(Berlin) Unter ägyptischen Konvertiten und koptischen Christen wächst die Sorge vor einer Machtübernahme der Islamisten, der Ausweitung der Scharia und iranischen Verhältnissen am Nil. Die in diesem Ausmaß nicht erwarteten Wahlerfolge islamistischer Parteien könnten zu einer Auswanderungswelle von christlichen Kopten und säkularen Ägyptern führen, so die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) heute in einer Pressekonferenz in Berlin.
Auch unter iranischen Konvertiten wächst die Angst, vor allem vor neuen Massenverhaftungen von Konvertiten zur Weihnachtszeit wie im vergangenen Jahr. Wie die IGFM berichtet, hat die Islamische Republik Iran die Verfolgung von christlichen Hausgemeinden und Konvertiten weiter verschärft. Einschüchterungen und Drohungen hätten in den vergangenen Monaten deutlich zugenommen. Der iranische Geheimdienstminister, der schiitische Geistliche Heydar Moslehi, hatte Ende November „neue Anstrengungen“ im Kampf gegen Hausgemeinden verkündet.
Die IGFM weist darauf hin, daß vor allem die Leiter von Konvertitengemeinden systematisch vom iranischen Geheimdienst eingeschüchtert und bedroht werden. Da fast allen offiziell genehmigten Kirchengemeinden Gottesdienste in der Landessprache Farsi verboten sind und ehemalige Muslime Sorge vor Entdeckung und Verhaftung hätten, träfen sich die meisten Konvertiten heimlich in Hausgemeinden.
International Aufsehen erregte der Fall des iranischen Pastors Youcef Nadarkhani. Entgegen der in der Islamischen Republik gängigen Praxis der Behörden war er ganz offiziell wegen „Abfall vom Islam“ und „Verbreitung nichtislamischer Lehren“ zum Tod durch den Strang verurteilt worden. Das am 22. September 2010 von einem Revolutionsgericht verhängte Todesurteil ist dank internationaler Proteste noch nicht vollstreckt. Die IGFM appellierte an die Öffentlichkeit, trotz der nuklearen Bedrohung durch den Iran auch die Menschenrechtsverletzungen der Islamischen Republik an ihren eigenen Bürgern im Fokus zu behalten.
Konvertiten, Baha’i, Atheisten und Säkularisten in Ägypten würden die Verfolgung von religiösen Minderheiten und Andersdenkenden im Iran sehr aufmerksam verfolgen, da sie eine Machtübernahme von Islamisten im eigenen Land vor Augen haben. Das überraschend sehr starke Abschneiden der ultra-fundamentalistischen Salafisten bei den ägyptischen Parlamentswahlen hat viele Ägypter schockiert. Die Salafisten haben als ihr Ziel die uneingeschränkte Durchsetzung der Scharia, des islamischen Rechtssystems, verkündet – ohne Rücksicht auf völkerrechtlich bindende Menschenrechtsverträge, die Ägypten ratifiziert hat. Dazu gehören neben drakonischen Körperstrafen wie Auspeitschungen und Amputationen auch die Todesstrafe für den Abfall vom Islam und die völlige Rechtlosigkeit für „nicht geschützte“ religiöse Minderheiten wie Baha’i.
IGFM-Vorstandssprecher Martin Lessenthin forderte auf der Pressekonferenz in Berlin einen konsequenten Einsatz für Menschenrechte: „Christen haben in islamischen Staaten wie Iran und Ägypten mindere Rechte. Das gleiche gilt für Frauen. Das darf die Außenpolitik demokratischer Staaten nicht hinnehmen. Die Kuscheldiplomatie muß beendet werden!“
Text: PM/ LS