Vatikan sagt Kongreß über Stammzellforschung ab – Bedenken wegen embryonaler Stammzellforscher


(Vati­kan) Das Wis­sen­schafts­ma­ga­zin Natu­re berich­tet von einer „plötz­li­chen Ent­schei­dung“ und wirft dem Vati­kan vor, kei­ne ande­re Mei­nung als die eige­ne hören zu wol­len. Stein des Ansto­ßes ist der 3. Inter­na­tio­na­le Kon­greß zur Stamm­zell­for­schung, der vom 25.–28. April 2012 auf Ein­la­dung der Päpst­li­chen Aka­de­mie für das Leben statt­fin­den soll­te. Die Schluß­an­spra­che soll­te Papst Bene­dikt XVI. selbst im Rah­men einer Audi­enz für die Kon­greß­teil­neh­mer hal­ten. So war es zumin­dest vor­ge­se­hen. Der Kon­greß wur­de jedoch abgesagt.

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Wis­sen­schafts­zeit­schrift Natu­re kri­ti­siert Vati­kan wegen Kongreßabsage

Sinn und Zweck der Tagung waren klar. Der Vati­kan drängt auf einen ver­ant­wor­tungs­be­wuß­ten und ver­ant­wort­ba­ren Umgang mit Stamm­zel­len. Ziel ist es, eine Äch­tung der ver­brau­chen­den embryo­na­len Stamm­zell­for­schung zu erreichen.

Offi­zi­ell wur­de der Kon­greß vom Prä­si­den­ten der Aka­de­mie, Kuri­en­bi­schof Igna­cio Car­ras­co de Pau­la aus finan­zi­el­len Grün­den abgesagt.

Natu­re wirft dem Vati­kan „Angst“ vor ande­ren Posi­tio­nen vor und beruft sich dabei auf die ame­ri­ka­ni­sche Nach­rich­ten­agen­tur Catho­lic News, die wie­der­um ein „anonym“ blei­ben­des Mit­glied der Päpst­li­chen Aka­de­mie für das Leben zitiert. Auf der Liste der Tagungs­re­fe­ren­ten hät­ten sich auch sol­che gefun­den, die kei­ne katho­li­schen Posi­tio­nen in der Stamm­zell­for­schung ver­tre­ten. Dies sei, so die anony­me Quel­le, auf den Wider­stand eini­ger Kar­di­nä­le gesto­ßen und führ­te schließ­lich zur Absa­ge des gesam­ten Kongresses.

Der Vati­kan för­dert die For­schung mit adul­ten Stamm­zel­len. Er lehnt grund­sätz­lich den Gebrauch von Embryo­nen für For­schungs­zwecke ab, erst recht die geziel­te Erzeu­gung von Embryo­nen für uti­li­ta­ri­sti­sche Zwecke ab.

Embryo­na­le Stamm­zell­for­scher als Refe­ren­ten gela­den – Beden­ken wegen Kom­pro­mit­tie­rung der katho­li­schen Position

Laut Natu­re sei es vor allem um zwei Refe­ren­ten gegan­gen, um Alan Troun­son, Direk­tor des Cali­for­nia Insti­tu­te for Rege­ne­ra­ti­ve Medi­ci­ne in San Fran­cis­co und um Geor­ge Daley, Exper­te für Stamm­zell­for­schung am Child­ren Hos­pi­tal von Bos­ton im Bun­des­staat Mas­sa­chu­setts. Bei­de ver­brau­chen für ihre For­schun­gen embryo­na­le Stamm­zel­len, was vom Vati­kan aus ethi­schen Grün­den abge­lehnt wird. Für die katho­li­sche Kir­che beginnt das Leben mit der Zeu­gung und nicht erst irgend­wann ab einem belie­big zu defi­nie­ren­den Zeit­punkt, weil bereits zum Zeit­punkt der Zeu­gung alle Erb­infor­ma­tio­nen, alle Daten einer unver­wech­sel­ba­ren, ein­zig­ar­ti­gen und unwie­der­hol­ba­ren Per­son vor­han­den sind, die zudem von Gott beseelt ist.

Bei­de Wis­sen­schaft­ler hät­ten vor allem über ihre For­schun­gen an adul­ten Stamm­zel­len refe­riert, die von der katho­li­schen Kir­che unter­stützt wer­den. Die Tat­sa­che, daß sie jedoch eben­so an Embryo­nen for­schen, die dabei aus­ge­löscht wer­den, war damit nicht behoben.

Troun­son spricht von „Zen­sur“. Natu­re zitiert ihn mit den Wor­ten: „Es ist ent­täu­schend, daß man im Vati­kan nicht bereit ist die Wahr­heit zu hören.“ Troun­son for­dert eine „aus­ge­wo­ge­ne Sicht­wei­se“ zu den kli­ni­schen Mög­lich­kei­ten sowohl der embryo­na­len als auch adul­ten Stamm­zel­len. Es wäre wich­tig, wenn der Vati­kan sich einer sol­chen Posi­ti­on annä­hern wür­de, so der For­scher aus Kali­for­ni­en, schließ­lich „haben ver­schie­de­ne euro­päi­sche Wis­sen­schaft­ler eine Teil­nah­me an der Tagung von vorn­her­ein abge­lehnt, weil sie stark gegen die For­schung mit embryo­na­len Stamm­zel­len aus­ge­rich­tet ist“.

Dia­log Kir­che – Wis­sen­schaft: unter­schied­li­che Posi­tio­nen in Päpst­li­cher Akademie

Laut Catho­lic News sei­en im Vati­kan „abwei­chen­de Stim­men“ als „Ver­rat am Auf­trag“ der Päpst­li­chen Aka­de­mie für das Leben und als „öffent­li­ches Ärger­nis“ gese­hen wor­den. Am Ende sei Pater Scott Borg­man, dem Sekre­tär der Aka­de­mie nichts ande­res übrig­ge­blie­ben, als die Absa­ge des Kon­gres­ses mit­zu­tei­len. Gegen­über Vati­can Insi­der bestä­tig­te er, daß die Ein­la­dung von Wis­sen­schaft­lern, die an Embry­os for­schen, die dabei ver­nich­tet wer­den, Unmut im Vati­kan aus­ge­löst hat­te. Er ließ dabei kei­nen Zwei­fel, per­sön­lich die Absa­ge des Kon­gres­ses nicht zu tei­len. Die Absa­ge ver­hin­de­re, das Signal einer „außer­ge­wöhn­li­chen Öff­nung der Kir­che gegen­über der Wis­sen­schaft“ aus­zu­sen­den. „Es gibt man­che, die Angst vor der öffent­li­chen Mei­nung haben. Hät­te der hei­li­ge Petrus jedoch auf die öffent­li­chen Mei­nung gehört, wäre er Fischer geblie­ben.“ Pater Borg­man kün­dig­te an, daß es „mit Sicher­heit eine ande­re vom Vati­kan orga­ni­sier­te Tagung zur Stamm­zell­for­schung“ geben werde.

Geor­ge Daley wird von Natu­re mit den Wor­ten zitiert, er habe in sei­ner Ein­la­dung als Refe­rent eine “Neu­aus­rich­tung“ gese­hen, eine Bereit­schaft des Vati­kans, sich einer brei­ten Dis­kus­si­on „zu öff­nen“. Mit der Absa­ge sei „eine aus­ge­zeich­ne­te Gele­gen­heit ver­lo­ren gegangen“.

Ande­re Wis­sen­schaft­ler, die für ihre For­schun­gen embryo­na­le Stamm­zel­len ver­brau­chen, wie Chri­sti­ne Mum­me­ry von der Uni­ver­si­täts­kli­nik von Lei­den in den Nie­der­lan­den sieht in der Absa­ge des Kon­gres­ses hin­ge­gen eine “gute Nach­richt“, weil der Vati­kan ihrer Ansicht nach auch trotz der Ein­la­dung von Troun­son und Daley nicht zu einem „wirk­li­chen Dia­log“ bereit gewe­sen wäre. Die Wis­sen­schaft­le­rin läßt aller­dings selbst wenig Bereit­schaft zur Ein­sicht erken­nen, wenn sie die Posi­ti­on der katho­li­schen Kir­che fol­gen­der­ma­ßen zusam­men­faßt: „Wer mit embryo­na­len Stamm­zel­len for­sche, steht auf der Sei­te der Bösen“.

Offi­zi­ell Finan­zie­rung des Kon­gres­ses nicht gewährleistet

Msgr. Jac­ques Suau­deau, an der Päpst­li­chen Aka­de­mie für das Leben für den Kon­greß zustän­dig, bezeich­ne­te in einem Schrei­ben an Natu­re die Absa­ge des Kon­gres­ses als “trau­ri­ges Ereig­nis“. Die bereits ange­mel­de­ten Tagungs­teil­neh­mer wür­den dem­nächst eine offi­zi­el­le Begrün­dung erhal­ten. „Ich kann nichts sagen, bis das Schrei­ben nicht ver­schickt sein wird“, so Msgr. Suaudeau.

Auf der Inter­net­sei­te der Päpst­li­chen Aka­de­mie wird als Grund für die Absa­ge ein Man­gel an Spon­so­ren und Teil­neh­mern genannt, der ein „gutes Gelin­gen“ unmög­lich gemacht habe. Bereits die ersten bei­den Kon­gres­se 2006 in Rom und 2009 in Mona­co hät­ten, so Pater Borg­man, nur durch einen finan­zi­el­len Zuschuß der Jero­me-Lejeu­ne-Stif­tung statt­fin­den kön­nen, die als Mit­or­ga­ni­sa­tor auf­scheint. In die­sem Jahr sei kei­ne ent­spre­chen­de Zusa­ge erfolgt.

Im Novem­ber 2011 schloß der Päpst­li­che Kul­tur­rat eine Part­ner­schaft mit der ame­ri­ka­ni­schen Fir­ma NeoStem zur För­de­rung der adul­ten Stamm­zell­for­schung. Papst Bene­dikt XVI. bekräf­tig­te bei die­ser Gele­gen­heit das kate­go­ri­sche Nein der Kir­che gegen die ver­brau­chen­de Stamm­zell­for­schung an Embryonen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: P.A.V.

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