Stichwörter der Geschichte – Die Ermordung des päpstlichen Premierministers


Am 15. Novem­ber 1848 wur­de Pel­le­gri­no Ros­si, der Pre­mier­mi­ni­ster des Kir­chen­staa­tes ermor­det. Der am 13. Juli 1787 im damals zum habs­bur­gi­schen Her­zog­tum Mode­na gehö­ren­den Car­ra­ra gebo­re­ne Jurist, Diplo­mat und Poli­ti­ker war im Revo­lu­ti­ons­jahr 1848 dem seli­gen Papst Pius IX. vom seli­gen Prie­ster und Ordens­grün­der Anto­nio Ros­mi­ni emp­foh­len worden.

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Pel­le­g­ri­ni, der sich 1815 dem anti­öster­rei­chi­schen Auf­stand ange­schlos­sen hat­te und nach des­sen Nie­der­schla­gung nach Frank­reich und von dort nach Genf geflo­hen war, erhielt die Staats­bür­ger­schaft der hel­ve­ti­schen Stadt­re­pu­blik. 1820 wur­de er Abge­ord­ne­ter des Gro­ßen Rats des Kan­tons und 1832 Mit­glied des Staats­rats. Neben sei­ner Lehr­tä­tig­keit, die ihn auch an die Sor­bon­ne führ­te, arbei­te­te er 1832 an der Aus­ar­bei­tung einer neu­en Schwei­zer Bun­des­ver­fas­sung mit, die als Bun­des­ur­kun­de oder Ros­si-Plan in die Schwei­zer Geschich­te ein­ging, aller­dings nicht ange­nom­men wurde.

Ros­si ging ent­täuscht nach Paris. Dort wur­de er Mit­glied des Ober­hau­ses und gelang­te in den Staats­rat. Ab 1845 ver­trat er Frank­reich beim Hei­li­gen Stuhl, ab 1846 im Rang eines Bot­schaf­ters. Durch die fran­zö­si­sche Febru­ar­re­vo­lu­ti­on von 1848 wur­de er sei­nes Amtes ent­ho­ben. Er stand den Reform­be­stre­bun­gen Papst Pius IX. und des­sen Vor­stel­lun­gen zur Eini­gung Ita­li­ens nahe. So kam es, daß er im Sep­tem­ber 1848 zum Pre­mier­mi­ni­ster der neu­ge­bil­de­ten päpst­li­chen Regie­rung der Kir­chen­staa­ten wurde.

Die Ermor­dung war ein poli­ti­sches Kom­plott. Sie war das Signal zum Aus­bruch der Revo­lu­ti­on im eigent­li­chen Kir­chen­staat. Dem erfolg­rei­chen Mord­an­schlag folg­ten Tri­umph­zü­ge der Libe­ra­len, die sin­gend durch die Stadt Rom zogen: „Gelobt die Hand, die heu­te den Ros­si erstach“. Sie schreck­ten nicht davor zurück, vor das Haus Ros­sis zu zie­hen und unter dem Fen­ster von des­sen Wit­we und sei­ner Kin­der den Mord zu feiern.

Die ame­ri­ka­ni­sche Jour­na­li­stin Mar­ga­ret Ful­ler, Son­der­kor­re­spon­den­tin der New York Tri­bu­ne in Euro­pa, über­mit­tel­te ihrer Zei­tung einen begei­ster­ten Bericht. Ful­ler hat­te 1844 „Women in the Nine­te­enth Cen­tu­ry“ ver­öf­fent­licht, „eine der grund­le­gend­sten Schrif­ten des ame­ri­ka­ni­schen Feminismus“.

Als über­zeug­te Links­in­tel­lek­tu­el­le wur­de sie, nach­dem sie sich in Rom nie­der­ge­las­sen hat­te, zur Gelieb­ten des Mar­che­se Ange­lo Osso­li, mit dem sie auch ein gemein­sa­mes Kind hat­te. Die bei­den unter­stütz­ten die Römi­sche Repu­blik des Frei­mau­rer-Tri­os Giu­sep­pe Mazzini, Car­lo Armel­li­ni und Aure­lio Saf­fi mit der Unter­stüt­zung des Logen­bru­ders Giu­sep­pe Gari­bal­di. Die revo­lu­tio­nä­re Beset­zung Roms war jedoch nur von kur­zer Dau­er und so muß­ten der Mar­qui­se und die Jour­na­li­stin Hals über Kopf flie­hen. Nach einem kur­zen Zwi­schen­stop in Flo­renz bestie­gen Ful­ler, Osso­li und ihr Kind ein Schiff Rich­tung Ame­ri­ka. Dort kamen sie aller­dings nie an, da sie am 19. Juli 1850 vor Fire Island Schiff­bruch erlitten.

Quel­le: Fran­ces­co Mario Agno­li, L’ultimo mito del Risor­gi­men­to. Sto­ria sen­za reto­ri­ca del­la Repubbli­ca Roma­na (9 feb­braio – 4 lug­lio 1849, mit einem Vor­wort von G. Ale­man­no, Il Cer­chio, S. 7ff

Text: BQ/​Giuseppe Nardi
Bild: BQ

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