(Brüssel) In Kürze soll die Entscheidung fallen. Die St. Katharinen-Kirche, die zweitgrößte katholische Kirche nach der Kathedrale in der belgischen Hauptstadt Brüssel, ist bedroht, abgebrochen oder in eine Markthalle für Obst und Gemüse verwandelt zu werden.
Das Gotteshaus gehört aus historischen Gründen, die wenig mit Religionsfreiheit, dafür viel mit dem Staat als Räuber zu tun haben, der Stadt Brüssel und befindet sich in einem schlechten Zustand. Die Zahl der Pfarrangehörigen nimmt ab. Die Katharinenkirche, mit deren Bau 1858 begonnen wurde, gilt heute als von geringer architektonischer Bedeutung. Baumeister Joseph Poelaert und sein Schüler Wynand Hanssens orientierten sich an der Kirche Saint Eustache in Paris. Poelaert gelang jedoch in weit höherem Maß, ein Gleichgewicht von gotischen Elementen und diversen Renaissance-Elementen zu schaffen.
An ihrer Stelle stand bereits im 13. Jahrhundert eine der hl. Katharina von Alexandria geweihte Kapelle, an deren Stelle bereits im Spätmittelalter eine Kirche trat, die im 17. Jahrhundert noch erweitert wurde.
Die Kirche steht jedoch unter Denkmalschutz. Wohl deshalb kamen Pläne zu ihrem Abbruch und zum Bau einer Wohnanlage nicht zum Tragen. Nun denkt die Stadt darüber nach, die Mauern der Kirche zu erhalten, jedoch darin einen Obst- und Gemüsemarkt einzurichten. Das Projekt sieht für die Gläubigen bestenfalls noch eine kleine Kapelle am Eingang zum Markt vor. Viel zu klein für deren Zahl. Die Stadt Brüssel scheint vor allem an der Immobilie interessiert und daran, damit ein Geschäft zu machen. Verkauf und Umwidmung würden ihr die Renovierungskosten ersparen.
Die Pfarrei bot eine gemischte Lösung an, bei der sie zumindest einen Teil der Kirche für die Liturgie bewahrt hätte. Die Idee fand jedoch nicht die Zustimmung der Stadtverwaltung. Die belgische Hauptstadt ist traditionell in sozialistischer und liberaler Hand. Elf von 19 Gemeinderäten der regierenden Sozialistischen Partei sind Moslems. Es bestehen daher nur geringe Aussichten, die von Profanierung bedrohte Kirche gegen die Absicht der städtischen Ratsmehrheit zu schützen.
Obwohl die eigens gegründeten „Freunde der St. Katharinen-Kirche“ in wenigen Wochen mehrere Tausend Unterschriften für den Erhalt des Gotteshauses sammelten, scheint die Entweihung unvermeidlich. Volksinitiativen sind im mehrsprachigen Staat eine Seltenheit, da im vom Sprachenstreit gebeutelten Land die Entscheidungen meist ohne Beteiligung der Bürger getroffen werden. Zudem unterstützt Msgr. Jean Kockerols, der Weihbischof von Brüssel die „Freunde“ nicht in ihrer Verteidigung der Kirche.
In einer Presseaussendung vom 8. November 2011 heißt es: Die Profanierung der St. Katharinen-Kirche sei Teil einer „globalen Überlegung für das Ganze der Kirchen der Stadt“. Ebenso wurde jedoch darin nicht von einer Entweihung der Katharinenkirche gesprochen, sondern von ihrer „Bestätigung“. „Die Wortwahl sagt viel über den mangelnden Kampfgeist des Weihbischofs aus“, kommentierte dazu die Corrispondenza Romana. Es scheint, als betrachte man den Kampf um die Katharinenkirche genauso wie die Evangelisierung von vorneherein als verloren.
Text: CR/Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana