Pfarrer Swierzek: Habe „priesterliches Gewissen“ – Rücktritt nach Homo-Entscheidung Schönborns


(Wien) Der Pfar­rer der nie­der­öster­rei­chi­schen Pfar­rei Stüt­zen­ho­fen (Erz­diö­ze­se Wien), Ger­hard Swier­zek, fühlt sich von sei­nem Bischof, Chri­stoph Kar­di­nal Schön­born, im Stich gelas­sen. Am Oster­sonn­tag demen­tier­te der Pfar­rer gegen­über der öster­rei­chi­schen Pres­se­agen­tur APA Rück­tritts­ge­rüch­te. Gleich­zei­tig erklär­te er, den Erz­bi­schof von Wien, den er bis­her erfolg­los um eine Aus­spra­che ersucht habe, um sei­ne Ent­bin­dung als Pfar­rer von Stüt­zen­ho­fen bit­ten zu wol­len. Die drei ande­ren von ihm betreu­ten Pfar­rei­en will der Prie­ster behal­ten und dort sei­ne Arbeit als Seel­sor­ger fort­set­zen. Ent­täuscht zeig­te sich der Pfar­rer, daß der beken­nen­de Homo­se­xu­el­le Stangl sofort von Kar­di­nal Schön­born zu einem Gespräch emp­fan­gen wur­de, wäh­rend er noch immer auf eine sol­che Begeg­nung war­te. „Trau­rig“ über das Ver­hal­ten sei­nes Bischofs, kön­ne er nicht län­ger in einer Pfar­rei tätig sein, deren Mit­glie­der „Recht haben wol­len“ und sich über Glau­bens­leh­re und Kir­chen­recht stell­ten. Er habe ein „prie­ster­li­ches Gewis­sen und ach­te gött­li­ches und kirch­li­ches Recht“, wird Pfar­rer Ger­hard Swier­zek von der APA zitiert. Zum The­ma Homo­se­xua­li­tät ver­weist der Pfar­rer auf den Kate­chis­mus der katho­li­schen Kir­che und Aus­sa­gen von Papst Johan­nes Paul II.

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Kar­di­nal Schön­born emp­fängt Homo­se­xu­el­len, aber nicht Pfarrer

Am Sonn­tag, den 18. März 2012 fan­den in ganz Öster­reich Pfarr­ge­mein­de­rats­wah­len statt. In der klei­nen Pfar­rei Stüt­zen­ho­fen, einem Orts­teil der Gemein­de Dra­sen­ho­fen in Nie­der­öster­reich kan­di­dier­te der 26jährige beken­nen­de Homo­se­xu­el­le Flo­ri­an Stangl, der in einer behörd­lich ein­ge­tra­ge­nen homo­se­xu­el­len Part­ner­schaft lebt.

Da die­se Lebens­wei­se nicht mit der katho­li­schen Leh­re in Ein­klang steht, for­der­te ihn Pfar­rer Swier­zek auf, auf die Kan­di­da­tur zu ver­zich­ten. Wie Kar­di­nal Schön­born in einer jüng­sten Stel­lung­nah­me beton­te, sei die­se Auf­for­de­rung auch auf sei­ne aus­drück­li­che Emp­feh­lung hin erfolgt. Eine Strei­chung Stangls von der Liste sei jedoch aus tech­ni­schen Grün­den nicht mehr mög­lich gewe­sen. Tat­säch­lich wird ein Boy­kott durch die zustän­di­ge Wahl­be­hör­de vermutet.

Stangl ent­schei­det selbst, was für ihn an kirch­li­cher Leh­re gilt und was nicht

Stangl dach­te nicht dar­an, sich zurück­zu­zie­hen, wie er eben­so kein Ver­ständ­nis für den Wunsch des Pfar­rers zeigt, nicht die hei­li­gen Sakra­men­te zu emp­fan­gen. Die Pfarr­ge­mein­de­rats­kan­di­da­ten von Stüt­zen­ho­fen unter­zeich­ne­ten aus bis­her unge­klär­ten Grün­den nicht das kirch­lich vor­ge­schrie­be­ne Bekennt­nis zur Leh­re und Ord­nung der Kirche.

Stangl erhielt bei der Wahl, bei der nur sovie­le Bewer­ber kan­di­dier­ten, wie es zu ver­ge­ben­de Plät­ze gab, mit 94 von 142 Stim­men den mei­sten Zuspruch. Der Fall wur­de durch die Medi­en umge­hend mit anti­kirch­li­cher Spit­ze zum Poli­ti­kum auf­ge­bauscht. Stangl erklär­te den Medi­en, sich durch die Auf­for­de­rung des Pfar­rers, nicht die hei­li­ge Kom­mu­ni­on zu emp­fan­gen, „dis­kri­mi­niert“ zu füh­len. Die Pfarr­an­ge­hö­ri­gen zeig­ten wenig Kennt­nis und noch weni­ger Sen­si­bi­li­tät für die katho­li­sche Leh­re und den sich aus deren Miß­ach­tung erge­ben­den Konsequenzen.

Die Pres­se­stel­le der Erz­diö­ze­se Wien erklär­te umge­hend, daß eine ein­ge­tra­ge­ne homo­se­xu­el­le Part­ner­schaft der katho­li­schen Leh­re „so deut­lich“ wider­spre­che, daß ein objek­ti­ver Hin­de­rungs­grund für die Mit­glied­schaft in einem Pfarr­ge­mein­de­rat vor­lie­ge. Auf das Kir­chen­recht poch­te auch Pfar­rer Swier­zek, der gleich­zei­tig beton­te, nichts gegen den Men­schen Stangl zu haben, aber sei­ne Lebens­wei­se abzulehnen.

Stangl will sei­ne Lebens­wei­se durch­set­zen – Kir­che „homophob“und „dis­kri­mi­nie­rend“

Stangl zeig­te sich als unein­sich­ti­ger Homo-Akti­vist, der sei­ne Homo­se­xua­li­tät über die Leh­re der Kir­che stellt. Er erklär­te, nicht auf sei­nen Sitz im Pfarr­ge­mein­de­rat zu ver­zich­ten. Zwi­schen sei­ner Lebens­form und der Leh­re der Kir­che sehe er kei­nen Wider­spruch: „Ich füh­le mich der Leh­re der Kir­che ver­pflich­tet. For­de­run­gen nach Keusch­heit zu stel­len, ist aber rela­tiv fern von der Lebens­rea­li­tät. Wie vie­le Men­schen leben keusch?“, mein­te Stangl gegen­über den Medien.

Die anti­kirch­li­che Grup­pe „Wir sind Kir­che“ und die SPÖ-nahe Homo­se­xu­el­len­ver­ei­ni­gung SOHO war­fen der katho­li­schen Kir­che vor, „homo­phob“ und „dis­kri­mi­nie­rend“ zu sein.

Schön­borns Gespräch: Statt Seel­sor­ge Knie­fall vor Mainstream? 

Kar­di­nal Schön­born woll­te sich „die Sache genau anse­hen“ vor einer Ent­schei­dung und emp­fing Stangl am 24. März zum Mit­tag­essen. Für Irri­ta­ti­on sorg­te, daß dar­an auch Stangls homo­se­xu­el­ler Part­ner teil­nahm, was ein seel­sor­ge­ri­sches Vier­au­gen­ge­spräch von vor­ne­her­ein ausschloß.

Im Anschluß an das Mit­tag­essen wähl­te Kar­di­nal Schön­born einen eigen­ar­ti­gen Weg der Scha­dens­be­gren­zung. Der Kar­di­nal gab sich in einer Stel­lung­nah­me „beein­druckt“ vom „Glau­ben“ Stangls und teil­te mit, daß es durch die Erz­diö­ze­se als ober­ster Wahl­be­hör­de kei­ne Bean­stan­dung der Wahl geben wer­de. Der Beschluß, kei­nen Ein­spruch ein­zu­le­gen, wur­de von ihm und sei­nem Bischofs­rat nicht ein­stim­mig, aber „ein­hel­lig“ gefaßt. Das Ergeb­nis der Pfarr­ge­mein­de­rats­wahl spieg­le, so Schön­born „die Viel­falt heu­ti­ger Lebens- und Glau­bens­we­ge“ wider. Die Leh­re der katho­li­schen Kir­che zur Homo­se­xua­li­tät und das Kir­chen­recht erwähn­te der Kar­di­nal nicht.

Spöt­ti­sche Begei­ste­rung für Schön­born bei Homo-Lobby

Die links­li­be­ra­le Tages­zei­tung Der Stan­dard schrieb von einem „Macht­wort“ Schön­borns. Der Ver­ein zur För­de­rung les­bi­schwu­ler Kom­mu­ni­ka­ti­on nahm mit Genug­tu­ung zur Kennt­nis, daß Kar­di­nal Schön­born dem beken­nen­den Homo­se­xu­el­len „Rosen gestreut“ habe. Chri­sti­an Högl von der Homo­se­xu­el­len Initia­ti­ve Wien (HOSI) äußer­te spöt­ti­sche Begei­ste­rung: „So homo hat man kei­nen öster­rei­chi­schen Bischof je erlebt.“

Schwei­gen oder Zustim­mung in ande­ren Diözesen

Aus den ande­ren öster­rei­chi­schen Diö­ze­sen war nur Schwei­gen oder Zustim­mung zu hören. St. Pöl­ten woll­te die Ent­schei­dung nicht kom­men­tie­ren, Salz­burg „respek­tie­re“ die Ent­schei­dung, Aus Gurk-Kla­gen­furt ließ Diö­ze­san­bi­schof Alo­is Schwarz, ein ehe­ma­li­ger Weih­bi­schof Schön­borns ver­neh­men, daß er sich der „Ent­schei­dung und der dazu­ge­hö­ri­gen Stel­lung­nah­me voll­in­halt­lich anschließt“. Begei­stert zeig­te sich Rolf Sau­er, der Refe­rent für Ehe‑, Fami­li­en- und Bezie­hungs­seel­sor­ge der trotz des noch amtie­ren­den Bischofs Lud­wig Maria Schwarz, eben­falls ehe­ma­li­ger Weih­bi­schof Schön­borns, fak­tisch ver­wai­sten Diö­ze­se Linz. Die Öff­nung gegen­über „Schwu­len und Les­ben“ sei „höchst an der Zeit“. In Ober­öster­reich wür­den „auf fast allen Ebe­nen“ Homo­se­xu­el­le in der Diö­ze­se mitarbeiten.

Bischof Küngs War­nung vor „homo­se­xu­el­len Netz­wer­ken“ in der Kirche

St. Pöl­tens Diö­ze­san­bi­schof Klaus Küng warn­te vor zwei Jah­ren vor „homo­se­xu­el­len Netz­wer­ken“, die sich in der katho­li­schen Kir­che breit­mach­ten und ein „gro­ßer Scha­den für die Seel­sor­ge“ sei­en. Kri­tik an Schön­borns Ent­schei­dung übte der öster­rei­chi­sche Moral­theo­lo­ge, Pater Josef Spin­del­böck. Maß­stab kirch­li­chen Han­delns sei der Grund­satz „Haßt die Sün­de, liebt den Sün­der“. Die Ent­schei­dung des Wie­ner Erz­bi­schofs las­se jedoch „fal­sche Schluß­fol­ge­run­gen“ zu, da in ihr die kirch­li­che Leh­re „nicht sicht­bar“ wer­de. „Homo­se­xu­ell zu emp­fin­den ist noch kei­ne Sün­de. Die Fra­ge ist, wie man damit umgeht. Die­se Leu­te sol­len sich beherr­schen und ent­halt­sam leben, ich weiß, das ist anspruchs­voll“, so Spindelböck.

Schön­born über­rascht mit „uner­klär­li­cher“ Ent­schei­dung im Vati­kan nicht mehr

Im Vati­kan wird Schön­borns Ent­schei­dung als „uner­klär­lich“ bezeich­net, wie der Vati­ka­nist Pao­lo Roda­ri berich­te­te. Im Kir­chen­staat scheint man ent­täuscht dar­über, daß der Kar­di­nal als regie­ren­der Erz­bi­schof und damit Ver­ant­wor­tungs­trä­ger für sei­ne Diö­ze­se hin­ter dem aner­kann­ten Theo­lo­gen Schön­born zurück­bleibt. Der Vati­ka­nist Fran­cis­co Cigue­na de la Tor­re stell­te zur Wie­ner Ent­schei­dung fest: „Kar­di­nal Schön­born über­rascht nicht. Was über­rascht, ist, daß es ihm gestat­tet wird.“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Deka­nat Poysdorf/​Wikimedia

 

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1 Kommentar

  1. Sich auf das Kir­chen­recht zu beru­fen, ist rich­tig. Aber es ist zu beden­ken: Wer hat das Kir­chen­recht auf­ge­stellt, wem dient es und wen schließt es aus? Das Kir­chen­recht ist gesetz­tes Recht und kann und muss dann geän­dert wer­den, wenn sich die Grund­la­gen ändern.
    Das Pro­blem ist, dass wir eini­ges für ganz wich­tig und unum­stöß­lich erklä­ren, ande­res aber geflis­sent­lich über­ge­hen. Jesus sagt z. B.: „Kei­ner von euch soll sich Vater nen­nen, denn nur einer ist euer Vater, der im Him­mel.“ Wir haben sogar einen „hei­li­gen Vater“, ein Titel, den die Lit­ur­gie nur Gott zuspricht. Was ler­nen wir daraus?

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