„Aggressiv vorgetragene Statements“ – Was bezweckt der „ergebnisoffene Dialogprozeß“ der deutschen Bischöfe? – Teil 3


von Gün­ther Knobloch

„Die Jugend ernährt sich von Träumen, das Alter von Erinnerungen.“ (Jiddisches Sprichwort)

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Mitt­woch 28.9.11 19.35 Noch bevor lang­sam ca.150 Per­so­nen laut­stark in die Kir­che St. Josef, Duis­burg, ein­ge­tre­ten sind, fin­de ich mich in einem Got­tes­haus wie­der, des­sen Inne­res mehr dem Palast der Repu­blik (nicht umsonst genannt Erichs Lam­pen­la­den) ähnelt als einem sakra­len Ort – am Ein­gang bil­li­ge Steh­tisch­chen, dann Bank­rei­hen, vor­ne im Chor­raum eine Lein­wand, an die die all­fäl­li­ge Power­point­prä­sen­ta­ti­on pro­je­ziert wer­den wird, der Herr im Taber­na­kel ver­schämt an der Sei­te plat­ziert. Kei­ner der Orga­ni­sa­to­ren ver­schwen­det eine Knie­beu­ge zum Aller­hei­lig­sten. Das Publi­kum ist wie auch sonst in vie­len Got­tes­dien­sten vor­wie­gend grau­ge­mischt, die sonst gebur­ten­star­ken Jahr­gän­ge sind spär­lich ver­tre­ten, die Zahl der Jugend­li­chen eben­so über­schau­bar. Die Lokal­ma­ta­do­ren und Platz­hir­sche begrü­ßen ihre Kli­en­tel. An einer Wand hän­gen ca. 500 Post­kar­ten, der Rück­lauf einer Befra­gung zu Wün­schen und Anlie­gen, bei der über 20000 davon aus­ge­legt wurden.
Nach einer Begrü­ßung führt ein auch schon in die Jah­re gekom­me­nes Mit­glied des Diö­ze­san­ra­tes durch die Ver­an­stal­tung. Zuerst wird die syste­ma­ti­sie­ren­de Zusam­men­fas­sung der auf den Kar­ten vor­ge­leg­ten Anlie­gen zum Besten gege­ben, anschlie­ßend besteht die Mög­lich­keit sich an den Steh­tisch­chen zu bestimm­ten Fel­dern aus­zu­tau­schen. Ich wäh­le das The­men­feld Lit­ur­gie und Pasto­ral. An unse­rem Tisch sind ca. 8 Per­so­nen. In einer Run­de stel­len wir uns und unse­re Anlie­gen vor. Ich spü­re deut­lich eine gewis­se Anspan­nung und Unsi­cher­heit, man hält sich zurück und setzt eher auf Gemein­plät­ze. Davon ange­steckt tra­ge ich zuerst all­ge­mein, dann aber deut­lich mei­nen Wunsch nach einer Lit­ur­gie in vol­lem Ein­klang mit der Welt­kir­che vor und ern­te teils betre­te­nes Schwei­gen, aber bei zwei Leu­ten auch zustim­men­des Nicken. Um unse­ren Tisch zieht ein eme­ri­tier­ter Theo­lo­gie­pro­fes­sor sei­ne Run­den. Gut erin­ne­re ich mich noch, wie er auf einer ande­ren Ver­an­stal­tung, den Bericht über die eif­ri­ge Wahr­neh­mung der eucha­ri­sti­schen Anbe­tung auf dem Welt­ju­gend­tag mit dem Aus­spruch kom­men­tier­te: „Wir (!) haben das II.Vatikanum doch nicht gemacht, damit die Leu­te jetzt wie­der anfan­gen, die­se Obla­te anzubeten.“
Doch wie­der zurück zu unse­rem Tisch. Lei­der ver­ging die Zeit so schnell, dass wir in kei­nen wei­ter­füh­ren­den Aus­tausch ein­tre­ten konn­ten. Man bestimmt mich mehr oder weni­ger durch Akkla­ma­ti­on zum Spre­cher die­ses Tisches. So tre­te ich auch als erster vor und ver­su­che die Anlie­gen an unse­rem Tisch vor­zu­tra­gen, aller­dings sehr kon­sens­ori­en­tiert, um eben den Dia­log nicht irgend­wie zu behin­dern (aus jet­zi­ger Sicht sicher ein Feh­ler), die näch­sten Berich­te sind zumeist sehr aggres­siv vor­ge­tra­ge­ne State­ments, wobei auch oft eine gewis­se, nicht uner­heb­li­che Lar­moy­anz zur Schau getra­gen wird. Der ein­zi­ge Licht­blick sind zwei Jugend­li­che, die davon träu­men, ein­fach nur katho­lisch sein zu dür­fen. Dabei ern­ten sie zustim­men­den Bei­fall, aber nur von einem klei­nen Teil des Audi­to­ri­ums. Rich­ti­ge Bei­falls­stür­me erhei­schen hin­ge­gen die bei­den letz­ten Wort­mel­dun­gen. Der erste ein von tie­fem Lei­den an der Kir­che extrem betrof­fe­ner älte­rer Herr,  – zeit­wei­se befällt einem Angst, ob die­ses Lei­den an „Kir­che“ für sei­ne Gesund­heit nicht zuviel ist. Und natür­lich unver­meid­lich ganz am Ende oben­ge­nann­ter Eme­ri­tus, der nütz­li­che Hin­wei­se gibt, wie man argu­men­ta­tiv das „ever­ything goes“ in der Kir­che stüt­zen kann.
Beim Ver­las­sen der Kir­che kom­me ich mit einer älte­ren Frau ins Gespräch, die sich über die Unbarm­her­zig­keit der Kir­che bei wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen beschwert. Inter­es­sant dabei ist, dass sie selbst fast 50 Jah­re mit ihrem Mann ver­hei­ra­tet war, bevor er sie als Wit­we zurück­las­sen muß­te. Sie bringt es aber nicht fer­tig, ihre eige­ne posi­ti­ve Erfah­rung mit der lebens­lan­gen Treue als Schatz zu erken­nen, den es mit ande­ren zu tei­len gel­te, son­dern im Gegen­teil behaup­tet sie, dass man dies von nie­man­dem heu­te mehr ver­lan­gen kön­ne. Da wur­de mir wie­der klar, wie lan­ge und eif­rig der Vater der Lüge, der alles umwen­det und ver­dreht, auch in unse­rer Kir­che schon gear­bei­tet hat, wenn Men­schen eine letzt­lich doch so wider­sprüch­li­chen Auf­fas­sung vehe­ment verteidigen.
Ins­ge­samt fand ich trotz des unge­mein star­ken Gegen­win­des die Ver­an­stal­tung einen Erfolg, bin ich doch auch mit ande­ren zusam­men­ge­kom­men, die mit unse­rem Papst an der Ent­welt­li­chung unse­rer Kir­che arbei­ten. Und viel­leicht ist ja der eine oder ande­re zum Nach­den­ken über sei­ne Prio­ri­tä­ten gekom­men? Mor­gen wer­de ich einen Rosen­kranz in die­sem Anlie­gen beten.

Text: Gün­ther Knobloch
Bild: DBK

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