgegriffen wurde.
Evangelisierungsbewegung 1999 von drei Mädchen gegründet
Beim Weltjugendtag 2000 in Rom rief Papst Johannes Paul II. die jungen Christen nach Psalm 130,6 auf, „Wächter des Morgens“ zu sein. Die jungen Katholiken aus Verona machten sich die programmatische Aussage des Papstes zu eigen und nennen sich seither so. Unter der geistlichen Leitung des heute 45 Jahre alten Priesters Andrea Brugnoli entstand eine Evangelisierungsschule zur Formung junger glaubenstreuer Christen, die der Kirche nicht in permanenter kritischer Distanz gegenüberstehen, sondern bereitwillig der rechtmäßigen Autorität und Unterweisung durch die Kirche folgen und bereit sind, anderen Jugendlichen Zeugnis zu geben von ihrer Freude, Christus nachzufolgen. Die Evangelisierung der Wächter des Morgens richtet sich „vor allem an die Altersgruppe der 20 bis 35-jährigen jungen Erwachsenen und der jungen Familien“.
Die Anregung der Bewegung wurde seither in 30 italienischen Diözesen und auch im Ausland, zunächst in Frankreich, dann Malta, inzwischen auch in Spanien und Brasilien übernommen. In weiteren Ländern griffen katholische Jugendgruppen einzelne Elemente auf. Da es sich um keine Gemeinschaft handelt, die Gruppe weder charismatisch noch monastisch ausgerichtet ist, handelt jede diözesane Realität autonom. Wer jedoch unter der Bezeichnung der Bewegung auftritt, muß sich an deren Vorgaben einhalten. „Warum aber alles von vorne beginnen?“, heißt es daher auf der Homepage an junge Christen gerichtet, die evangelistisch tätig werden möchten. Sie werden eingeladen, die Erfahrungen der Bewegung zu nützen. Verona bietet „geschwisterliche Hilfe“, Anregungen, Ideen und stellt mit der Evangelisierungsschule einen wichtigen Moment der Ausbildung und Formung dar. Die Wächter werden nur in Absprache und mit Einwilligung des zuständigen Ortsbischofs in einer Diözese aktiv.
Evangelisationsschule für junge Erwachsene und junge Familien
Die Wächter des Morgens gehen in die Pfarreien, in die sie eingeladen werden, und suchen in den Reihen der Pfarrjugend neue Wächter zu gewinnen. Ihr Apostolat richtet sich an die kirchenferne Jugend und junge Erwachsene des Ortes. Dorthin, wo viele junge Menschen sind: im Sommer in die Badeorte oder zu Sport- oder Musikveranstaltungen. Eine umfangreiche Schriftenreihe führt in die Evangelisierung ein. Vom „Grundkurs“, über den „Alpha-Kurs“ und den „Emmaus-Kurs“ bis zum Johannes- und den Petrus-Kurs. Sie enthalten Hilfen und Hinweise für die Evangelisatorenzellen in den Pfarreien. Die Hauptschriften „Es ist Zeit aufzuwachen“ und „Ein Licht in der Nacht“ stammen von Don Andrea Brugnoli, der drei Jahre an der Kongregation für das katholische Bildungswesen der Römischen Kurie tätig war.
Kirchentreue Evangelisation statt permanente kritische Distanz zur Kirche
Für die Wächter und für an der Jugendevangelisation interessierte und mitwirkende Priester gibt es eigene Rundbriefe. So heißt es im Wächter-Rundbrief vom April 2012 zur Eucharistie unter „Fragen an die Wächter“: „1) Was bedeutet mir die Eucharistische Anbetung? 2) Wo in meiner Stadt gibt es eine ständige Anbetung des Allerheiligsten Altarsakraments und was kann ich dazu beitragen? 3) Was mache ich, wenn ich den eucharistischen Jesus anbete?“ Die Wächter werden aufgefordert: „Betet an und evangelisiert. Je mehr wir anbeten, desto mehr evangelisieren wird.“
Die Zehn – Aufopferung eines Wochentages für die Rettung der Jugend einer Stadt oder Diözese
Lobpreis-Treffen sind ebenso fester Bestandteil des Apostolats der Wächter, wie die Initiative „Die Zehn“. Die Zehn ist in Anlehnung an Gen 18,16–33 eine Form der „persönlichen Aufopferung unseres Lebens an Gott für die Rettung der Jugend unserer Stadt“. Die Initiative geht auf Don Didimo Mantiero zurück, der sie 1941 ins Leben rief.
Ein Licht in der Nacht – Straßenevangelisation
Ein Licht in der Nacht nennt sich das Straßenapostolat der Wächter. „Seit 1999 haben wir Hunderte Male Fehler gemacht und uns nach jedem Mal ein bißchen korrigiert. Damit Ein Licht in der Nacht das Werk Gottes und nicht unseres ist, gilt es aufmerksam einige Dinge zu beachten, damit unsere Oberflächlichkeit und Unachtsamkeit nicht das Wirken Gottes zudeckt und behindert.“
Cafe Teologico – Das theologische Kaffeehaus für eine Gegenöffentlichkeit
Die Wächter betreiben in sechs italienischen Städten ein Cafe Teologico, ein Theologisches Kaffeehaus. Im Abstand von 14 Tagen, aber mindestens einmal im Monat laden sie zu unterschiedlichen Fragen ein, die eine Gegenöffentlichkeit schaffen sollen gegen verbreitete antikirchliche Positionen. Themen für das Jahr 2012/2013 sind etwa: „Ist der Glaube eine irrationale Sache?“, „Behindert die Kirche den medizinischen Fortschritt?“, „Können Homosexuelle heiraten?“, „Wo versteckt sich das New Age?“ „Ist die Kirche frauenfeindlich?“, „War Pius XII. Hitlers Papst?“, Töten Verhütungspillen?“, „Warum wurde Giordano Bruno verbrannt?“, Wenn es einen Gott gibt, warum gibt es dann so viel Schlechtes?“, „Wieviel Tote hat der Kommunismus hinterlassen?“ „Ist die Gender-Ideologie aggressiv?“, „Stammt der Mensch vom Affen ab?“, „Zusammenleben oder heiraten?“, „Die Kreuzzüge: eine Schande?“, „Erscheint die Gottesmutter?“, „Gibt es einen Gott?“, „Wer hat die Kirche erfunden?“, „Sind die Evangelien wahr?“, „Hat Europa christliche Wurzeln?“. „Gibt es den Teufel?“, „Korrumpieren Massenmedien?“, „Ist das Geschlecht eine Willensentscheidung?“
Die Bewegung erhält in keiner Form finanzielle Zuschüsse von öffentlichen oder kirchlichen Einrichtungen, auch nicht von den Diözesen. Die Wächter des Morgens finanzieren sich selbst und aus Spenden.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: sentinelledelmattino.org