(Vatikan) Der Vatikan muß demnächst über die Zukunft der gottgeweihten Mitglieder von Regnum Christi entscheiden. Die katholische Laienbewegung wurde von Marcial Maciel Degollado gegründet, der auch Gründer des Ordens der Legionäre Christi ist.
Der Heilige Stuhl erwartet noch vor Monatsende einen detaillierten Bericht über die interne Situation dieses Zweiges von Maciels Hinterlassenschaft. Den Bericht erstellt der Spanier Msgr. Ricardo Blazquez, Erzbischof von Valladolid.
In den vergangenen Monaten bereiste er die sieben Territorien, in denen die mehr als 1000 gottgeweihten Mitglieder der Bewegung leben. Es handelt sich um rund 950 Frauen und etwa 100 Männer. Erzbischof Blazquez sprach mit Hunderten von Personen vor allem in den USA und Lateinamerika, aber auch in Europa. Seinen Abschlußbericht wird er dem päpstlichen Delegaten für die Erneuerung der „Legion“ und des „Reichs“, Kardinal Velasio De Paolis übergeben.
Der Kardinal wurde nach Bekanntwerden des Fehlverhaltens des Ordensgründers von Papst Benedikt XVI. zum kommissarischen Leiter von Orden und Bewegung eingesetzt. Seine Aufgabe ist es, zu prüfen, ob es die Voraussetzungen für einen einen Neuanfang für die Gemeinschaften gibt und diesen dann durchzuführen.
Da Maciel 1959 die Laienbewegung als Anhängsel des Ordens schuf, geriet auch sie in den Strudel um das skandalöse Verhalten des Gründers, der beide Gemeinschaften schädigte. Maciel ließ sich intern „Unser Vater“ nennen und führte auch das Regnum Christi mit eiserner Hand. Nach Bekanntwerden sexuellen Mißbrauchs an Minderjährigen und Vaterschaft mehrerer Kinder mit verschiedenen Geliebten verlangte der Vatikan den Rückzug von Marcial Maciel, dem ein Leben des Gebets und der Buße in Zurückgezogenheit auferlegt wurde, und dehnte die Visitation später auch auf die Laienbewegung aus.
Erzbischof Blazquez teilte in einem Schreiben vom November 2010 den gottgeweihten Mitgliedern des „Regnum“ seinen Auftrag mit, forderte sie zur Mitarbeit auf, machte ihnen aber inmitten der Wirren Mut, diese Zeit als „Zeit der Vorsehung Gottes“ zu betrachten und in „Gebet, Nachdenken, Buße und Umkehr“ zu verbringen.
Eine besondere Herausforderung für das Regnum Christi und den Zweig der gottgeweihten Mitglieder ist die künftige Freiheit, da die Gemeinschaft immer in streng hierarchischer Form gelenkt wurde und direkt dem Gründer der Legionäre Christi unterstellt war. Das täglichen Leben war bis ins kleinste Details durch Satzungen geregelt, die mehr als 1000 Artikel umfaßten. Erst 2009 wurde bekannt, daß die vom Heiligen Stuhl approbierten Statuten lediglich 123 Artikel haben. Seither gelten die „vatikanischen“ Satzungen, während die bis dahin nach innen durchgesetzten, als „erweiterte Fassung“ bezeichnet werden. Die unsichere Zukunft, welche die vom Vatikan nun verlangte Freiheit mit sich bringt, stellt die Gemeinschaft als solche und vor allem die einzelnen Mitglieder vor große Probleme.
Die Mexikanerin Nelly Ramirez Mota Velasco, ein ehemaliges Mitglied des gottgeweihten Zweigs, veröffentlichte vor kurzem das Buch „Das Reich von Marcial Maciel“, in dem sie harte Kritik an Maciels „System“ bei der Führung der von ihm gegründeten Gemeinschaften übt.
Kardinal De Paolis, derzeit übergangsweise vom Papst eingesetzter De-facto-Generaloberer der Gemeinschaften, verfolgt eine zweifache Linie in Zusammenarbeit mit dem Generaldirektor der Legionäre Christi und von Regnum Christi, Pater àlvaro Corcuera: Einerseits eine bedingungslose Trennung von Maciel als Bezugspunkt von Orden und Laienbewegung und dessen „System“. Diese „Purifikation soll einen Neuanfang möglich machen. Denn gleichzeitig zielt der Kardinal mit wohlwollendet Sympathie für die vielen Priester und Seminaristen der Legionäre Christi und für die noch weit größere Zahl der Laien des Regnum Christi, darauf ab, den Gemeinschaften nach den Irritationen ein geordnetes, eigenständiges Dasein in der Kirche zu ermöglichen.
Text: Vatican Insider/Giuseppe Nardi
Bild: Vatican Insider