Anerkennung Hildegard von Bingens als Heilige „einzigartig“ – Ihre „Heiligkeit stand nie in Frage“


(Vati­kan) Die offi­zi­el­le Aner­ken­nung der Hil­de­gard von Bin­gen als Hei­li­ge der Welt­kir­che ist „ein­zig­ar­tig“. Das erklärt im Gespräch mit Radio Vati­kan Kar­di­nal Ange­lo Ama­to, der Prä­fekt der Kon­gre­ga­ti­on für die Selig- und Hei­lig­spre­chun­gen. Zwei Grün­de nennt der ita­lie­ni­sche Kuri­en­kar­di­nal für die­se Ein­schät­zung: Einer­seits wur­de das Hei­lig­spre­chungs­ver­fah­ren für die 1179 ver­stor­be­nen Bene­dik­ti­ne­rin ver­schleppt, weil sich gera­de in die­sem histo­ri­schen Moment die Zustän­dig­kei­ten änder­ten; sie gin­gen vom Bischof auf den Papst über. Gleich­zei­tig stand die Hei­lig­keit Hil­de­gards von Anfang an und bis heu­te nie in Fra­ge, betont Kar­di­nal Amato.

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„Die bio­gra­fi­schen Quel­len, sowohl die zeit­ge­nös­si­schen als auch jene nach ihrem Tod, spre­chen fort­wäh­rend von Hil­de­gard als ‚hei­lig‘ oder ’selig‘. Die Über­zeu­gung von ihrer Hei­lig­keit wird noch ver­stärkt von der Ver­eh­rung ihres Gra­bes und ihrer Reli­qui­en, auch von dem lit­ur­gi­schen Kult, der ihr mit Erlaub­nis der Kir­che zuteil wur­de, nicht nur in Mainz, son­dern auch in Trier, Spey­er, Lim­burg und im gesam­ten Bene­dik­ti­ner­or­den. Wei­ters fin­det sich ihr Name bis heu­te im offi­zi­el­len Hei­li­gen­ka­len­der der römi­schen Kir­che, immer mit dem Attri­but ‚hei­lig‘.“

Auch die Päp­ste selbst waren von Hil­de­gards Hei­lig­keit über­zeugt, betont der Prä­fekt. Drei davon waren in frü­he­ren Jahr­hun­der­ten mit ihrer Hei­lig­spre­chung befasst „und woll­ten die­se auch vor­neh­men“, so Ama­to: Gre­gor IX., Inno­zenz IV. und Johan­nes XXII. Als „Hei­li­ge“ bezeich­ne­ten sie dar­über hin­aus unter ande­rem Pius XII., Johan­nes Paul II. und Bene­dikt XVI. Kurz, fasst Ama­to zusammen:

„Die­se weit­ver­brei­te­te und all­ge­mei­ne Über­zeu­gung [von Hil­de­gards Hei­lig­keit] führ­te dazu, dass eine beson­de­re Pro­ze­dur zur Hei­lig­spre­chung der Bene­dik­ti­ne­rin, die prak­tisch als bereits kano­ni­siert galt, unnö­tig oder gar über­flüs­sig erschei­nen mochte.“

Bene­dikt griff bei der nun erfolg­ten, qua­si nach­ho­len­den Hei­lig­spre­chung Hil­de­gards auf eine alte Form zurück, erklär­te Ama­to. Es hand­le sich um eine so genann­te „gleich­wer­ti­ge Kano­ni­sie­rung“, die Papst Urban VIII. in der ersten Hälf­te des 17. Jahr­hun­derts ent­wickelt hat­te und die der spä­te­re Papst Bene­dikt XIV. weiterentwickelte.

„In der ‚gleich­wer­ti­gen Kano­ni­sie­rung‘ ord­net ein Papst an, dass ein Die­ner Got­tes, wenn er von alters her ver­ehrt wird und glaub­wür­di­ge Zeit­zeu­gen sei­ne heroi­sche Tugend und von ihm erwirk­te Wun­der ver­si­chern, von der Welt­kir­che ver­ehrt wird, und zwar ohne einen defi­ni­ti­ven Richt­spruch, ohne juri­sti­sches Ver­fah­ren und ohne die übli­chen Zeremonien.“

Hil­de­gard von Bin­gen ist nicht die ein­zi­ge, der die­se Form der Hei­lig­spre­chung zuteil wur­de. Sie folgt dem Bei­spiel von Nor­bert, Bru­no, Mar­ga­re­te von Schott­land, Ste­fan von Ungarn oder Wen­zel von Böh­men. Sogar noch eine wei­te­re deut­sche Theo­lo­gin des Mit­tel­al­ters fin­det sich unter den Hei­li­gen, die „gleich­wer­tig“ kano­ni­siert wur­den: Ger­trud von Helfta, die rund ein Jahr­hun­dert nach Hil­de­gard von Bin­gen lebte.

Was an Hil­de­gard beson­ders über­zeugt, das erklärt der Kuri­en­kar­di­nal mit der „außer­or­dent­li­chen Über­ein­stim­mung zwi­schen ihrer Leh­re und ihrem wirk­li­chen Leben“. Got­tes­furcht und Mäßi­gung zeig­ten sich bei ihr in beson­de­rem Maß.

„Als Autorin ihrer Visio­nen, als Äbtis­sin ihrer bene­dik­t­i­ni­schen Gemein­schaft, als her­aus­ra­gen­de Gestalt in geläu­fi­gem Kon­takt mit den Per­sön­lich­keit ihrer Zeit wur­de Hil­de­gard immer mehr zu einer all­ge­mein aner­kann­ten Per­son. So konn­ten alle, Mit­schwe­stern wie Beob­ach­ter von außen, die Kohä­renz zwi­schen ihren Wor­ten und Hand­lun­gen sehen. Hil­de­gard brann­te vor Näch­sten­lie­be und Demut.“

Text: Radio Vatikan

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