(Freiburg/Genf) Neuer Bischof der Schweizer Diözese Lausanne-Genf-Freiburg wird der Dominikaner Charles Morerod. Die Ernennung des 50 Jahre alte Ordensmannes wurde kurz vor der offiziellen Bekanntgabe durch den Heiligen Stuhl vom Schweizer Rundfunk mitgeteilt.
Der Dogmatiker Morerod ist wegen seiner Orthodoxie in Glaubensfragen und seiner Kirchen- und Papsttreue bekannt. Benedikt XVI. setzt damit die Erneuerung des helvetischen Episkopats fort, die 2007 mit der Berufung von Vitus Huonder zum Bischof von Chur begonnen wurde. Das Paradox antikirchlicher Widerstände innerhalb der Kirche ist in der Schweiz stark ausgeprägt, gefördert durch die besondere Reglementierung des Verhältnisses Staat-Kirche in der Eidgenossenschaft. Aus konfliktreicher Zeit stammt das Schweizer Kirchensystem. Als offizielle Vertretung der katholischen Kirche gegenüber dem Staat tritt nicht die Kirche selbst, sondern staatskirchliche Gremien auf, die kantonsweise organisiert sind. Die Gremien dieser staatlichen „Kantonalkirchen“ steuern zum Teil einen radikal antikirchlichen Kurs.
Den Zustand der Schweizer Kirche beschrieb der neue Bischof der Westschweiz als „ein wenig verschlafen und nicht besonders lebendig“. 1988 zum Priester geweiht, war Pater Morerod Redaktionsmitglied der theologischen Zeitschrift Nova et Vetera. Der Dominikaner ist Sekretär der Internationalen Theologischen Kommission. 2009 wurde er Rektor der Päpstlichen Universität Heiliger Thomas von Aquin in Rom, besser bekannt als Angelicum. Nicht zuletzt war er einer der drei Theologen, die für Rom an den Gesprächen mit der Priesterbruderschaft St. Pius X. teilnahmen. Die Entscheidung, ihn mit dieser delikaten Aufgabe zu betrauen, war nicht nur seinen theologischen Kenntnissen geschuldet, sondern auch seiner Sensibilität gegenüber der traditionalistischen Gegenseite, der er sich nahe fühlt. Rom sucht seit einiger Zeit einen Weg, diese Dualität zwischen offizieller Kirche und staatlichem Kirchengremium zu überwinden, um der daraus entstehenden verwirrenden Dissonanz entgegenzutreten.
Pater Morerod verfaßte seine Dissertation an der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg im Üchtland über Thomas Cajetan, den Ordensgeneral der Dominikaner und dessen Auseinandersetzung mit Martin Luther. Aufmerksam wurde man in Rom auf den Welschschweizer durch sein Buch “Tradition et unité des chrétiens. Le dogme comme condition de possibilité de l’Å“cuménisme“ (Parole et Silence, Paris, 2005). Darin zerlegt er die liberale Strömung des Ökumenismus, wie jene der Theologen Fries, Rahner oder Tillard, und betont den Unterschied zwischen katholischer Kirche und Protestantentum. Morerod war es auch, der die Ideen des liberalen protestantischen Theologen John Hick aus Großbritannien wegen deren relativistischer Grundströmung kritisierte.
Der heilige Franz von Sales, der auch Bischof von Genf war (allerdings wegen der calvinistischen Kirchenspaltung mit Sitz im heute französischen Annecy), „findet in Pater Morerod einen würdigen Nachfolger“, so die Internetseite Messa in Latino. Seit 1613, ebenfalls reformationsbedingt, residiert der katholische Bischof von Lausanne in Freiburg im Üchtland. Seit 1821 untersteht ihm auch der Schweizer Anteil der ehemaligen Diözese Genf.
Pater Charles Morerod ist Nachfolger des im vergangenen Jahr verstorbenen Bischofs Bernard Genoud.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Messa in Latino