„Extra Ecclesiam nulla salus“ – 710 Jahre Päpstliche Bulle „Unam Sanctam“


UNAM SANCTAM Eccle­si­am catho­li­cam et ipsam apo­sto­li­cam urgen­te fide cre­de­re cogi­mur et tene­re, nos­que hanc fir­mi­ter cre­di­mus et sim­pli­ci­ter con­fi­tem­ur, extra quam nec salus est, nec remis­sio pec­ca­torum ...“ (DS 870)

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„Eine hei­li­ge katho­li­sche und eben­so apo­sto­li­sche Kir­che müs­sen wir im Gehor­sam des Glau­bens anneh­men und an ihr fest­hal­ten, und wir glau­ben die­se fest und beken­nen auf­rich­tig, außer ihr gibt es kein Heil und kei­ne Ver­ge­bung der Sün­den. Sie stellt den einen mysti­schen Leib dar, und das Haupt die­ses Lei­bes ist Chri­stus, Chri­stus aber ist Gott. In ihr ist „ein Herr, ein Glau­be und eine Tau­fe“ [Eph 4,5].“

Mit die­sen eben­so fei­er­li­chen wie dra­ma­ti­schen Wor­ten beginnt die am 18. Novem­ber 1302 von Papst Boni­fa­ti­us VIII. (1294–1303) erlas­se­ne, wahr­schein­lich berühm­te­ste Bul­le über die katho­li­sche Kir­che. Die­sel­be Bul­le war auch ein ent­schei­den­der Mei­len­stein für die Unab­hän­gig­keit der Kir­che von der welt­li­chen Macht. In hart und lang­wie­rig aus­ge­foch­te­nen Strei­ten über den Vor­rang der geist­li­chen vor der welt­li­chen Macht, gelang es der Kir­che sich im Lauf der Geschich­te von der Bevor­mun­dung durch die welt­li­che Macht frei­zu­hal­ten und damit eine Frei­heit zu gewin­nen, wie es den ortho­do­xen oder pro­te­stan­ti­schen Lan­des­kir­chen nie gelang. Ein den Päp­sten dabei unter­stell­tes Stre­ben nach welt­li­cher Macht oder gar Welt­herr­schaft war damit nie ver­bun­den. Der Kir­che ging es um die Vor­rang­stel­lung des Geist­li­chen vor dem Welt­li­chen und daher die Not­wen­dig­keit, daß auch die welt­li­chen Herr­scher sich für ihr See­len­heil der geist­li­chen Füh­rer­schaft unterwerfen.

In weni­gen Wochen wer­den es genau 710 Jah­re sein, seit die Bul­le bekannt­ge­ge­ben wur­de, mit der ein vom Dich­ter Dan­te Ali­ghie­ri hart kri­ti­sier­ter Papst mit weni­gen Wor­ten das Dog­ma ver­kün­de­te, daß es außer­halb der Kir­che kein Heil gibt (Extra eccle­si­am nulla salus). Boni­fa­ti­us VIII. bezeich­ne­te die Arche Noah als Pro­to­typ der Kir­che, „außer­halb die­ser wur­den, wie wir lesen, alle Wesen auf der Erde vernichtet“. 

Papst Boni­fa­ti­us VIII. rief 1300 das erste Hei­li­ge Jahr aus. Die von ihm fest­ge­schrie­be­ne Ekkle­sio­lo­gie wur­de vom Kon­zil von Tri­ent rund 250 Jah­re spä­ter bekräftigt.

“Unter die­sen hat aber die ‚Arche Noahs‘ eine her­vor­ra­gen­de Bedeu­tung, die nur des­halb auf gött­li­chen Befehl erbaut wur­de, damit kein Raum zum Zwei­fel blie­be, daß sie die Kir­che selbst bedeu­te, die Gott so ein­ge­rich­tet hat, daß Alle, die durch die Tau­fe in sie ein­trä­ten, vor jeder Gefahr des ewi­gen Todes gesi­chert sein könn­ten; daß aber die­je­ni­gen, die außer­halb der­sel­ben sind, durch ihre Laster zu Grun­de gerich­tet wür­den, gleich wie es denen wider­fuhr, die nicht in die Arche auf­ge­nom­men wur­den. (Der Römi­sche Kate­chis­mus nach dem Beschlus­se des Con­cils von Tri­ent, hrsg. v. Adolf Buse, 3. rev. Aufl. Bie­le­feld-Leip­zig 1867, Erster Teil, 10. Haupt­stück, 16. Fra­ge, S. 94).

Der seli­ge Papst Pius IX. ver­ur­teil­te im berühm­ten Syl­labus Errorum jene, die das Dog­ma leug­nen, daß nur durch die Kir­che Heil erlangt wer­den kön­ne. Geäch­te­te 16. The­se: „Die Men­schen kön­nen bei der Aus­übung einer jeden belie­bi­gen Reli­gi­on den Weg des ewi­gen Hei­les fin­den und die ewi­ge Selig­keit erlan­gen.“ Geäch­te­te 17. The­se: „Es darf völ­lig auf die ewi­ge Selig­keit aller Men­schen gehofft wer­den, wel­che nicht in der wah­ren Kir­che Chri­sti leben.“

Das Erste Vati­ka­ni­sche Kon­zil sag­te 1870 in der Kon­sti­tu­ti­on über die Kir­che Chri­sti: „Außer­halb der Kir­che kann nie­mand geret­tet wer­den. Frei­lich sind nicht alle, die in unüber­wind­li­cher Unwis­sen­heit über Chri­stus und sei­ne Kir­che leben, schon auf­grund die­ser Unwis­sen­heit ewig zu ver­dam­men … Er [Chri­stus] schenkt auch jedem sei­ne Gna­de, der sich nach Kräf­ten müht, so daß er die Recht­fer­ti­gung und das ewi­ge Leben errei­chen kann. Die­se Gna­de erhält aber kei­ner, der von der Ein­heit des Glau­bens oder von der Gemein­schaft der Kir­che aus eige­ner Schuld getrennt ist und so aus die­sem Leben schei­det. Wer nicht in die­ser Arche ist, wird in der Sint­flut umkom­men. So ver­wer­fen und ver­ab­scheu­en Wir die gott­lo­se Leh­re von der Gleich­wer­tig­keit aller Reli­gio­nen … Eben­so ver­ur­tei­len Wir die gott­lo­se Ansicht derer, die den Men­schen das Him­mel­reich ver­schlie­ßen aus dem fal­schen Vor­wand: es sei unpas­send und jeden­falls zum Heil nicht not­wen­dig, die Reli­gi­on zu ver­las­sen, in der man gebo­ren, erzo­gen, auf­ge­wach­sen sei, auch wenn sie falsch ist. Ja, sie kla­gen selbst die Kir­che an, die erklärt, sie sei die ein­zig wah­re Reli­gi­on, und die alle Reli­gio­nen und Sek­ten, die von ihrer Gemein­schaft los­ge­trennt sind, ver­wirft und verurteilt.“

Der hei­li­ge Papst Pius X. lehr­te das Got­tes­volk im Kate­chis­mus, in dem er sich auf die Bul­le und das Kon­zil von Tri­ent stütz­te: „Nein, außer­halb der Katho­li­schen, Apo­sto­li­schen, Römi­schen Kir­che kann sich nie­mand ret­ten, so wie sich nie­mand außer­halb der Arche Noahs, die die­se Kir­che dar­stell­te, ret­ten konn­te.“ (169)

Mit dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil, des­sen 50. Jah­res­tag sei­ner Ein­be­ru­fung nun began­gen wird, zogen eini­ge Nebel auf. Das Kon­zil hielt an der dog­ma­ti­schen Leh­re der Kir­che fest und hät­te es auch nicht anders kön­nen. Die dabei gebrauch­ten For­mu­lie­run­gen waren zum Teil jedoch zwei­deu­tig (s. die Kon­sti­tu­ti­on Lumen Gen­ti­um Kapi­tel IV und das Dekret Unita­tis Red­in­te­gra­tio über die Öku­me­ne, Kapi­tel III), so daß in der Nach­kon­zils­zeit, durch einen auch in die­sen Tagen eben­so unkri­tisch wie ste­reo­typ ange­ru­fe­nen omi­nö­sen „Geist des Kon­zils“ für eine bis an Belie­big­keit gren­zen­de Inter­pre­ta­ti­on Tür und Tor geöff­net wur­den. Tat­säch­lich kann, gemäß immer­wäh­ren­der Leh­re der Kir­che, nur jene Inter­pre­ta­ti­on Ver­bind­lich­keit für sich bean­spru­chen, die mit der über­lie­fer­ten Tra­di­ti­on der Kir­che über­ein­stimmt. Alle Doku­men­te der Kir­che sind nach die­sem Schlüs­sel zu lesen und kön­nen damit, unab­hän­gig von der even­tu­el­len Zwei­deu­tig­keit man­cher Wor­te oder sogar der Inten­ti­on, nicht anders als im Sin­ne der unfehl­ba­ren und unwi­der­ruf­li­chen Lehr­sät­ze inter­pre­tiert wer­den, die durch die Dog­men ein für alle­mal fest­ge­stellt wurden.

Das Dog­ma von der allein­se­lig­ma­chen­den katho­li­schen Kir­che wird auch vom Kate­chis­mus der katho­li­schen Kir­che von 1992 ver­tei­digt, wenn auch nicht immer mit ganz glück­li­chen Formulierungen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Mes­sa in Latino

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2 Kommentare

  1. „Die ein­zi­ge Kir­che Christi…besteht in (sub­si­stit in) der Katho­li­schen Kirche…Nur durch sie kann man die gan­ze Fül­le der Heils­mit­tel erlangen.…
    In den Kir­chen und kirch­li­chen Gemein­schaf­ten, die sich von der vol­len Gemein­schaft der Katho­li­schen Kir­che getrennt haben, sind viel­fäl­ti­ge Ele­men­te der Hei­li­gung und der Wahr­heit zu fin­den. Alle die­se Güter stam­men von Chri­stus und drän­gen auf die katho­li­sche Ein­heit hin“
    (Kate­chis­mus der Katho­li­schen Kir­che, Kom­pen­di­um, vgl. Lumen Gen­ti­um 8).
    Lumen Gen­ti­um RELATIVIERT: Die gan­ze Fül­le der Heils­mit­tel kann man nur in der kath. Kir­che erlan­gen, viel­fäl­ti­ge Ele­men­te der Hei­li­gung und Wahr­heit fin­den sich in ande­ren christ­li­chen Kir­chen, Gemeinschaften.
    Eine neue Leh­re? Sieht danach aus!
    Wie­so „die­se Güter“ auf die katho­li­sche Ein­heit hin­drän­gen, bleibt das Geheim­nis der Kozils­vä­ter. In der Rea­li­tät hat sich die kath. Kir­che pro­te­stan­ti­siert. Im Glau­ben und in der Lit­ur­gie. Das Ende ist noch nicht abzusehen.

  2. Natür­lich gebie­tet es die Tole­ranz, den Glau­ben von pro­te­stan­ti­schen Chri­sten, die ja in ihre Glau­bens­ge­mein­schaft hin­ein­ge­bo­ren wur­den und sich damit nie von der katho­li­schen Kir­che getrennt haben, zu respek­tie­ren. Die Ebe­ne des mensch­lich tole­ran­ten Umgangs mit­ein­an­der ist aber zu tren­nen von der Ebe­ne der grund­sätz­li­chen Wahrheit.
    Oder prak­tisch gefragt: Hat Jesus Chri­stus sei­ne Kir­che gegrün­det, von der sich Mar­tin Luther voll und ganz getrennt und eine eige­ne Kon­fes­si­on gegrün­det hat?
    Mich wür­de inter­es­sie­ren wie der Glaubenspräfekt,der mit der FSSPX nicht mehr ver­han­deln will, gleich­zei­tig aber von der Ein­heit aller Chri­sten in einer Kir­che aus­geht, Mar­tin Luther sieht. Als Häre­ti­ker? Oder als einen „gro­ßen Mann der Kir­che“ ? wie ihn tat­säch­lich der ein­fluss­rei­che Kon­zils­theo­lo­ge Yves Con­gar sah.
    Dar­auf wer­de ich kei­ne Ant­wort bekom­men. Obwohl sich frü­her das Lehr­amt der Kir­che klar dazu geäu­ßert hat. Vorm II. Vati­ka­num, das einen gera­de­zu bedroh­li­chen Bruch aus­ge­löst hat.

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