Sehr schnelles Wachstum des Christentums in China – Liturgisch „römischer als Rom“


(Peking) Trotz der Appel­le Roms und von Joseph Kar­di­nal Zen, von ille­ga­len Bischofs­wei­hen Abstand zu neh­men, fand gestern in der Pro­vinz Gaun­dong die Wei­he des von Rom als Bischof nicht aner­kann­ten Prie­sters Joseph Huang Binz­huang zum Bischof von Shant­hou statt. Die katho­li­sche Kir­che pro­te­stiert gegen die „bru­ta­le Ein­mi­schung“ des Staa­tes in inner­kirch­li­che Ange­le­gen­hei­ten. Das kom­mu­ni­sti­sche Regime in Chi­na dik­tier­te damit seit Herbst 2010 der Kir­che bereits den drit­ten Bischof auf und ver­sucht damit eine Par­al­lel­hier­ar­chie zu schaf­fen. Ziel ist es, eine leich­ter kon­trol­lier­ba­re und bes­ser lenk­ba­re Kir­che zu schaffen.

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Papst Bene­dikt XVI. äußer­te sei­nen „Schmerz“ über die erneu­te unrecht­mä­ßi­ge Wei­he. An der Zere­mo­nie nah­men acht Bischö­fe teil, die in Ein­heit mit Rom ste­hen. Ein wei­te­re „offe­ne Wun­de“, wie es in Rom nicht ohne Ver­bit­te­rung heißt. Der Hei­li­ge Stuhl hat­te bereits vor der zwei­ten ille­ga­len Wei­he die Bischö­fe ermahnt, daß eine frei­wil­li­ge Teil­nah­me die auto­ma­ti­sche Exkom­mu­ni­ka­ti­on nach sich zie­he. Wie bereits bei den vor­her­ge­hen­den Wei­hen ist auch bei jener von gestern unklar, wer von den anwe­sen­den Bischö­fen tat­säch­lich aus frei­en Stücken dort war und wer von der Staats­si­cher­heit dazu genö­tigt wur­de. Vier der acht Bischö­fe waren bereits Tage vor der ille­ga­len Wei­he von der Staats­po­li­zei aus ihren Woh­nun­gen geholt und an unbe­kann­te Orte gebracht worden.

Bischof Paul Pei Jun­min von Liao­ning ist es hin­ge­gen gelun­gen, nicht an der Wei­he teil­neh­men zu müs­sen. Als bekannt wur­de, daß die Regie­rung ihn für die Teil­nah­me vor­ge­se­hen hat­te, schar­ten sich die Prie­ster sei­ner Diö­ze­se schüt­zend um ihn. Sie harr­ten Tag und Nacht betend in der Kathe­dra­le aus, wo Gläu­bi­ge ewi­ge Anbe­tung hiel­ten. Der Staat woll­te es offen­sicht­lich nicht auf einen Poli­zei­ein­satz in der Kir­che ankom­men lassen.

Die Ereig­nis­se in dem kom­mu­ni­stisch beherrsch­ten Rie­sen­staat sind nicht leicht zu ent­zif­fern. Nach einer Pha­se unmit­tel­bar nach der Wei­he Bene­dikts XVI. und sei­nes Briefs an die Katho­li­ken Chi­nas, die Hoff­nung auf eine Ent­span­nung im Ver­hält­nis zwi­schen Staat und Kir­che weck­te, folgt seit der 2. Hälf­te des Jah­res 2010 eine repres­si­ve Pha­se. Zyklisch kehrt das Regime, das die Kir­chen­fra­ge aus­schließ­lich poli­tisch betrach­tet, zu radi­ka­len Ein­grif­fen in das kirch­li­che Leben zurück.

Die Kom­mu­ni­sti­sche Par­tei ist von sicht­ba­rer Angst getrie­ben, die Kon­trol­le über ihre Bevöl­ke­rung zu ver­lie­ren. Das Chri­sten­tum erlebt näm­lich in Chi­na die größ­te Ver­brei­tung der Geschich­te. Die Volks­re­pu­blik ist das Land, in dem welt­weit das Chri­sten­tum am schnell­sten wächst. Nach neue­sten, seriö­sen Schät­zun­gen dürf­ten bereits 130 Mil­lio­nen Chi­ne­sen die Tau­fe emp­fan­gen haben und damit etwa zehn Pro­zent der chi­ne­si­schen Bevöl­ke­rung Chri­sten sein.

Die vor Jah­ren behaup­te­te Mas­sen­be­we­gung Falun Gong, war dage­gen eine von west­li­chen Geheim­dien­sten auf­ge­bla­se­ne Schach­tel, die in Chi­na nicht mehr Bedeu­tung hat, als ver­gleichs­wei­se Hare Krish­na in Europa.

Die chi­ne­si­schen Katho­li­ken ver­su­chen, sich so wenig wie mög­lich in den vom Staat pro­vo­zier­ten Kon­flikt hin­ein­zie­hen zu las­sen. Es läßt sich bereits heu­te erken­nen, daß die Kir­che in Chi­na in abseh­ba­rer Zeit eine ent­schei­den­de Stüt­ze der Welt­kir­che sein wird. Nicht nur zah­len­mä­ßig, son­dern wegen ihrer unbe­ding­ten Bereit­schaft, die kirch­li­che Hier­ar­chie anzu­er­ken­nen, wie es der chi­ne­si­schen Kul­tur ent­spricht. Die im Westen durch eine Über­be­to­nung der Indi­vi­dua­li­tät bekann­ten Span­nun­gen sind den Chi­ne­sen völ­lig fremd. Eben­so pfle­gen sie auf­grund ihres kul­tu­rel­len Hin­ter­grun­des den Ritus „römi­scher als Rom“. „Wenn Chi­ne­sen den Glau­ben anneh­men, dann tun sie es ganz und nicht halb. Das gilt gera­de auch, was Ritus und Lit­ur­gie anbe­langt“, so ein Ken­ner der chi­ne­si­schen Kir­che. Die in west­li­chen Diö­ze­sen und Pfar­rei­en aus­ge­leb­te und oft kri­ti­sier­te lit­ur­gi­sche „Krea­ti­vi­tät“ ist den chi­ne­si­schen Katho­li­ken gänz­lich unver­ständ­lich und wird von ihnen strikt zurückgewiesen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati­can Insider

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