(Moskau/Rom/New York) Mit einem Appell an die internationale Staatengemeinschaft, Maßnahmen gegen die Christenverfolgung zu setzen, endete am 1. Dezember 2011 die „Internationale Konferenz gegen die Diskriminierung und Verfolgung der Christen“. Die Konferenz wurde vom Moskauer Patriarchat der russisch-orthodoxen Kirche organisiert und fand in den russischen Medien großen Widerhall.
Metropolit Hilarion von Volokolamsk, der „Außenminister“ der russisch-orthodoxen Kirche bezeichnete die Tagung als die größte kirchliche Versammlung, die je zu diesem Thema veranstaltet wurde.
Zu den Höhepunkten gehörten die Referate der katholischen Bischöfe: Msgr. Paolo Pezzi, Erzbischof von Moskau und Msgr. Joseph Ender, Apostolischer Nuntius in Rußland. Ebenso des Metropoliten der Assyrischen Kirche des Irak, Mar Gewargis, der das Klima des Terrors und der Angst schilderte, in dem die Christen seines Landes leben müssen. Viele Christen verlassen aus Resignation ihre Heimat. „Der christlichen Gemeinschaft des Irak droht die Auslöschung“, so Erzbischof Gewargis. Unter den Referenten fanden sich auch zahlreiche Erzbischöfe und Patriarchen der orthodoxen Welt. An der Konferenz nahmen als Beobachter auch Vertreter der russischen Juden und Moslems teil.
Eröffnet wurde die Tagung vom Repräsentanten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa für den Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung der Christen, dem italienischen Soziologen Massimo Introvigne. Ausgehend von einer Kunstausstellung in der Petersburger Eremitage erinnerte Introvigne daran, daß die russische, aber auch westeuropäische Kunst im 19. Jahrhundert sich häufig mit dem Schiffbruch beschäftigte. Wenn Europa weiterhin zur Verfolgung der Christen schweige aus Angst, die Verfolger zu „beleidigen“, „vielleicht, weil sie uns Erdöl liefern oder unsere Staatsanleihen kaufen“, riskiere Europa moralisch und geistlich Schiffbruch zu erleiden. „Ein Schiffbruch, der schädlicher sein wird als die Wirtschaftskrise“, so Introvigne.
Im Schlußdokument der Moskauer Tagung werden Länder wie Ägypten, Pakistan, Afghanistan, Nigeria, der Sudan, Indonesien, Eritrea und Indien als jene Staaten genannt, in denen die Christen besonders verfolgt und unterdrückt werden. Man dankt der OSZE für das Gipfeltreffen zu Verbrechen gegen die Christen, das am 12. September 2011 in Rom veranstaltet wurde. Ebenso fordert das Schlußdokument die Staaten auf, für eine wirksame strafrechtliche Verfolgung der Täter zu sorgen, die Gewalt gegen Christen anwenden.
Schließlich fordert die Konferenz die Schaffung „einer internationalen Stelle gegen die Diskriminierung und Verfolgung der Christen“ und die den Verfolgten auch zu Hilfe kommen soll.
Eine Initiative von größter Bedeutung angesichts der enorm zunehmenden Christenverfolgung in Teilen der Erde. Herausragend daran ist, daß diese Initiative von Orthodoxen und Katholiken gemeinsam vorgebracht wird und darin vollständige Übereinstimmung zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Moskauer Patriarchat besteht.
Der Moskauer Patriarch Kyrill I. erinnerte in seiner Rede ausdrücklich an den Fall Lautsi [1]Die aus Finnland stammende Soile Lautsi erstattete gegen die Anwesenheit des Kreuzes im Klassenzimmer ihrer Söhne Anzeige. Ihr italienischer Ehemann, Massimo Albertin, ist führendes Mitglied der … Continue reading , mit dem die Entfernung des Kreuzes aus den Schulklassen Italiens gefordert wurde. Damals rief Papst Benedikt XVI. die Staaten auf, Italien vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen den Versuch zur Entfernung des Kreuzes zu unterstützen. Nur zehn europäische Staaten folgten dem Aufruf und erhoben gemeinsam mit Italien Einspruch gegen die Entscheidung ersten Grades des Gerichtshof. Nur bei vier und dabei nur kleine, handelte es sich um katholische Staaten (Malta, Litauen, San Marino und Monaco). Bei den sechs mittleren und großen Staaten in diesem kulturellen Rechtsstreit handelte es sich um orthodoxe Staaten (Rußland, Griechenland, Bulgarien, Armenien und Zypern).
Die Moskauer Konferenz stellte fest, daß die Christenverfolgung seit Jahren zunehme und auch in Europa nicht unbekannt sei. Die koptische Kirche Ägyptens stellte auf der Konferenz einen Dokumentarfilm in englischer Sprache vor, mit dem die Gewalt und Brutalität der ägyptischen Islamisten und der Polizei dokumentiert wurde. Gewalt, die heute in Ägypten gegen Christen herrscht, seit dem Sturz von Staatspräsident Mubarak. Der sogenannte „Arabische Frühling“ habe keine Verbesserung für die Christen gebracht. Die Gewalttaten nahmen in der allgemeinen Rechtsunsicherheit noch zu.
Ein katholischer Priester aus Pakistan, dessen Name aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden kann, stellte in Moskau eine Dokumentation vor über die alltägliche Verfolgung der pakistanischen Christen. Darunter auch Fälle von bei lebendigem Leib verbrannten Priestern.
Ein koptischer Vertreter berichtete, daß in ägyptischen Krankenhäusern Christen ohne deren Wissen und Zustimmung Organe entnommen werden.
Auf der Konferenz nahm auch der Mufti von Moskau, Albir Krganov Stellung. Er sprach sich für eine Auslegung des islamischen Gesetzes aus, daß die Ermordung von christlichen Priestern und Mönchen verboten sei. Er forderte den russischen Islam auf, Gewalttaten gegen Christen zu melden. Erst am 30. November rief der Mufti die russischen Moslems auf, sich in die russische Gesellschaft zu integrieren.
Text: BQ/Giuseppe Nardi
Bild: Asianews
-
↑1 | Die aus Finnland stammende Soile Lautsi erstattete gegen die Anwesenheit des Kreuzes im Klassenzimmer ihrer Söhne Anzeige. Ihr italienischer Ehemann, Massimo Albertin, ist führendes Mitglied der italienischen Union der Atheisten und rationalen Agnostiker. |
---|