Osservatore Romano: Artikelreihe für “korrekte Interpretation“ von Assisi 3


(Rom) Mit Blick auf den näher­rücken­den Ter­min für das inter­re­li­giö­se Tref­fen Assi­si 3 am 27. Okto­ber 2011 ver­öf­fent­licht der Osser­va­to­re Roma­no in schnel­ler Abfol­ge eine gan­ze Rei­he von Bei­trä­gen. Sie stam­men alle aus der Feder von dem Papst nahe­ste­hen­den Per­so­nen. Absicht der Arti­kel ist es, dem Tref­fen von Assi­si die rich­ti­ge Inter­pre­ta­ti­on zu geben. Sie wol­len die wah­ren Beweg­grün­de her­aus­strei­chen, die Bene­dikt XVI. dazu bewo­gen, 25 Jah­re nach Assi­si 1, ein drit­tes Mal Ver­tre­ter aller Reli­gio­nen nach Assi­si einzuladen.

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Vati­kan will Fehl­in­ter­pre­ta­tio­nen vorbeugen

Im Vati­kan weiß man um die hef­ti­ge Kri­tik, die vor allem Assi­si 1 nach sich zog. Eben­so, daß es wegen der ersten bei­den Tref­fen Beden­ken gibt. Der Wert, der auf eine bereits prä­ven­ti­ve rich­ti­ge Inter­pre­ta­ti­on des Tref­fens gelegt wird, läßt erken­nen, daß die Vor­be­rei­tun­gen den päpst­li­chen Mit­ar­bei­tern eini­ges Kopf­zer­bre­chen bereitet.

Zu den Autoren im Osser­va­to­re Roma­no gehört Kar­di­nal Wil­liam Joseph Leva­da, der Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, der Beden­ken zu zer­streu­en ver­sucht. So fragt er, war­um es Bene­dikt XVI. wohl für ange­bracht hal­te, nach Assi­si zu gehen, wenn er sol­che Sor­ge vor Miß­ver­ständ­nis­sen der Geste sei­nes seli­gen Vor­gän­gers habe, wie man­che behaup­ten würden.

Es folg­te Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Tar­cis­io Ber­to­ne, der in sei­nem Bei­trag die Anwe­sen­heit von Per­sön­lich­kei­ten aus der Welt der Kul­tur in Assi­si her­vor­hob, die nicht aus dem reli­giö­sen Bereich stam­men. Kar­di­nal Jean Luis Tauran, Vor­sit­zen­der des Päpst­li­chen Rats für den inter­re­li­giö­sen Dia­log, prä­zi­sier­te, daß es in Assi­si auch Momen­te des Gebets geben wer­de, aller­dings nur sol­che des „per­sön­li­chen Gebets“ der ein­zel­nen Teil­neh­mer, bevor alle gemein­sam sich Rich­tung der Basi­li­ka des hei­li­gen Fran­zis­kus auf den Weg machen.

Ric­car­di: Johan­nes Paul II. lag eine „UNO der Reli­gio­nen“ völ­lig fern

Der bis­her jüng­ste Bei­trag, der zum The­ma im Osser­va­to­re Roma­no erschien, stammt von Andrea Ric­car­di, dem Grün­der der Gemein­schaft von Sant’Egidio. Auch er unter­strich die offi­zi­el­le Les­art, die der Hei­li­ge Stuhl dem Tref­fen von Assi­si gibt. Vor allem beton­te er, daß eine „UNO der Reli­gio­nen“ dem Den­ken Johan­nes Pauls II. völ­lig fern­lag. Der Vor­gän­ger des heu­ti­gen Pap­stes, so Ric­car­di, lehn­te mit Nach­druck einen von klei­nen Krei­sen in die Tref­fen hin­ein­in­ter­pre­tier­ten „Geist von Assi­si“ ab, der Assi­si als das Tref­fen eine Art „Inter­re­li­gi­on“ sehen wollte.

Der mas­si­ve Ein­satz hoch­ka­rä­ti­ger Ver­tre­ter des Vati­kans, um die “kor­rek­te“ Les­art zu Assi­si 3 zu ver­brei­ten hängt untrenn­bar mit der hef­ti­gen Pole­mik zusam­men, die 1986 das erste Tref­fen beglei­te­te. Eine gan­ze Rei­he füh­ren­der Kar­di­nä­le äußer­ten ihre Ver­wun­de­rung und Irri­ta­ti­on über eine sol­che Ver­an­stal­tung, dar­un­ter auch Kar­di­nal Ratz­in­ger, der heu­ti­ge Papst. Erz­bi­schof Lefeb­v­re bezeich­ne­te das inter­re­li­giö­se Tref­fen sogar als „abscheu­lich“, als bekannt wur­de, daß auf Altä­ren heid­ni­sche Tier­op­fer dar­ge­bracht und Bud­dha­sta­tu­en auf­ge­stellt wur­den. Die Rede, die Papst Johan­nes Paul II. damals in Assi­si hielt, an der auch Kar­di­nal Ratz­in­ger mit­ge­wirkt hat­te, war hin­ge­gen ein­deu­tig. Es waren mehr die Gesten und die Bedeu­tung der­sel­ben, die durch die Mas­sen­me­di­en in die gan­ze Welt ver­brei­tet wur­den. Die Kri­ti­ker ver­wie­sen vor allem auf die Wirk­mäch­tig­keit der Bil­der und den Ein­druck, den sie bei Mil­lio­nen Katho­li­ken und Nicht-Katho­li­ken hin­ter­las­sen muß­ten, wäh­rend die Anspra­che des Pap­stes kaum jemand bekannt gewor­den sei.

Beden­ken gegen Assi­si-Tref­fen wer­den vom Vati­kan ernst genommen

Als Papst Bene­dikt XVI. über­ra­schend im ver­gan­ge­nen Janu­ar ein drit­tes Tref­fen in Assi­si ankün­dig­te, wand­ten sich meh­re­re katho­li­sche Histo­ri­ker und Jour­na­li­sten, die der Tra­di­ti­on nahe­ste­hen, mit einer öffent­li­chen Bit­te an den Papst, die Ein­la­dung noch ein­mal zu über­den­ken. Sie äußer­ten die Über­zeu­gung, daß ganz egal, was immer der Papst auch an Rich­ti­gem und Gutem in Assi­si sagen wer­de, die Mas­sen­me­di­en als Bot­schaft den gefähr­li­chen Ein­druck einer syn­kre­ti­sti­schen Ver­an­stal­tung und einer Umar­mung von Wahr­heit und Irr­tum ver­brei­ten wür­den, daß alle Reli­gio­nen letzt­lich auf einer Ebe­ne stün­den, als wären sie belie­big aus­tausch­bar. Genau dies aber sei das Ziel des sich aus­brei­ten­den Rela­ti­vis­mus. Die geäu­ßer­ten Beden­ken wer­den von einem Teil der Kir­che, auch von hohen vati­ka­ni­schen Ver­tre­tern, geteilt. Dies erklärt die star­ken Bemü­hun­gen aus dem Umfeld des Pap­stes, mög­lichst früh­zei­tig das Tref­fen mit einer ein­deu­ti­gen Bot­schaft zu verbinden.

Als Papst Johan­nes Paul II. 2002 ein zwei­tes Mal mit den Ver­tre­tern ande­rer Reli­gio­nen nach Assi­si rei­ste, stand Kar­di­nal Ratz­in­ger bis zum Vor­abend des Tref­fens nicht auf der Teil­neh­mer­li­ste. Erst auf aus­drück­li­chen Wunsch des Pap­stes, rei­ste er schließ­lich in die umbri­sche Geburts­stadt des hei­li­gen Fran­zis­kus. Anschlie­ßend ver­faß­te er für die Monats­zeit­schrift 30 Tage der Gemein­schaft Comu­nio­ne e Libe­ra­zio­ne einen aus­führ­li­chen Beitrag.

Schwie­ri­ger Augen­blick der Mensch­heit recht­fer­tigt „Risi­ken“ eines Assi­si 3

Dort bestritt er, daß Assi­si 2 eine „Selbst­dar­stel­lung“ der unter­ein­an­der aus­tausch­ba­ren Reli­gio­nen gewe­sen sei. Es war kei­ne Ver­an­stal­tung, die die Gleich­heit der Reli­gio­nen behaup­tet hät­te, die es nicht gibt. Assi­si sei viel­mehr der Aus­druck einer gemein­sa­men Wan­der­schaft, einer Pil­ger­fahrt für den Frie­den, und wirk­li­chen Frie­den kön­ne es nur geben, wenn er mit Gerech­tig­keit ein­her­geht. Assi­si sei ein Zeug­nis für den Frie­den gewe­sen. Mit ihrem Ein­satz für Frie­den und Gerech­tig­keit hät­ten die Reli­gi­ons­ver­tre­ter im Rah­men ihrer Mög­lich­kei­ten einen Weg begon­nen, der für alle ein Weg der Rei­ni­gung sein müsse.

Denn in ver­schie­de­nen sei­ner Schrif­ten beton­te der Papst, daß es „unleug­ba­re Gefah­ren“ von Miß­ver­ständ­nis­sen gebe. Es sei jedoch nicht weni­ger falsch, das „mul­ti­re­li­giö­se Gebet“ kate­go­risch abzu­leh­nen, das an ganz bestimm­te Bedin­gun­gen geknüpft und ledig­lich in ganz „außer­or­dent­li­chen Situa­tio­nen“ zur Anwen­dung gelan­gen kön­ne, in der ein gemein­sa­mer Angst­schrei erklingt, der die Her­zen der Men­schen wach­rüt­teln und gleich­zei­tig auch das Herz Got­tes errei­chen sollte.

Papst Bene­dikt XVI. hat das Jahr 2011 zum Jahr der Reli­gi­ons­frei­heit aus­ge­ru­fen. „Offen­sicht­lich ist er der Ansicht, daß die Mensch­heit einen so schwie­ri­gen Augen­blick durch­lebt, daß die­ser auch die Risi­ken eines Assi­si 3 recht­fer­tigt“, so der Vati­ka­nist Andrea Tornielli.

Text: Vati­can Insider/​Giuseppe Nardi
Bild: la vigna del signore

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