Monismus versus Mono-Theismus: zu einem Hintergrundkonflikt


Konzil Heiliger Geist oder Konzilsgeistvon Klaus Oben­au­er

Anzei­ge

„Aus Ägyp­ten habe ich mei­nen Sohn geru­fen.“ (Mt 2,15; cf. Hos 11,1)

1. Was ist der „Un-/Geist des Konzils“?

In den Dis­kus­sio­nen um das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil wird bekannt­lich im­mer wie­der auf den „Geist des Kon­zils“ oder eben auch „Ungeist“ rekur­riert, den es unter Umstän­den – je nach Sicht­wei­se und Her­me­neu­tik – vom eigentli­chen Kon­zil mit dem Wort­laut sei­ner Doku­men­te abzu­he­ben gel­te. Mir scheint, in viel­fäl­ti­gen Varia­tio­nen und Modu­la­tio­nen ist die­ser Geist, abge­schwächt oder auch ver­stärkt, immer noch wirk­sam. Und so betrifft uns die­ser Geist im­mer noch, unab­hän­gig vom Erbe des Kon­zils und der Dis­kus­si­on darum.

Ich mei­ne, es ist loh­nens­wert, dem noch ein­mal ein wenig nach­zu­spü­ren. Nun hal­te ich es für ein Unding, so einen „Geist“, der für ein solch exzeptionel­les Ereig­nis wie über­dies für eine gan­ze Epo­che prä­gend ist, auf eine simp­le For­mel, gar auf den Nen­ner eines ein­zi­gen Begriffs brin­gen zu wol­len, um dann mit einem intel­lek­tu­el­len Taschen­spie­ler­trick alle Ein­zel­vor­komm­nis­se eines sol­chen Ereig­nis­ses und einer sol­chen Epo­che qua­si­de­du­zie­rend von die­sem Be­griff oder sol­cher For­mel her ver­ständ­lich machen zu wol­len. Die End­lich­keit unse­res Ver­ste­hens schei­tert mit ihrem fau­sti­schen Zugriff nicht erst am Aller­höchsten, an Gott, son­dern schon viel frü­her. – Unbe­scha­det die­ser Ein­sicht macht es jedoch Sinn, jene Aspek­te eines sol­chen Phä­no­mens (wie ein histori­sches Ereig­nis oder eine Epo­che) begriff­lich ein­zu­fan­gen, denen eine Schlüssel­stellung eigen ist; eine Schlüs­sel­stel­lung, die einen, obgleich nur perspektivi­schen, Blick auf das Gan­ze frei­zu­ge­ben verspricht.

Wel­che Voka­bel ist nun geeig­net, die­sen „Geist des Kon­zils“ in besag­tem Sin­ne und besag­ten Gren­zen auf den Begriff zu brin­gen? Nuan­cier­ter und so auch bes­ser gesagt: den Geist jener Epo­che auf den Begriff zu brin­gen, die wohl immer noch die uns­ri­ge ist und die mit eben ihrem Geist auch im besag­ten „Konzils­geist“ prä­sent war, um in den Debat­ten und auch Doku­men­ten zumin­dest ihre Refle­xe zu fin­den, ein Geist, der im Raum der Kir­che immer noch wirk­sam ist? Ich möch­te nun einen (frei­lich nicht exklu­siv gemein­ten) Vor­schlag machen. Und mein Vor­schlag lau­tet: „Monis­mus“. Und damit erhe­be ich gewiß kei­nen Anspruch auf Ori­gi­na­li­tät, wie Ken­ner jeden­falls mein Vor­schlag auch nicht all­zu sehr ver­wun­dern dürf­te: ist doch schon im Kon­zils­do­ku­ment über die Kir­che in der Welt von heu­te, „Gau­di­um et spes“, von der „uni­fi­ca­tio“ die Rede (GS 24 u. 55), eine Uni­fi­ka­ti­on, wel­che die Welt von heu­te kenn­zeich­ne. Damit ist dem Wort­sinn nach sicher­lich in etwa nur jenes (damals schon deut­lich anhe­ben­de) Phä­no­men anvi­siert, das wir heu­te in die Voka­bel „Glo­ba­li­sie­rung“, von der Welt als einem „glo­bal vil­la­ge“ fas­sen. – Frei­lich hat dem­ge­gen­über mein De­chiffrierungsversuch mit Hil­fe der Voka­bel „Monis­mus“ eine grö­ße­re Reichweite.

Was mei­ne ich also mit sol­chem „Monis­mus“, der sei­nem Wort­sinn nach ja al­les als irgend­wie „eines“ auf­faßt bezie­hungs­wei­se postu­liert? Der Monis­mus, den ich im Blick habe, ist zunächst eher atmo­sphä­ri­scher Natur; ent­spre­chend tritt er auf der Ebe­ne des (zumal aka­de­mi­schen) Nach-Den­kens nur bedingt in Erschei­nung, um dann aber sogar meta­phy­si­sche Refle­xe, wenn nicht ausge­sprochene Nie­der­schlä­ge zu fin­den: ich ver­wei­se auf Alfred N. Whit­ehead oder (mehr re­flex-haft) Pierre Teil­hard de Char­din (der für das Kon­zil bestimmt nicht ohne Belang war). – Als atmo­sphä­ri­scher, durch alle Äuße­run­gen des gei­sti­gen und kulturel­len Lebens hin­durch „gei­stern­der“ äußert sich die­ser Mo­nismus in einer star­ken Nei­gung zu einem All-ein-Ver­ständ­nis: Dif­fe­ren­zen müs­sen abge­baut oder wenig­stens „ver­mit­telt“ wer­den, Schran­ken darf es prin­zi­pi­ell nicht geben, Dia­log allent­halben; und ex­klusive Wahrheitsan­sprüche dür­fen allen­falls so erho­ben wer­den, daß sie sich sozu­sa­gen dia­lo­gisch ver­flüs­si­gen. – Der radi­ka­le Subjekti­vismus, wonach die indi­vi­du­el­le Opti­on oder Dezi­si­on mehr oder min­der abso­lut gesetzt wird, ist nur das schein­ba­re Gegen­teil zu sol­chem Monis­mus, in Wahr­heit je­doch des­sen kon­se­quen­te Radi­kalisierung: wird doch schließ­lich auch der rich­tende Unter­schied des An-sich zum Für-mich ein­ge­zo­gen. Und dies muß auch für ein abso­lu­tes An-sich gel­ten; ent­spre­chend wer­den die Sub­jek­ti­vi­tä­ten zu je eige­nen Erschei­nungs­or­ten des viel­ge­stal­ti­gen Abso­lu­ten hoch­sti­li­siert: hei­lig ist nur, was jeman­dem hei­lig ist. Kon­se­quen­ter­wei­se erkennt die­ser Sub­jektivis­mus als sei­ne Gren­ze nur die so­zusagen system­im­ma­nen­te Varia­bi­li­tät an: das Hei­lige ist nur inso­weit und dann aber auch so oft, als jeman­dem etwas hei­lig ist. Ent­spre­chend ist das erste Gebot die gegen­sei­ti­ge Aner­ken­nung in der je ei­genen Wahr­heit, wor­in sich wie­der der Kreis hin zum All-ein-ver­ständ­nis schließt. Die Fol­ge ist ein „Libe­ra­lis­mus“, der für jede sub­jek­ti­ve Opti­on eben­so unbe­ding­te Aner­ken­nung wie Rela­ti­vie­rung mit Blick auf die je ande­re Opti­on erfor­dert. Unbe­ding­te Wahr­heits­an­sprü­che, die die unüber­seh­bar viel­ge­stal­ti­ge Bre­chung durch das „für mich“ nicht mehr aner­ken­nen und so exklu­siv (in be­zug auf in­haltlich konkur­rierende Optio­nen) sind, sind für sol­ches Den­ken in Kate­go­rien des Allein­ver­ständ­nis­ses Fremdkör­per, die es, je radi­ka­ler und kon­sequenter es ent­wickelt ist, nicht hin­neh­men kann. Der Geist des Alleinver­ständnisses wird hier extrem into­le­rant. Dia­log, Aus­tausch, „gegen­sei­ti­ge Berei­cherung“ als Aus­druck der Selbst­re­la­ti­vie­rung vor dem Subjektivis­mus des je ande­ren: ja; mis­sio­na­ri­sche Kon­fron­ta­ti­on mit einem „so und nicht anders“: nein. – Und da die Ein­zel­sub­jek­ti­vis­men in tau­send Vari­an­ten nur die Repe­ti­tio­nen einer he­donistischen Opti­on für das klei­ne Glück ein­schließ­lich reli­giö­sen Wohlbefin­dens (so jemand „das für sich braucht“) sind, glei­chen sie sich in Wahr­heit wie ein Ei dem ande­ren: Ge­schmack­losigkeiten, die unbe­ding­te Ach­tung im Namen der feti­schi­sier­ten Sub­jektivität ein­for­dern. Der Monis­mus des Alleinverständ­nisses dege­ne­riert final zum „Mono­to­no-Monis­mus“.

2. Geist des Monismus und Nach-/Konzilszeit

Um obi­gem Gene­ral­nen­ner nicht untreu zu wer­den: Frei­lich haben sol­che Ent­­schlüs­se­lungs- und Ent­lar­vungs­ver­su­che eben nur Nähe­rungs­wert (nicht weil die Wahr­heit bloß rela­tiv wäre, son­dern unser Zugang zu sol­chen kom­ple­xen Phä­nomenen immer unzu­läng­lich ist). Und ich habe, zuge­ge­ben im Rah­men einer Grob­skiz­zie­rung, ver­sucht, den Bogen zu jenem Zeit­geist zu schla­gen, wie er sich für unse­re Aktua­li­tät akut gel­tend macht, bis in die fak­ti­schen Diskursre­geln, in man­chen Län­dern schon bis in die Gesetz­ge­bung. Was in Sachen „Kon­zil und Kon­zils­geist“ in erster Linie von Belang ist, ist eben die noch rela­tiv harm­lo­se Gestalt des Soges hin zum All-ein-ver­ständ­nis im Sin­ne des Dialo­gismus: eine ein­deu­ti­ge Vor­lie­be für das Gespräch und ein recht ausge­prägter Affekt gegen den ver­pflich­ten­den Spruch einer Instanz, die kei­ne Relati­vierung dul­det. Wie gesagt: In sei­ner noch harm­lo­se­ren und so auch „sympathi­scheren“ Vari­an­te ver­langt besag­ter Monis­mus als All-ein-Ver­ständ­nis-Den­ken, daß sich Wahr­heits­an­sprü­che dia­lo­gisch ver­flüs­si­gen las­sen, Dif­fe­ren­zen ver­mittelt oder abge­baut wer­den. Daß nun in jenem bis zur Stun­de beschwo­re­nen und wirksa­men „(Un-)Geist des Kon­zils“ die­ser­art „Monis­mus“ prä­sent ist, dürf­te sich von selbst ver­ste­hen: „ganz viel Öku­me­ne“, Ver­stän­di­gung, über­haupt alles mit „in­ter-“, bis hin zum Ter­rain der Reli­gio­nen. Aller­dings: Daß der oben ange­tipp­te hedo­ni­stisch-regres­si­ve Sub­jek­ti­vis­mus als rei­fe Aus­prä­gung die­ser Ideo­lo­gie schon damals, in den sech­zi­ger und sieb­zi­ger Jah­ren, als stil­ler Gast prä­sent war, Monis­mus der All­ver­stän­di­gung und Sub­jek­ti­vis­mus struktu­rell zusammengehö­ren, im tief­sten das­sel­be sind, zeig­te sich damals schon am schlich­ten Fak­tum, daß der aggres­si­ve Ruf nach mehr Öku­me­ne nur die Kehr­seite der ange­streb­ten Ent­le­di­gung von den kon­ven­tio­nell-unan­ge­neh­men Lasten des Katho­lisch-Seins war; im Jar­gon von Otto Nor­mal­ver­brau­cher: „die Evan­gelischen müs­sen ja auch nicht stän­dig beich­ten, dür­fen die Pil­le neh­men etc.; und jetzt machen wir sowie­so gemein­sam“. Von daher braucht man sich aber auch nicht zu wun­dern: Es ist gera­de kein Wider­spruch zu den erziel­ten Ver­stän­di­gun­gen in den Kon­sensdokumenten, wenn das gemein­sa­me kon­fes­so­ri­sche Ein­ste­hen für die ge­meinsam aner­kann­te „Grund­wahr­heit“ eben nicht stär­ker wird, son­dern immer schwä­cher – steht doch die gan­ze Unter­neh­mung im Sog jener Ver­flüs­si­gung, wel­che die Sper­rig­keit einer objek­tiv ver­bin­den­den Vor­ga­be mit Exklusionscha­rak­ter ohne­dies nicht lei­den mag („die Ana­the­me tref­fen den ‚Geg­ner‘ heu­te nicht mehr“). Es ist nur kon­se­quent, daß wer „alle Chri­sten“ zum Abend­mahl lädt, schließ­lich auch die Hin­dus dort will­kom­men heißt (und die sind bestens dispo­niert: sind sie doch offen für alles – angeblich).

Aber: Läßt sich von sol­chem „Kon­zil­sun­geist“ das eigent­li­che Kon­zil mit sei­nen Doku­men­ten sezier­mes­ser­scharf abhe­ben? Natür­lich: Es wäre ein Unding, dem Kon­zil irgend­wo theo­re­ti­schen bezie­hungs­wei­se dok­tri­na­len Mo­nismus zu unter­stel­len: eine schlich­te Abwe­gig­keit. Auch soll kei­nes­wegs be­hauptet wer­den, daß es in sei­nen ent­schei­den­den dok­tri­na­len Grenz­zie­hun­gen (frei­lich in posi­tiv-ire­ni­scher Manier) dem hier zu dechif­frie­ren gesuch­ten Zeit­geist (Relati­vismus des „Allein­ver­ständ­nis­ses“ etc.) erle­gen gewe­sen wäre. Dies­be­züg­lich hat­te sich hier sehr wohl und erneut die Ver­hei­ßung des Geistbei­standes be­währt. – Jedoch: Mir düngt, daß der pro­ble­ma­ti­sche „Kon­zils­geist“ mit dem ei­gentlichen Kon­zil, wie es in sei­nen Ver­laut­ba­run­gen greif­bar wird, durch­aus auch zu tun hat. Der­ge­stalt, daß besag­ter „Monis­mus“ als Den­ken und Han­deln bestim­mende Men­ta­li­tät Refle­xe in den kon­zi­liä­ren Verlautba­rungen gefun­den hat: näm­lich im Set­zen der Akzen­te, der Gewah­rung der Prio­ri­tä­ten, der Formu­lierung von Postu­la­ten (die rein in sich sel­ber noch so unver­fäng­lich sein mö­gen). Neh­men wir dazu das Öku­me­nis­mus­de­kret „Unita­tis red­in­te­gra­tio“ (UR), mit eines der (cum gra­no salis) „moni­stisch­sten“ des Kon­zils.In die­sem Dekret ist zum Bei­spiel der schon extrem zu nen­nen­de prio­ri­tä­re Rang auf­fäl­lig, den UR II zufol­ge die Reuni­ons­be­mü­hung und die Verständi­gung der Chri­sten in nahe­zu allen Belan­gen ein­neh­men soll; ent­spre­chend erhält in UR 12 die „co­ope­ratio“ aller Chri­sten bzw. der Chri­sten mit allen Men­schen zur Rea­li­sie­rung einer zivi­li­sa­to­risch geho­be­nen Mensch­heit eine ganz merkwür­dige Domi­nanz. Und so mag man sich schon fra­gen: Behält schier im Dickicht all die­ser Postu­lationen die Pfle­ge der eige­nen kon­fessionellen Iden­ti­tät, die in Wahr­heit die der Glie­der der einen wah­ren Kir­che Chri­sti ist, die mit­hin das Salz der Erde sind, über­haupt noch ihren notwen­digen Frei­raum? Lau­tet wirk­lich das A und O katho­li­schen Chri­sten­tums: „Was kön­nen wir gemein­sam mit den ande­ren tun“? Lau­tet sie nicht viel­mehr: Was haben wir „mit­ein­an­der zu tun“ für die ande­ren, für das Heil der gan­zen Welt? „Die Freund­schaft mit die­ser Welt ist Gott Feind“, schreibt der hei­li­ge Apo­stel Jako­bus (4,4). – Um aber nicht der Scharf­macherei zu ver­fal­len: Schlich­te sach­li­che Nüch­tern­heit läßt beim Ver­gleich von UR mit dem elf­ten Kapi­tel im ursprüngli­chen Kir­chen­sche­ma der Vorberei­tungskommission, dem Öku­me­nis­mus­ka­pi­tel, eine bewuß­te metho­di­sche Kehrt­wende ent­decken: Die­ses Kapi­tel XI des Sche­mas geht klar aus von der bereits bestehen­den Ein­heit der Kir­che, der katho­li­schen eben, um die­se ein­deutig zu benen­nen als Ziel aller le­gitimen Reuni­ons­be­mü­hun­gen, die von den Katho­li­ken ent­spre­chend aufzugrei­fen sind; UR hin­ge­gen setzt an bei der Wür­digung eines bereits bestehen­den öku­me­ni­schen Dis­kur­ses (UR 1), in den die katho­li­sche Kir­che mit ihren Prinzi­pien ein­tritt (UR 2sqq.). Metho­disch ist letz­teres „moni­stisch“ im Sin­ne der Soft­ver­si­on der oben anskiz­zier­ten Allein­ver­­­ständ­nis-Men­ta­li­tät.  Und in die­sem metho­di­schen, aber eben auch nur methodi­schen Monis­mus (um bei die­ser grif­figen, viel­leicht ein wenig über­spit­zen­den For­mu­lie­rung zu blei­ben) liegt das gan­ze Dilem­ma der katho­li­schen Betei­li­gung am ökumeni­schen Gespräch, wie es die Nach­kon­zils­zeit präg­te, begrün­det, mit all sei­nem Ver­wer­fun­gen auch auf dem diplo­ma­ti­schen Par­kett: Einer­seits tut man ein we­nig lei­se­tre­te­risch so, als wür­de man durch den Ein­tritt in das grö­ße­re Gan­ze des Dis­kur­ses den eige­nen ex­klusiven Anspruch rela­ti­vie­ren; so sagt man, Ziel sei sehr wohl eine Kirchenge­meinschaft als Gemein­schaft in Bekennt­nis, Lit­ur­gie und Lei­tung, um nicht eben­so deut­lich zu sagen, was dies nach dem katholi­schen Dog­ma kon­kret heißt und allein hei­ßen kann, auf wel­cher Linie denn auch ganz das, min­de­stens zwei­deutige, Nein zum Pro­gramm einer „Rück­kehröku­mene“ liegt. Ande­rer­seits kommt man, eben im Sin­ne der „katho­li­schen Prinzi­pien“ (nach UR I), aber gar nicht umhin, zumin­dest nach innen die Ex­klusiv­stellung der katho­li­schen Kir­che ein­zu­schär­fen, was sach­lich kon­se­quent nur Raum für eine (Wieder-)An- bzw. Ein­glie­de­rung an bzw. in die katho­li­sche Ein­heit zuläßt (und in die­sem Sin­ne nur „Rück­keh­r­ö­ku­me­ne“): so in „Myste­rium eccle­siae“, „Domi­nus Jesus“ etc. Und da schließ­lich die moni­sti­sche Me­thode und nicht die (ohne­dies sehr defen­siv for­mu­lier­ten) katho­li­schen Prinzi­pien die Breitenrezep­tion bestimmt haben, zumal im Prag­ma des kirch­li­chen Lebens der mehrkonfes­sionellen Län­der, eben des­halb hat sich besag­ter metho­discher Schwenk (vom elf­ten Kapi­tel des ursprüng­li­chen Kir­chen­sche­mas zu UR) als so unglaub­lich ver­häng­nis­voll erwie­sen. Vor­sich­ti­ge Anfra­ge: Der Tür­spalt für den Rauch Sa­tans, wur­de er nicht hier geöffnet?

3. Monismus und Mono-Theismus

Bis­lang war viel vom „Monis­mus“ die Rede? Was macht ihn denn für entschie­dene Bekennt­nis­chri­sten so unan­nehm­bar (über bereits gege­be­ne Hin­wei­se hin­aus)? Nun, er ist der tota­le (kon­trä­re) Wider­spruch zum bibli­schen Mono-The­is­mus. Letz­te­rer bekennt näm­lich: eine ein­zige, letz­te, alles an­dere set­zen­de wie bestim­men­de, aber des­un­ge­ach­tet von sich di­stanzierende Instanz, die gleich­wohl geschicht­lich auf­tritt und sich mit­teilend erschließt, in einer sich selbst mit­tei­len­den Lie­be, die unaus­denk­bar ist (vgl. 1 Kor 2,9). Aber: Just in die­sem ihrem uni­ver­sal-kom­mu­ni­ka­ti­ven An-Spruch wirkt die­se „Instanz“ schärf­stens exklu­siv, näm­lich mit dem gan­zen Gewicht des drei­mal Allein-Hei­­li­gen (vgl. Jes. 6), wirkt sie unter­schei­dend, wirkt sie rich­tend: Wahr gegen Falsch, Licht gegen Fin­ster­nis, Gut gegen Böse, Heil gegen Unheil (vgl. Joh 3). Und so ex­klusiv der offen­ba­ren­de Gott, so (ana­log) exklu­siv sei­ne blei­ben­de Prä­senz in der Heils­ge­meinde. Auch hier das Prin­zip der Unter­schei­dung: Kom­pro­mis­se gibt es nicht, Aus­wahl („Häre­sie“) ist Abfall. Das gan­ze Alte Testa­ment, die Geschich­te des alt­bund­li­chen Got­tes­vol­kes zeugt davon („ihr habt mit den ande­ren, den Götzen­dienern nichts zu schaf­fen!“). Und im Neu­en setzt sich dies fort: es gibt sol­che, die von Gott sind, und sol­che, die von der Welt; und es gibt wah­re und fal­sche Brü­der, sol­che, die zu uns gehö­ren, und sol­che, von de­nen sich zeigt, daß sie in Wahr­heit nie zu uns gehör­ten. Und vor den fal­schen Pro­phe­ten, den Irrleh­rern, den Göt­zen­die­nern sol­len wir uns hüten. (Ich kann mir hier Ein­zel­be­le­ge erspa­ren; man sich­te nur das Cor­pus Pau­li­num und das Jo­hannei­sche Schrifttum.)

Wenn dies absto­ßend wirkt, dann ist dies nur die Herb­heit des Anspruchs­vollen, bes­ser: des mit Haut und Haar Bean­spru­chen­den. Nur weil uns die unaus­sprech­liche Nähe des erha­be­nen hei­li­gen Got­tes, der einem nur gehört („zum Genuß“), indem man ihm gehört, und zwar ganz oder gar nicht, fremd gewor­den ist, kann man ihm die Woh­lig­keit der gegensei­tigen Selbstbestäti­gung, des All-ein-ver­­­ständ­nis­ses, des All-eins-Seins als Illu­sion von Grenzenlo­sigkeit vorzie­hen. War­tet hin­ter der erschau­dern las­sen­den Exklu­si­vi­tät des Höch­sten („ja, nicht sei­ne See­le gering ach­tet …“) die Wär­me der ewi­gen Son­ne, die als höch­stes Gut allein bese­ligt, so lau­ert hin­ter dem „al­les ist eins“ eben­so wie im „an sich = für mich“ nur die ent­setz­li­che Lee­re einer Welt oder eines Ich, die bzw. das den rich­ten­den Unter­schied des Abso­lu­ten zu sich aufhe­ben will, um so doch nur im lang­wei­li­gen Einer­lei ihrer End­lich­keit und Will­kür gefan­gen zu bleiben.

Spie­gel­bild der Exklu­si­vi­tät des einen tran­szen­den­ten Got­tes mit sei­nem All-Anspruch ist die Katho­li­zi­tät sei­ner Heils­ge­mein­de. Und ich glau­be nun, hier geht die Was­ser­schei­de zwi­schen Mono­the­is­mus und Monis­mus mit­ten durch das Kon­zil hin­durch (in bezug auf „Monis­mus“ gemäß obi­ger Prä­zi­sie­run­gen frei­lich nur cum gra­no salis zu neh­men). Ent­spre­chend stellt sich mir die Kir­chenkon­stitution „Lumen gen­ti­um“ (LG) ins­ge­samt eher als Gegen­stück zu UR dar. Wenn­gleich LG 1 die Eini­gung der Men­schen in Chri­stus durch die Kir­che wohl zu har­mo­ni­stisch ins Ver­hält­nis setzt zum Glo­ba­li­sie­rungs­phä­no­men, wie über­haupt, zumal im gro­ßen Bogen von LG 13Ende bis 17, das Ver­hält­nis zu „denen drau­ßen“ zu ire­nisch bis opti­mi­stisch beschrie­ben wird, um von daher für den „Monis­mus“ von UR sozu­sa­gen ein wenig zu dis­po­nie­ren: LG singt (ge­rade von 13–17) das hohe Lied der Katho­li­zi­tät der Kir­che, die ihren Grund im alle um­fassenden Heils­wil­len Got­tes hat. Und von die­ser Katho­li­zi­tät her und in bezug auf sie wird das Ver­hält­nis der Nicht­ka­tho­li­ken, Chri­sten wie Nichtchri­sten, zur Kir­che bestimmt. Bei aller ire­ni­schen Zurück­hal­tung: Es wird kein Unter­schied zwi­schen der einen Kir­che Chri­sti und der katho­li­schen Kir­che ge­macht, wel­che Kir­che laut LG 15 sich auch mit jenen Chri­sten ver­bun­den weiß, die nicht zu den ihr „voll Ein­ge­glie­der­ten“ (LG 14) zäh­len. Die zen­tra­le Per­spektive ist die der Katho­li­zi­tät der Kir­che als Zei­chen und Werk­zeug (der Durch­füh­rung) des all­ge­mei­nen Heils­wil­lens Got­tes – und nicht irgend­wel­che Einigungsbestrebun­gen und ‑dis­kur­se, und sei­en es die der Chri­sten; es wird deut­lich: die Katholi­zität der Kir­che ist in Ent­spre­chung zu Gott mit sei­nem um­fassenden Heilswil­len nicht mehr in einen grö­ße­ren Hori­zont ein­schreib­bar. Si­cher nicht im dok­tri­na­len Bestand, jedoch in der Metho­de sehe ich hier sehr wohl eine Trenn­scheide zwi­schen LG und UR hin­durch­lau­fen. Der metho­di­sche Monis­mus von UR dis­har­mo­niert mit dem star­ken Katho­li­zi­täts­be­griff von LG. – In sei­ner Pre­digt vom 24. Novem­ber 2012, anläß­lich der Kre­ierung neu­er Kar­dinäle, hat Papst Bene­dikt XVI. die­se Katho­li­zi­tät in einer schö­nen theologi­schen Medita­tion umschrie­ben und dabei in der Sache den Unter­schied zum Ge­genprogramm des Monis­mus so treff­lich cha­rak­te­ri­siert mit den Wor­ten: „Die uni­ver­sa­le Sen­dung der Kir­che steigt also nicht aus der Tie­fe auf, son­dern kommt von oben her­ab, vom Hei­li­gen Geist“. Es han­delt sich weder um die Ma­nifestation eines „Tie­fen­stroms“ noch um das Resul­tat des mensch­lich geleiste­ten Dis­kur­ses der Alles- und All-ein- Verstän­digung, eine Lei­stung aus der Im­manenz der (von Gott nicht unter­schie­de­nen) Welt her­aus und wie­der nur in sie hin­ein, son­dern um ein unver­füg­li­ches Ereig­nis von der Höhe der Tran­szen­denz her­ab. „Verti­kalistisch“ ver­sus „hori­zon­ta­li­stisch“ wird von daher trans­pa­rent auf den Unter­schied von mono­the­istisch und monistisch.

4. Der Monismus der real existenten Volkskirche

Nur: Den – vor­läu­fi­gen – Sieg davon­ge­tra­gen hat der Monis­mus. Und zwar gründ­lich. Aus dem Monis­mus der Metho­de und pro­ble­ma­ti­schen Reflek­tierungen des Zeit­gei­stes auf dem Kon­zil ist in der nach­kon­zi­liä­ren Kir­che ein hand­fe­stes Phä­no­men gewor­den: Das All-ein-Ver­ständ­nis-Para­dig­ma hat über­hand­ge­nom­men. Auf uns in Deutsch­land trifft dies auf jeden Fall so zu. Ge­rade auch an unse­rem Got­tes­dienst zeigt sich dies. Der Got­tes­dienst, wor­in ge­mäß Got­tes Wil­len Er im Geist und in der Wahr­heit ange­be­tet wird (vgl. Joh 4,23sq.), ist weit­hin ver­stellt bis gar ersetzt durch eine Fei­er der „menschen­freundlichen Zuwen­dung Got­tes“, wor­in in „angst­frei­er“ Atmo­sphä­re ver­mit­tels wech­sel­sei­ti­ger Selbst­be­stä­ti­gung sich „jede und jeder, so wie sie oder er ist, an­genommen“ erfährt. Man kann die Pole­mik gegen den „Volks­al­tar“ auch ideo­logisch über­zie­hen (auch an ihm kann sich, wenn rite et rec­te zele­briert wird, ein Sursum-corda ereig­nen): Aber er ist in der Tat das spre­chend­ste Sym­bol dieser­art Volks­kir­che, wel­che die zivil­re­li­giö­se Funk­ti­on über­nom­men hat, die aus­ein­an­der­stre­ben­den Sub­jek­ti­vi­tä­ten qua­si-dome­sti­ka­tiv in das Pro­gramm wech­sel­sei­ti­ger Respek­tie­rung ein­zu­bin­den, und dies gar­niert mit ein wenig Kon­tin­genz­be­wäl­ti­gung. Und so fei­ert die Lit­ur­gie das Heil als Ein­be­zie­hung in das kon-krea­ti­ve Mit­ein­an­der. „Mahl statt Opfer“ greift hier noch zu kurz. Der zen­triert ste­hen­de Tisch des Lit­ur­gen fun­giert sozu­sa­gen als Kraft­mit­tel­punkt: Heils­ver­mitt­lung ist die spi­ri­tu­el­le Impul­sie­rung die­ses kon­krea­ti­ven Miteinan­ders, die sich vom Altar her ereig­net. Mit­hin ist es kon­sti­tu­tiv für die­ser­art Li­turgie, daß nicht nur für die Men­ge sicht­bar (das ist noch harm­los), son­dern gleich­sam in sie hin­ein zele­briert wird. („Es muß was rüber­kom­men.“) Der Prie­ster wird kei­nes­wegs funk­ti­ons­los: Er ist Scha­ma­ne der All­ver­söh­nung. Entspre­chend ist es auch unab­ding­bar, daß alle zur Kom­mu­ni­on zuge­las­sen wer­den. Und wer sich den gan­zen Kohor­ten abge­ord­ne­ter Mini­stran­ten mit der Mis­si­on, Hän­de zu schüt­teln, ver­wei­gert, der bekommt durch schee­le Blicke der Umste­henden zu spü­ren, daß er sich der ‚pars essen­tia­lis‘ der real exi­sten­ten Volks­kir­chenliturgie ent­zo­gen hat.

Natür­lich wird hier­mit der Ide­al­typ einer de-re-for­mier­ten Lit­ur­gie aufs Korn genom­men: jede Kari­ka­tur lebt vom Über­zeich­nen der cha­rak­te­ri­sti­schen Lini­en und Züge. Und so behaup­te ich mit eini­ger Bestimmt­heit, daß die­se Dechiffrie­rung eine legi­ti­me Rekon­struk­ti­on eines Phä­no­mens auf sei­ne Hin­ter­grün­de hin ist, die nie ganz gelin­gen kann: dafür ent­zieht sich uns die Wirk­lich­keit mit ih­rem Geist und Ungeist zu sehr.

Aber nicht nur die Lit­ur­gie: Auf wei­te Strecken hin ist das kirch­li­che Le­ben, bei uns in Deutsch­land jeden­falls, von die­sem Pro­gramm der All-Ver­stän­­di­gung, des All-ein-Ver­ständ­nis­ses bestimmt. Natür­lich nicht, als habe die Verkündi­gung nur die inter­sub­jek­ti­ve Aner­ken­nung etc. zum The­ma; aber die typi­schen Dis­kus­si­ons­ma­te­ri­en und Kon­flikt­ge­gen­stän­de krei­sen um die­sen Punkt: „Froh­botschaft statt Droh­bot­schaft“ = „aus­ge­streck­te Hand statt Zeige­finger“ = Ak­zeptanz jeden Lebens­stils statt distan­zie­ren­de Kon­fron­ta­ti­on mit der Norm. – Heils­sor­ge ist kein The­ma mehr: Daß in unse­ren Pfar­rei­en die Alten­heime durch den Dia­kon und lai­ka­le Hel­fer etc. betreut wer­den, wäh­rend der Pfar­rer sich dort nur ab und zu mal blicken läßt, um sei­ne Sor­ge mehr den künf­tigen zah­len­den Mit­glie­dern (in Jugend­frei­zei­ten etc.) ange­dei­hen zu las­sen, dahin­ter steht das nahe­zu voll­stän­di­ge Ver­ges­sen der Haupt­auf­ga­be der Kir­che: Got­tes Ehre in der Ret­tung der See­len. Man mag ver­schie­de­ner Mei­nung dar­über sein, ob das Ver­halten der Kir­che unter der NS-Dik­ta­tur ange­mes­sen war; bezeich­nend ist nur, daß man heu­te nur noch mit Mühe das Motiv für eine ge­wisse Zurück­hal­tung bzw. für ein gewis­ses Arran­ge­ment, aus der Erfah­rung des Kul­tur­kamp­fes her­aus, nach­zu­voll­zie­hen ver­mag: Siche­rung der (allem vor­an: sakra­men­ta­len) Seel­sor­ge, da Seel­sor­ge Heils­sor­ge ist.

Im Gegen­zug sieht man Hand­lungs­be­darf nur in den mo­nistisch impräg­nierten Mate­ri­en: So sieht man sich genö­tigt, etwas zu tun in Sachen „Wie­der­­ver­hei­ra­tet-Geschie­de­ne“. Daß hier uni­so­no „libe­ra­le“ wie „kon­ser­va­ti­ve“ Bi­schöfe in aller­letz­ter Zeit ins glei­che Horn bla­sen: dies gibt An­laß zur größ­ten Besorg­nis. Schier beschä­mend, daß die Alarm­glocken so rich­tig erst beim Geld schril­len: die Wah­rung des Bestan­des und Systems der Volks­kir­che mit der Ba­sisformel „Mit­glied = zah­len­des Mit­glied“, dem die jüng­ste Aus­tritts­re­ge­lung ver­pflich­tet ist. Und just die­ses System kann, gemäß fak­ti­scher, sozio­lo­gi­scher Gegebenhei­ten, nur das moni­sti­sche Pro­gramm zugrun­de legen: Allein­heit der Dif­fe­ren­zen – und das einen­de insti­tu­tio­nel­le Ele­ment ist der Mit­glieds­bei­trag. Absurd, daß damit ein System unter­stützt wer­den soll, dem die Auto-Sezes­si­on weit­hin in­trinsisch ist: nicht umsonst müs­sen Prie­ster eine Art Interessenvertre­tung (um nicht zu sagen: Gewerk­schaft) grün­den, um in der rea­len Pasto­ral mit ihren De-fac­to-Geset­zen nicht in Kon­flikt mit ihrer Treue zur Leh­re der Kir­che zu kom­men. Und, wie schon ange­schnit­ten, das Dau­er­de­bat­ten­the­ma „Sakra­menten­spendung und Abwei­chung von der Leh­re der Kir­che in Sachen Ehe und Sexua­lität“ offen­bart die moni­sti­sche Agen­da eben­so wie im Gegen­zug das tie­fe Un­verständnis für die Grund­mo­ti­ve des bibli­schen Mono­the­is­mus, das Gegen­über der Krea­tur vor dem hei­li­gen Gott. Von daher die inne­re Fremd­heit gegen­über Fun­da­men­tal­stücken christ­lich-katho­li­­schen Glau­bens und Lebens, wie z.B. die The­o­no­mie der Moral und die erfor­derliche Dis­po­si­ti­on zum frucht­ba­ren Sakra­men­ten­emp­fang, wäh­rend „sakrilegi­sche Kom­mu­ni­on“ in die­ser Volkskir­che ein Unwort ist, da dies kei­nen Sitz im Leben mehr hat. – Die­se Auto-Sezes­­si­on, wonach weit­hin unaus­ge­spro­che­ne De-fac­to-Maxi­me den no­minell katho­lischen Anspruch über­la­gern und die zur kon­kre­ten Gestalt unse­rer Volks­kir­che gehört, beruht schlicht auf dem Gegen­satz zwi­schen Monis­mus und Monotheis­mus; näher­hin: sie beruht auf der tra­gi­schen Ver­wechs­lung der Katho­li­zi­tät der Kir­che als der­je­ni­gen des einen, alles und alle an sich zie­hen wol­len­den, Got­tes mit dem moni­sti­schen All­ver­stän­di­gungs- und Allversöh­nungsprogramm. Damit ist der Kir­che in ih­rem kon­kre­ten Leben ein zersetzen­der Fremd­kör­per eingetragen.

„Die Kon­zils­kir­che ist eine schis­ma­ti­sche Kir­che“: Die­ser berühm­te Vor­wurf Erz­bi­schof Lefeb­v­res erfährt damit in erschrecken­der Wei­se eine Veri­fika­tion ganz eige­ner Art. Das ist mei­ner­seits nicht als distanz­lo­se Hom­mage ge­dacht. Allein: Paßt die hier ver­such­te Dechif­frie­rung des nach­kon­zi­liä­ren Di­lemmas unter dem Stich­wort „Monis­mus ver­sus Mono­the­is­mus“ zum Kon­flikt um die­sen Got­tes­mann nicht schier wie der Schlüs­sel ins Schloß? Mag man über Art und Wei­se, kon­kre­tes Han­deln etc. noch so strei­ten bezie­hungs­wei­se dar­an noch so viel zu monie­ren haben: Das Anstö­ßi­ge und für vie­le Abschrecken­de an Mar­cel Lefeb­v­re ist schwer­lich erklär­bar ohne das, was er lei­den­schaft­lich ver­trat: den was­ser­dich­ten Mono-The­is­mus, der ohne die ihm eige­ne Steil­heit nicht zu wah­ren ist. Und so wur­de die­ser Mann zur fak­ti­schen Ver­kör­pe­rung des mono­theistischen Pro­te­stes gegen die moni­sti­sche Ver­wäs­se­rung, Ver­fäl­schung und Zer­set­zung. Der Streit um Assi­si ist das spre­chend­ste Bei­spiel wie aber auch nur die greif­bar­ste Zuspit­zung die­ses Konflikts.

5. Exodus?

Das All-Ein­heits-Den­ken („hen kai pan“ /​ „eins und alles“) wird ger­ne, zumal erneut in jün­ge­rer Zeit durch die Dis­kus­si­on um Jan Ass­mann, mit dem alten Ägy­pten in Ver­bin­dung gebracht. Mehr als bemer­kens­wert, daß das moni­sti­sche Pro­gramm, fest­ge­macht an der Dia­gno­se eines „Tie­fen­stroms“ in Geschich­te und Gegen­wart, in der aktu­el­len phi­lo­so­phisch-theo­lo­gi­schen Debat­te der deutsch­spra­chi­gen katho­li­schen Gei­stes­welt pro­mi­nen­te Ver­tre­ter gefun­den hat: ein Wort­füh­rer der Memo­ran­di­sten von 2011 ist hier feder­füh­rend. Fin­det in die­sem Regreß nach Ägyp­ten nicht ein schon lan­ge viru­len­ter Geist zu sich sel­ber? Was hier auf hohem Niveau aka­de­mi­schen Dis­kur­ses durch­ex­er­ziert wird, ist in grö­ße­rer oder gerin­ge­rer Dich­te im Leben von Kir­che und Theo­lo­gie, un­aus­­ge­spro­chen-atmo­sphä­risch, schon lan­ge prä­sent; es besteht schon der Ver­dacht ei­nes schlei­chen­den Para­dig­men­wech­sels, der resi­stent ist gegen alle Korrektur­versuche. (Auch auf die Gefahr hin, in der Pole­mik zu über­zeich­nen:) „Selbst­bewußte Sub­jek­ti­vi­tät“, die sich vom Abso­lu­ten im letz­ten nicht unter­schei­den mag: das liegt inzwi­schen so ziem­lich allen im Blut. Von daher auch die Stan­dardphrasen wie: „Ich kann mir nicht vor­stel­len, daß Jesus jeman­den ausge­schlossen, ver­ur­teilt hät­te etc.“; kein Wun­der, wenn man sich kei­nen Jesus mehr vor­stel­len kann, der mit Got­tes uner­bitt­li­chem Anspruch kon­fron­tiert, in das Gegen­über zum hei­li­gen Gott ruft. (Vgl. da­gegen Mt 5,17–20 /​ 7,6 /​ 11,20–24 /​ 18,17 /​ 22,13 /​ 26,39; Lk 17,7–10)

Um so aktu­el­ler die Weih­nachts­bot­schaft in ihrer eher etwas befrem­den­den Va­riante: „Aus Ägyp­ten habe ich mei­nen Sohn geru­fen“: Mt 2,15. Der ewi­ge Sohn als Mensch, als ein Men­schen­kind Gewor­de­ner: Erneut besucht Er sein Volk in der Knecht­schaft Ägyp­tens – wie ein neu­er Moses geht er sei­nem Volk vor­an, führt es her­aus aus Ägyp­ten, dem Ort des fal­schen Got­tes­dien­stes, der Göt­zen, hin­ein in die Regi­on des wah­ren Kul­tes des einen und ein­zi­gen, welt­ent­ho­be­nen Got­tes, eine „Regi­on“, die jetzt nicht mehr ter­ri­to­ri­al begrenzt ist, son­dern uni­versal: das neue Volk Got­tes ist katho­lisch (cf. LG II). Den Exodus des Soh­nes mit­zu­ge­hen: dazu ist sei­ne Kir­che beru­fen. Den Exodus weg von den Fleischtöp­fen und her­aus aus der Ein­ge­bor­gen­heit einer „Gottes“-Verehrung, die nichts abver­langt, die nicht per­sön­lich ein­for­dert; hin­aus in die erha­be­ne Herb­heit des hohen Dien­stes des einen, wah­ren und hei­li­gen, Gottes.

Aber just hier gilt es, ein Gedan­ken­ex­pe­ri­ment zu wagen: Ist die­se Kir­che, wie wir sie kon­kret orga­ni­siert – zumal bei uns in Deutsch­land – vor­fin­den, die­se „eccle­sia popu­la­ris“ über­haupt noch refor­mier­bar? Hat sich nicht das anti­katho­lische, mehr oder min­der moni­sti­sche Gegen­pro­gramm rein­ge­fres­sen wie Rost? Das Schick­sal der Frei­bur­ger Rede des Pap­stes spricht sei­ne eige­ne Spra­che … Wohl­ge­merkt: Ich unter­schei­de zwi­schen „Insti­tu­ti­on“ und „Organisa­tion“, eine Dif­fe­ren­zie­rung, die z.B. in der gan­zen Kir­chen­steu­er­de­bat­te über­gangen wird. Die Insti­tu­ti­on, ein­schließ­lich des gel­ten­den Kir­chen­rechts, ist nicht das Pro­blem, die Orga­ni­sa­ti­on sehr wohl. Und Struk­tur­de­bat­ten sind sicher nicht alles: Aber was, wenn die Orga­ni­sa­ti­on den Geist unter­drückt, zumal sie sich parado­xerweise schon kon­tra­fak­tisch zur Insti­tu­ti­on ver­hält (in der Schweiz zum Bei­spiel ist dies noch viel greif­ba­rer)? Will mich vor unge­rech­ten Pau­schalurteilen hüten: aber den Ein­druck habe ich schon, daß bei uns zuneh­mendst mehr die Netz­wer­ke ent­schei­den, wer in Kir­che (und Theo­lo­gie) „etwas wird“. Wer nicht irgend­wie Mann des Appa­ra­tes ist, wird kein Bischof; und sei es, daß die selek­tiven Mescha­nis­men der Per­so­nal­re­kru­tie­rung recht­zei­tig ver­hin­dern, daß bei Ernen­nun­gen auf ihn zurück­ge­grif­fen wer­den kann. – Und so kommt es, daß auf wei­te Strecken sich eine merk­wür­di­ge Dis­kre­panz breit macht zwi­schen den (zah­len­mä­ßig nicht sehr star­ken) ent­schie­de­nen und bekennt­nis­treu­en Ka­tholi­ken und der Hier­ar­chie mit Bischö­fen, denen die­se beson­ders From­men lä­stig, wenn nicht ein Dorn im Auge sind. Und über­haupt ist der Unter­schied zwi­schen „libe­ra­len“ und „kon­ser­va­ti­ven“ Bischö­fen (ein­mal abge­se­hen von sei­nem Recht) zu einer blo­ßen Stilan­ge­le­gen­heit dege­ne­riert; er fängt an, unkennt­lich zu wer­den. Und so haben mitt­ler­wei­le die etwas mar­kan­te­ren Wort­mel­dun­gen „kon­ser­va­ti­ver“ Bischö­fe den­sel­ben Stel­len­wert wie die Rede eines CSU-Poli­ti­kers vor dem Sude­ten­deut­schen­tag. In die­sem Zuge arti­ku­liert die Rede von „den Bi­schöfen“ nicht sel­ten ein Res­sen­ti­ment: man asso­zi­iert damit nichts Gu­tes; das Bild vom guten Hir­ten, der auf­tritt wie ein tap­fe­rer Got­tes­mann und vor dem Wolf nicht flieht, das ver­bin­det man mit die­ser Voka­bel längst nicht mehr. Aber die­se Dicho­to­mie zwi­schen bekennt­nis­treu­em Katho­li­zis­mus und Hierar­chie ist unge­sund, äußerst unge­sund. Was aber, wenn die epi­skopa­le Rückbin­dung unab­ding­bar ist, da die Kir­che, in der Nach­fol­ge der Apo­stel, unauf­gebbar bi­schöflich ver­faßt ist?

Da bleibt nur eine küh­ne Idee: Das Kon­zept des Per­so­nal­or­di­na­ri­ats oder ähn­lich, das man im Zusam­men­hang mit der FSSPX ins Spiel gebracht hat, ge­hört weit dar­über hin­aus erwo­gen. Das Ter­ri­to­ri­al­prin­zip ist zwar unauf­gebbar, aber nicht unauf­gebbar exklu­siv – sub­si­di­är sind auch ande­re Rück­bin­dun­gen an die epi­skopa­le Lei­tung der Kir­che denk­bar. Im Rah­men sol­cher Personalordina­riate müß­ten dann ver­schie­de­ne Grup­pie­run­gen und Bewe­gun­gen koor­di­niert wer­den, von neu­en geist­li­chen Gemein­schaf­ten bis zu den „tra­di­tio­na­li­sti­schen“ Vereini­gungen. Kei­ne Fra­ge, daß hier noch so man­cher eng­stir­ni­ge Gruppen­egoismus in die Catho­li­ca ein­ge­schmol­zen wer­den müß­te. – Und damit soll die kon­ven­tio­nell orga­ni­sier­te Kir­che nicht zu einer Kir­che zwei­ter Klas­se abquali­fiziert wer­den, bezie­hungs­wei­se nicht die­je­ni­gen in ihr, die dar­in der wah­ren Kir­che Chri­sti, dem Glau­ben und dem Heil der See­len treu die­nen. Aber Hin­weise auf die Ein­heit der Kir­che bzw. die Ein­tracht in ihr haben ihren Sinn ver­lo­ren, wenn der Appa­rat die genu­in ein­heitsstiftenden Momen­te ener­viert, gar unter­drückt: das unzwei­deutige Bekennt­nis des­sel­ben unver­kürz­ten Glau­bens in Wort und Pra­xis, die Zele­bra­ti­on der Lit­ur­gie und des Sakra­men­ten­emp­fangs nach der Ord­nung und Wei­sung der Kir­che etc. – Wider­stand muß uns kei­ne Angst ein­ja­gen; es heißt nicht umsonst: „Und Ich wer­de das Herz des Pha­rao ver­här­ten, und er wird sie ver­fol­gen“ (Ex 14,4).

Und so bleibt noch eine letz­te, wich­ti­ge Bedeu­tung einer sol­chen hier vorge­schlagenen Neu­or­ga­ni­sa­ti­on par­al­lel zum Appa­rat der Volks­kir­che: Es gilt, den Exodus vor­zu­be­rei­ten, näm­lich für den inzwi­schen immer rea­li­sti­scher wer­den­den Ernst­fall: daß näm­lich die­se Volks­kir­che sich gar nicht mehr von ihrem Monis­mus hin zum katho­li­schen Mono­the­is­mus bekeh­ren mag, sprich: kann und will. Es spricht man­ches dafür, daß da längst eine Krank­heit zum Tode im fort­geschrittenen Sta­di­um viru­lent ist …

Bei Gott, dies ist kein Auf­ruf zum Schis­ma; viel­mehr rech­ne ich ernst­haft damit, daß die ‚eccle­sia popu­la­ris (teu­to­ni­ca)‘ ihrer­seits zumin­dest in wei­ten Tei­len de­finitiv schis­matisch wer­den könnte …

Monis­mus und Panero­tis­mus sind Geschwi­ster: ein Zusam­men­hang, der sich spon­tan nahe­legt. Der alles inein­an­der zer­flie­ßen las­sen­den Allein­heit ist Keusch­heit, ist „con-tinen­tia“ inner­lich fremd. Von daher sind die Standardthe­men unse­rer moni­sti­schen Volks­kir­che der­sel­ben viel ursprüng­li­cher eigen, als obi­ge Plau­si­bi­li­sie­rung über den „Sub­jek­ti­vis­mus“ nahe­legt. Aber vom Fleisch bestimmt zu sein und vom Geist Chri­sti, das geht nicht zusam­men, wie der hei­lige Pau­lus ein­deu­tig lehrt, nur die letz­te­ren sind Got­tes Söh­ne und Töch­ter (Röm 8,12–15; Gal 5,18–23).

„In das Eige­ne ist Er gekom­men, und die Sei­ni­gen haben ihn nicht aufgenom­men. Und wie vie­le auch immer ihn auf­ge­nom­men haben, ihnen gab er die Voll­macht, Kin­der Got­tes zu wer­den, denen, die an sei­nen Namen glau­ben; die nicht aus dem Blut und auch nicht aus dem Wil­len des Flei­sches und nicht aus dem Wil­len des Man­nes, son­dern aus Gott gebo­ren sind“: Joh 1,11–13. – Wel­cher Platz ist für Ihn? Wel­cher Platz für die Seinigen?

Dr. theol. Klaus Oben­au­er ist Pri­vat­do­zent an der Katho­lisch-theo­lo­gi­schen Fakul­tät der Uni­ver­si­tät Bonn.

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Bild: Heinz Beck/​La Bel­la Roma

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6 Kommentare

  1. „Aber vom Fleisch bestimmt zu sein und vom Geist Chri­sti, das geht nicht zusam­men, wie der hei­lige Pau­lus ein­deu­tig lehrt, nur die letz­te­ren sind Got­tes Söh­ne und Töch­ter (Röm 8,12–15; Gal 5,18–23).“
    Das ist die Mut­ter aller Schlach­ten. Der Geist muß das Fleisch besie­gen auch wenn es über­mäch­tig sich prä­sen­tiert. Wenn der zöli­ba­t­är leben­de Prie­ster als Vor­bild weg­bricht dann gibt es kein Hal­ten mehr. Die­se sexua­li­sier­te Gesell­schaft läßt den gläu­bi­gen Katho­li­ken kaum noch Luft zum atmen vor Christus.
    Per Mari­am ad Christum.

  2. Damals,ab 1962, ich war jung und unbe­darft, haben wir alle in der Gemein­de nicht durch­schaut, was in Rom ablief. Durch die Medi­en erfuhr ich: Da läuft ein span­nen­der Kampf ab zwi­schen „einer alten und einer neu­en Zeit“, einer alten, erstarr­ten Kir­che und einer jun­gen, evan­ge­li­ums­ge­mä­ßen Kir­che. Ich ent­schied mich für „das Evan­ge­li­um“. Der Prot­ago­nist des Alten, Erstarr­ten, war ein­deu­tig Kar­di­nal Otta­via­ni, das Feind­bild schlecht­hin. Es wur­de erst abge­löst vom Papst mit sei­ner „schreck­li­chen“ Enzy­kli­ka „Hum­a­nae vitae“. „Zum Glück“ erhob die DBK die Gewis­sens­frei­heit zur ober­sten Instanz.
    Über Erz­bi­schof Lefeb­v­re zer­brach ich mir nicht den Kopf. Das war zu myste­ri­ös. Wie man dem „ultra­kon­ser­va­ti­ven Papst“ als „ultra­kon­ser­va­ti­ver Erz­bi­schof“ nicht gehor­chen konn­te, das war jen­seits allen Verstehens.
    Rück­lickend: Es war eine ein­zi­ge Zeit der Des­in­for­ma­ti­on. „Ultra­kon­ser­va­ti­ver Papst“, lächer­lich. Die­ser Papst hat­te ent­schei­dend mit­ge­wirkt, dass die Bischofs­kon­fe­ren­zen so mäch­tig wurden.

  3. Fort­set­zung:
    Er war trau­ma­ti­siert und ver­fass­te kei­ne Enzy­kli­ka mehr. Die­je­ni­gen, die er wäh­rend des Kon­zils geför­dert hat­te, die „fort­schritt­li­chen Bischö­fe“, fie­len ihm in den Rücken. Der Anfang vom – vor­läu­fi­gen – Ende der päpst­li­chen Auto­ri­tät war spür­bar. Die Gewis­sens­frei­heit stand über der kirch­li­chen Leh­re, die Stim­me des Pap­stes war nur eine Stim­me unter vie­len. Die Theo­lo­gen hat­ten längst das Heft in die Hand genom­men, die ehe­ma­li­gen Peri­ti des Kon­zils ersetz­ten das Lehr­amt weitgehend.
    Wenn ich in den Seme­ster­fe­ri­en nach Hau­se kam, fand ich die Gemein­den ein­fach nur „zurück­ge­blie­ben“. War­um wein­te mei­ne Mut­ter über den „Volks­al­tar“, war­um läster­ten ande­re gegen die neu­en Altar­ti­sche „die Kon­zils­ki­ste“, das „Mon­ti­ni-Tisch­chen“? Ich habe es spät begriffen.
    Es wird zu einer Spal­tung kom­men, sie besteht de fac­to schon. Aus­schlie­ßen, dass unser katho­li­sche Glau­be bei uns über­wie­gend in Prio­ra­ten der FSSPX über­le­ben und wei­ter­ge­tra­gen wird, kann ich nicht mehr.

  4. Eine klu­ge Ana­ly­se, die zum Wei­ter­den­ken anregt.

    Was ist das, „Geist des Kon­zils“, und wie zeigt es sich?
    Wenn alles eins sein soll und kei­ne Unter­schei­dung mehr sein soll, dann ist der Mensch auch nicht mehr die Kro­ne der Schöp­fung. Er steht der Schöp­fung als Wesen dann nicht mehr gegen­über und ist somit nicht mehr im Bil­de Got­tes. Und hat der Papst nicht die Kro­ne abge­setzt – oder hat er sie gar ver­lo­ren? Sie ist nur noch schat­ten­haft vor­han­den, passt nicht mehr in die Zeit, wird gesagt.
    Der Glau­be, der gegen jede mensch­li­che Erfah­rung und Erkennt­nis stand­hält, scheint bei vie­len Men­schen zu schwin­den. Das ist so traurig.

    Aber um im Bil­de Ägyp­tens zu blei­ben: der Herr ret­tet sein Volk, das sei­ne Hei­mat nicht ver­ges­sen hat, wenn auch unter Qua­len und Pla­gen. Das ist die gro­ße Hoffnung.

  5. (1) Ein wich­ti­ger Gesichts­punkt wird ange­spro­chen. Die über­trie­be­ne Anstren­gung, einen gemein­sa­men Nen­ner zu fin­den, ist nicht gut. Wir befin­den uns in einer Epo­che der Indi­vi­dua­li­sie­rung. Men­schen füh­len sich nicht mehr als Mit­glie­der von Grup­pen, son­dern als abge­trenn­te Per­sön­lich­kei­ten. Mit Grup­pen oder Kör­per­schaf­ten geht ähn­li­ches vor sich. Es ist nur schwe­rer zu beob­ach­ten als bei den ein­zel­nen Menschen.
    Wenn der Ver­such, einen gemein­sa­men Nen­ner zu fin­den, die Kir­che zer­bricht, dann gibt es inner­halb der Insti­tu­ti­on Kir­che ein­zel­ne Berei­che, die nicht mehr zusam­men­ge­hö­ren kön­nen. Es strebt etwas aus­ein­an­der und mit Gewalt ver­sucht man es zusam­men­zu­hal­ten. Das ist die Dyna­mik des 2. Vati­ka­nums. Auf­bruchs­stim­mung ja, aber kein Auf­bruch in eine neue Zeit, wie alle annah­men, son­dern Auf­bruch im Sin­ne von Auseinanderstreben.

  6. (2) Da der unver­än­der­li­che Kern der Kir­che die hei­li­ge Lit­ur­gie ist, kann man sie als einen unteil­ba­ren Teil der Kir­che anse­hen. Die Lit­ur­gie ist die Mit­te. Im Vati­ka­num hat man dann ver­sucht, wei­te­re Tei­le mit der Lit­ur­gie zusam­men­zu­hal­ten, die nicht mehr dazu­ge­hö­ren sollten.
    Da gibt es das Gleich­nis vom ver­lo­re­nen Sohn. Statt zu sagen, wir las­sen den Sohn zie­hen, viel­leicht freu­en wir uns umso mehr, wenn er zurück kommt. Der Vater der Fami­lie hat sich ja umso mehr gefreut, weil sein Sohn aus Eigen­stän­dig­keit und frei­em Wil­len zurück­ge­kom­men ist. Nein, man hat gesagt, wir ket­ten den ver­lo­re­nen Sohn an den Familienstamm.
    Wel­che Tei­le von der Kir­che weg­streb­ten, kann durch ein­ge­hen­de Betrach­tung gefun­den wer­den. Allein ein Blick auf die theo­lo­gi­sche Prie­ster­aus­bil­dung an den Uni­ver­si­tä­ten zeigt ja schon, hier ist ein Teil ver­lo­ren­ge­gan­gen. Wer die ver­schie­de­nen ver­lo­re­nen Söh­ne sind und wo sie gefun­den wer­den kön­nen, inner­halb, oder schon außer­halb der Kir­che, ist die Frage.

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