Tausende Gläubige bei Meßfeier im Alten Ritus im Petersdom – Tradition hat dank Piusbruderschaft wieder offiziell Heimstatt in der Kirche


(Vati­kan) Meh­re­re Tau­send Gläu­bi­ge nah­men am Sams­tag am Abschluß­got­tes­dienst der Inter­na­tio­na­len Wall­fahrt Una cum Papa nostro im Peters­dom teil. Ihre Pro­zes­si­on durch die Stra­ßen Roms und ihr Ein­zug in die päpst­li­che Basi­li­ka war ein kräf­ti­ges Zei­chen der Leben­dig­keit der katho­li­schen Tradition.

Anzei­ge

In den Jah­ren von der Lit­ur­gie­re­form von 1970 bis zur gül­ti­gen, aber unrecht­mä­ßi­gen Wei­he von vier Weih­bi­schö­fen durch Erz­bi­schof Mar­cel Lefeb­v­re war es die von ihm gegrün­de­te Pius­bru­der­schaft, die das Ban­ner der Tra­di­ti­on mit dem vor­kon­zi­lia­ren Ritus als ihrem sicht­bar­sten Zei­chen hoch­hielt. Dafür galt sie in der Kir­che weit­ge­hend als Sek­te und war gera­de­zu mit dem Stig­ma des Unnenn­ba­ren behaftet.

Der lange Weg der Tradition zurück nach Rom

Als Fol­ge des 1988 erfolg­ten Unge­hor­sams gegen Papst Johan­nes Paul II., den Erz­bi­schof Lefeb­v­re mit einem Not­zu­stand recht­fer­tig­te, ent­stand jedoch die Petrus­bru­der­schaft als klei­ne Abspal­tung der Pius­bru­der­schaft. Kei­ne fünf Pro­zent der Pius­brü­der folg­ten die­sem Weg. Auf Drän­gen Joseph Kar­di­nal Ratz­in­gers, der damals die erfolg­lo­sen Gesprä­che mit Erz­bi­schof Lefeb­v­re führ­te, um doch noch zu einer Eini­gung zu kom­men, wur­de die Päpst­li­che Kom­mis­si­on Eccle­sia Dei gebil­det. Sie soll­te in der Kir­che zur Heim­statt für tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne Katho­li­ken wer­den, die den Bruch der Pius­bru­der­schaft nicht mit­ma­chen woll­ten. Sie ist seit­her für die tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen Gläu­bi­gen und Gemein­schaf­ten in der Kir­che zustän­dig. Immer neue Gemein­schaf­ten ent­stan­den. Vie­len ist als Wesens­merk­mal gemein­sam, daß ihre Grün­der ursprüng­lich der Pius­bru­der­schaft ange­hör­ten, aber frü­her oder spä­ter den Weg nach Rom fanden.

Das Paradox: Bruch der Piusbruderschaft verschaffte Tradition 1988 wieder Heimstatt in der Kirche

Die Tra­di­ti­on erhielt erst durch den Bruch der Pius­bru­der­schaft mit Rom wie­der eine offi­zi­el­le Heim­statt in der Kir­che und damit jenen aner­kann­ten, kano­ni­schen Rah­men, den sie bis dahin nicht mehr hat­te. Ihre Posi­ti­on schien mar­gi­na­li­siert, viel­fach nur gedul­det, aber es gab sie wieder.

2007 been­de­te Papst Bene­dikt XVI. die Rand­stän­dig­keit der Tra­di­ti­on und gab der Welt­kir­che mit dem Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum die tra­di­tio­nel­le Form des Römi­schen Ritus zurück. Seit­her nimmt die Zahl der Meß­or­te im Alten Ritus zu und wird neu­er­dings auch von Gemein­schaf­ten wie­der­ent­deckt und gepflegt, die nie in einer direk­ten oder indi­rek­ten Ver­bin­dung zur Pius­bru­der­schaft standen.

Rol­le und Bedeu­tung der Pius­bru­der­schaft sind aber noch in einem ande­ren Zusam­men­hang zu erwäh­nen. Sie orga­ni­siert seit vie­len Jah­ren eine Inter­na­tio­na­le Wall­fahrt der Tra­di­ti­on von Char­tres nach Paris. Seit Jah­ren gibt es eine zwei­te Wall­fahrt, betreut von der Petrus­bru­der­schaft, die gleich­zei­tig an Pfing­sten von Paris nach Char­tres führt. Die zwi­schen den bei­den Gemein­schaf­ten mit gemein­sa­mer Wur­zel herr­schen­den Span­nun­gen sind nicht The­ma die­ser Über­le­gun­gen. Viel­mehr geht es dar­um, daß in den ver­gan­ge­nen Tagen erst­mals eine Inter­na­tio­na­le Wall­fahrt der Tra­di­ti­on bis nach Rom in das Zen­trum der katho­li­schen Kir­che und das Herz der Chri­sten­heit führ­te. Ein abso­lu­tes Novum, an dem ein gro­ßer Ent­wick­lungs­strang sicht­bar wird: die Renais­sance der Tra­di­ti­on in der Kirche.

Im Hei­li­gen Jahr 2000 orga­ni­sier­te die Pius­bru­der­schaft bereits eine Wall­fahrt nach Rom. Sie soll­te die Ver­bun­den­heit mit dem Nach­fol­ger Petri zei­gen, blieb aber durch den mehr theo­re­ti­schen Ansatz, dem die letz­te prak­ti­sche Kon­se­quenz fehlt, letzt­lich in einer gewis­sen Ambi­va­lenz stecken. Vor allem führ­te jene Wall­fahrt gewis­ser­ma­ßen nur bis vor die Tore des Peters­doms, des­sen mäch­ti­ge Por­ta­le für eine Zele­bra­ti­on im klas­si­schen Ritus ver­sperrt blieben.

2007 gab Benedikt XVI. der Kirche die Messe aller Zeiten zurück – Kardinal Brandmüller zelebrierte als erster an einem Hauptaltar des Petersdoms

Zwölf Jah­re spä­ter haben sich die­sel­ben Pfor­ten für die Wall­fah­rer geöff­net. Wal­ter Kar­di­nal Brand­mül­ler voll­zog 2011 den ersten „Tabu­bruch“, indem er am Ende einer Tagung über das Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum ein Pon­ti­fi­ka­les Hoch­amt an einem der bei­den Haupt­al­tä­re der päpst­li­chen Basi­li­ka zele­brier­te. Kann es ein Zufall sein, daß aus­ge­rech­net ein Deut­scher auf dem Stuhl des Petrus sitzt und die Kir­che regiert und ein deut­scher Kar­di­nal nach 41 Jah­ren den Brücken­schlag voll­zog über einen Gra­ben, der in der Kir­che nach dem Kon­zil ohne Not auf­ge­ris­sen wor­den war? Aus­ge­rech­net ein Deut­scher, wo die Kir­che im deut­schen Sprach­raum beim Kon­zil zu den Wort­füh­rern der anti­rö­mi­schen Fron­de gehör­te und danach aus ihren Rei­hen mit die krea­tiv­sten Eife­rer des nach­kon­zi­lia­ren Kir­chen­um­baus kamen?

Gestern aber waren es nicht nur die Teil­neh­mer einer kir­chen­in­tern mehr oder weni­ger beach­te­ten Tagung, die in den Peters­dom ein­zo­gen und am Grab des Hei­li­gen Apo­stel­für­sten und Vikars Chri­sti dem hei­li­gen Meß­op­fer bei­wohn­ten. Gestern waren es Tau­sen­de Gläu­bi­ge, die aus ver­schie­de­nen Erd­tei­len und Staa­ten nach Rom gekom­men waren. Sie nah­men die Mühe einer teils sehr wei­ten Rei­se auf sich, um ihre Ver­bun­den­heit mit dem Papst zum Aus­druck zu brin­gen und ihm für die Gewäh­rung des Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum zu dan­ken. Sie waren aus Lie­be zur hei­li­gen Kir­che und zur hei­li­gen Lit­ur­gie gekommen.

Unter den anwe­sen­den römi­schen Prä­la­ten befand sich auch wie­der Kar­di­nal Brand­mül­ler, eben­so der Vize­prä­si­dent der Päpst­li­chen Kom­mis­si­on Eccle­sia Dei, Kuri­en­erz­bi­schof Di Noia, mit sei­nem gesam­ten Mit­ar­bei­ter­stab, so auch der frü­he­re Vize­prä­si­dent von Eccle­sia Dei, Msgr. Camil­le Perl, der frü­he­re Sekre­tär der Kom­mis­si­on und soeben zum Erz­bi­schof ernann­te Gui­do Poz­zo sowie Msgr. Mar­co Ago­sti­ni vom Amt für die lit­ur­gi­schen Fei­ern des Papstes.

Sichtlich zufriedener Kardinal Cañizares: Priesterberufungen kommen heute aus Familien und Gemeinschaften der Tradition

Weit mehr als ein­hun­dert Prie­ster ver­schie­de­ner tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ner Gemein­schaf­ten zogen in die päpst­li­che Basi­li­ka ein. Die mei­sten von ihnen waren auf­fal­lend jung. Die­se Tat­sa­che, wie auch die gro­ße Zahl der Gläu­bi­gen, bleibt an der Römi­schen Kurie sicher nicht unbe­ach­tet. So war es auch der sicht­lich gerühr­te und hoch­er­freu­te Zele­brant Kar­di­nal Anto­nio Cañi­zares, der in sei­ner Pre­digt beton­te, daß es gera­de die Eccle­sia-Dei-Gemein­schaf­ten sind, die heu­te in den west­li­chen Staa­ten über Nach­wuchs ver­fü­gen. Daß es alt­ri­tu­el­le Fami­li­en, die mit vie­len Kin­dern im Peter­som ver­tre­ten waren, und Pfar­rei­en sind, aus denen Beru­fun­gen zum Prie­ster- und Ordens­stand erwach­sen. Die Pius­bru­der­schaft ist in die­sem Zusam­men­hang genau­so zu nennen.

Im Vor­feld gab es in der tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen Gala­xie auch eini­ge Kri­tik. Nicht an der Sache, aber am Zeit­punkt. Man­che hiel­ten den Augen­blick für ver­früht. Ande­re hät­ten sich gewünscht, daß Papst Bene­dikt XVI. selbst das hei­li­ge Meß­op­fer zele­brie­ren oder zumin­dest dar­an teil­neh­men wür­de. Letzt­lich erwies sich der Zeit­punkt als rich­tig. Denn es braucht jeden Schritt, so brauch­te es auch die­sen, um – so Gott will – auch zu jenem zu kom­men, da der Papst im Peters­dom oder wo auch immer erst­mals wie­der im klas­si­schen Ritus aller Zei­ten zele­brie­ren wird. Die­ser letz­te Schritt steht noch aus, doch waren zumin­dest die Teil­neh­mer der Inter­na­tio­na­len Wall­fahrt zuver­sicht­lich, daß er bald fol­gen wer­de. Es sei eine Ent­wick­lung im Gan­ge, die ihre Zeit brauche.

Gegen eine wirk­li­che Umset­zung der Lit­ur­gie­kon­sti­tu­ti­on und des Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum gibt es noch erheb­li­che Wider­stän­de in der Kir­che, unter Bischö­fen und einem Teil der Römi­schen Kurie. Er wird jedoch schwä­cher, je mehr die erwar­te­ten Früch­te nach­kon­zi­lia­rer Fehl­ent­schei­dun­gen aus­blei­ben und die har­te Rea­li­tät ver­deut­licht, daß der „Zug“ längst in eine ande­re Rich­tung fährt.

Man kann fast belie­big eine Diö­ze­se auch des deut­schen Sprach­raums aus­wäh­len und die Prie­ster­be­ru­fun­gen unter­su­chen, die seit dem Hei­li­gen Jahr 2000 aus der betref­fen­den Diö­ze­se her­vor­ge­gan­gen sind. Es sticht zunächst der Rück­gang der Prie­ster­wei­hen ins Auge, die offi­zi­ell für die Diö­ze­se erfolg­ten. Gleich­zei­tig wird aber auch sicht­bar, daß sich die Prie­ster­be­ru­fun­gen, wenn auch auf nied­ri­ge­rem Niveau als zu den Hoch­zei­ten der 50er Jah­re des vori­gen Jahr­hun­derts, neue Kanä­le gesucht haben. Es gibt sie, sie erwach­sen jedoch in neu­en Orden und tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen Gemein­schaf­ten und dies nicht sel­ten fast völ­lig an den Diö­ze­sen vor­bei, von die­sen unbe­ach­tet und den offi­zi­el­len kirch­li­chen Medi­en ignoriert.

„Das nächste Mal zelebriert der Papst selbst“ – Das Ende einer langen Quarantäne

Die erste Inter­na­tio­na­le Wall­fahrt der Tra­di­ti­on nach Rom stellt ein viel­ver­spre­chen­des Hoff­nungs­zei­chen für die Kir­che dar. Dar­an ändert auch die nur schwa­che Medi­en­re­so­nanz auf das Ereig­nis nichts, denn kirch­li­che Ent­wick­lun­gen, die, wol­len sie posi­tiv sein, immer Ver­tie­fun­gen sein müs­sen, gesche­hen ohne­hin bes­ser abseits des media­len Inter­es­ses. Man braucht kein Pro­phet zu sein, um erah­nen zu kön­nen, daß viel­leicht schon bald bei einem ähn­li­chen und noch grö­ße­ren Anlaß das Tu es Petrus erklin­gen wird, als Zei­chen dafür, daß auch das von Chri­stus selbst ein­ge­setz­te Ober­haupt der Kir­che anwe­send sein und das hei­li­ge Meß­op­fer in der Form sei­nes Erst­lings­op­fers nach der Prie­ster­wei­he zele­brie­ren wird. Oder wie gestern mehr­fach zu hören war: „Das näch­ste Mal zele­briert der Papst selbst!“ Dann und erst dann wird die Mes­se aller Zei­ten wirk­lich aus der Qua­ran­tä­ne befreit sein, in die sie vor 42 Jah­ren ver­bannt wur­de. Dann wird die außer­or­dent­li­che Form des Römi­schen Ritus zur „nor­ma­len“ Form der katho­li­schen Kir­che, oder wie Kar­di­nal Cañi­zares im Vor­feld der Wall­fahrt auf die Fra­ge meint, wes­halb er sich bereit erklärt habe, die hei­li­ge Mes­se im alten Ritus zu zele­brie­ren: „Weil dies etwas ganz Nor­ma­les ist.“

Piusbruderschaft fehlte – „Das nächste Mal wird Msgr. Fellay sicher anwesend sein“

Letzt­lich könn­te man sagen, daß die­se gan­ze Ent­wick­lung mit der Grün­dung der Pius­bru­der­schaft durch Erz­bi­schof Lefeb­v­re ihren Anfang nahm. Daß aus­ge­rech­net sie gestern in Rom noch fehl­te, wur­de unter den zahl­rei­chen Teil­neh­mern viel­fach bedau­ert. Abbé Clau­de Bar­the schrieb heu­te auf Le Forum Catho­li­que: Ein sicht­lich zufrie­de­ner Kar­di­nal Cañi­zares habe ihn nach dem Got­tes­dienst danach gefragt, ob auch jemand von der Pius­bru­der­schaft anwe­send gewe­sen sei: „Ich habe geant­wor­tet, zahl­rei­che Gläu­bi­ge der Pius­bru­der­schaft erkannt zu haben, was ihn sehr erfreu­te. Ich habe kei­ne Prie­ster der Pius­bru­der­schaft gese­hen, aber die Prie­ster waren zu zahl­reich, als daß ich sie alle ken­nen könn­te. Wir kamen zum Schluß, daß das näch­ste Mal Msgr. Fel­lay sicher anwe­send sein wird. Klaro!“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bil­der: Fr. Z’s Blog/​Le Forum Catholique

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