(Köln) Kardinal Joachim Meisner, seit 1989 Erzbischof von Köln, vollendete gestern sein 79. Lebensjahr. Er ist damit wahrscheinlich der älteste regierende Diözesanbischof Europas. Mit Sicherheit ist er der damit älteste Oberhirte einer so großen und wichtigen Diözese wie jener von Köln. Dieser Umstand geht auf sein besonderes Nahverhältnis zu Papst Benedikt XVI. zurück. Gänzlich ungewöhnlich ist es nicht. Der Erzbischof von Seoul, Nicholas Kardinal Cheong Jin-suk stand bereits im 81. Lebensjahr und war bereits seit einem halben Jahr als Kardinal nicht mehr im Konklave wahlberechtigt, als Papst Benedikt XVI. am 10. Mai 2012 seinen Rücktritt annahm.
In der Bundesrepublik Deutschland gibt es nicht wenige Katholiken, die hoffen, daß Kardinal Meisner auch noch zu seinem 80. Geburtstag Erzbischof von Köln und damit Oberhirte der größten und gewichtigsten Diözese nördlich der Alpen sein wird. Die Annahme seines Rücktritts soll jedoch demnächst bevorstehen. „Sicher im Jahr 2013“, heißt es in führenden Kirchenkreisen. Manche sprechen sogar davon, daß diese sogar noch in den letzten Tagen des zu Ende gehenden Jahres 2012 erfolgen könnte.
Köln kommt nicht nur im deutschen Sprachraum eine herausragende Bedeutung zu, sondern auch für die Weltkirche. Unter allen Diözesen der Erde ragen Mailand und Köln an Größe und Gewicht besonders hervor. Dieser Einfluß mag für den regierenden Erzbischof und den regierenden Papst ausschlaggebend gewesen sein, daß der eine ausharrt und der andere ihn darin bestärkt. Mit jeder Emeritierung ist eine Nachfolgefrage verbunden. Wer wird nächster Erzbischof von Köln und damit bei einem der kommenden Konsistorien Kardinal?
Papst Benedikt XVI. weiß als Deutscher um den Zustand der Kirche in deutschen Landen genau Bescheid. Er weiß um die Stärken der katholischen Hirten und der Gläubigen zwischen Sitten und Hamburg, zwischen Basel und Eisenstadt. Er weiß aber auch um die Schwächen, um die Probleme, um bedenkliche Entwicklungen, um einen starken protestantisierenden und relativistischen Druck, um liturgische Mißbräuche, um den Kleinmut in der unverkürzten Verkündigung der katholischen Glaubenslehre und der wahrnehmbaren Verteidigung der unverhandelbaren Werte. Papst Benedikt XVI. weiß um die zu allen Zeiten die Kirche bedrängende Versuchung, sich mit der Welt zu arrangieren zum Preis, einmal in dieser Frage, einmal in einer anderen sich anzupassen.
Der Nachfolgefrage von Kardinal Meisner in Köln kommt daher für die weitere Entwicklung der Kirche eine zentrale Bedeutung zu. Wie schwierig es scheint, gute Bischöfe zu finden und mehr noch solche, die ohne große Aufstände, ohne Abspaltungsgefahr gegen eine organisierte, progressive Minderheit durchzusetzen, ohne daß die Ernannten auf dem Weg zur Bischofsweihe über Menschenteppiche steigen müssen wie die Bischöfe Kurt Krenn (Wien) und Wolfgang Haas (Chur) oder verleumderische Hetzkampagnen über sich ergehen lassen müssen wie die geweihten oder ernannten Bischöfe Walter Mixa (Eichstätt) und Gerhard Maria Wagner (Linz).
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Erzbistum Köln