Liebe Brüder und Schwestern!
In der Reihe der Katechesen über große Gestalten des Gebetes möchte ich heute über den Propheten Elija sprechen. Er lebte im 9. Jahrhundert v. Chr. im Nordreich Israel, das sich vom Haus David im Südreich Juda abgespalten hatte. Die Bevölkerung hatte den jüdischen Glauben mit Elementen der heidnischen Religion ihrer Umgebung vermischt. Es war die alte Versuchung, sich Götter nach den eigenen Bedürfnissen zu schaffen, die vermeintlich Fruchtbarkeit und Wohlstand gaben, wenn man nur entsprechend dafür opferte. Elija wurde von Gott berufen, das Volk zur Umkehr zu führen. Der Name »Elija« – »Der Herr ist mein Gott« – zeigt das an, wofür dieser Prophet lebte: dem Volk die Augen zu öffnen, daß der Herr der einzige Gott ist. Dazu versammelte er das Volk auf dem Berg Karmel, wo er die Priester der Baalsgötzen herausforderte, um zu zeigen, welcher Gott nun wirklich Gebete erhört. Dabei wurden auch die grundverschiedenen Weisen zu beten sichtbar. Die Baalspropheten schrieen, tanzten ekstatisch und ritzten sich das Fleisch auf. In ihrer Selbstbezogenheit versuchten sie die Götter zu einer Antwort zu zwingen. Es gelang ihnen nicht, sich auf das Größere hin zu öffnen, wodurch erst Hingabe möglich wird. Ganz anders Elija: Er lädt das Volk ein, sich zu nähern, Gemeinschaft mit ihm zu haben, an seinem Gebet teilzunehmen. Er errichtet einen Altar aus zwölf Steinen, der Zahl der Stämme Israels entsprechend, so daß Israel gleichsam selbst Altar und Gebet ist. In seinem Gebet spricht er den »Gott Israels« mit Namen an. Damit erinnert er einerseits Gott an seine Treue: daß er sich auch an Israel gebunden hat; aber er erinnert auch das Volk an seine Treue, daß es zu diesem Gott gehört und daß es ihn als den einzigen Gott erkennt und nicht von irgendwoher sich Heil erwartet. Gott erhört das Gebet des Propheten und nimmt das Opfer im Feuer auf. Das Volk erkennt, wer wirklich sein Gott ist, der sich in seiner Güte offenbart und auf die Antwort seiner Geschöpfe in Liebe und Treue wartet. Und so wird uns Elija auch zu einem Vorbild für Christus, der für uns einsteht, für uns betet, der uns zeigt, wer wirklich Gott ist; der es uns gerade durch seine Liebe zeigt, die er bis zum Letzten lebt; und der uns damit auch zeigt, was Opfer heißt: sich von der Liebe erfüllen lassen, die uns umbrennt und erneuert und zugleich damit zu wirklich Lebenden macht. Gott wird nicht durch Zerstörung angebetet, sondern durch die Kraft der Liebe, die Leben ist und die freilich unser Leben umformt. So lädt uns Elija ein, in dieses Beten Christi hineinzutreten, uns von dem Feuer seiner Liebe anzünden zu lassen, uns formen zu lassen, neue Menschen zu werden und damit in der Welt Gott wieder sichtbar werden zu lassen.
Mit Freude grüße ich alle Gäste deutscher Sprache und heute besonders die vielen Jugendlichen, Ministranten und Schüler, die an dieser Audienz teilnehmen. Nehmen wir uns den großen Beter Elija zum Vorbild, damit auch wir für die Menschen beten und dabei, auch wenn wir nicht unmittelbar für unsere eigenen Interessen erhört werden, um so mehr auf Gottes Liebe und auf die wirkliche Antwort Gottes an die Menschheit vertrauen lernen. Die Friede des Herrn geleite euch auf allen euren Wegen!