Seit der ersten Legalisierung sind etwa neun Millionen Kinder getötet worden – Prof. Manfred Spieker im Interview


„Seit 30 Jah­ren schleicht die Kul­tur des Todes durch Deutsch­land. Sie gibt vor, Leben zu schüt­zen, die Men­schen­wür­de zu respek­tie­ren und die Selbst­be­stim­mung zu för­dern. In Wirk­lich­keit ist sie ange­tre­ten, Leben zu ver­nich­ten, die Men­schen­wür­de zu rela­ti­vie­ren und Unge­bo­re­ne sowie Ster­ben­de, die der Gesell­schaft zur Last fal­len, zu ent­sor­gen“, heißt es in der Ankün­dung zum Buch Der ver­leug­ne­te Rechts­staat. Anmer­kun­gen zur Kul­tur des Todes in Euro­pa. Für den Buch­Blog der Buch­hand­lung Falk beant­wor­te­te der Autor eini­ge Fra­gen. – Wir dan­ken für die freund­li­che Geneh­mi­gung zur Über­nah­me des Textes.

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Aus dem Mund „ver­le­ge­ner“ Abtrei­bungs­be­für­wor­ter hört man noch immer, Abtrei­bung dür­fe zwar nur „ulti­ma ratio“ sein, müs­se aber lega­li­siert blei­ben. Wel­che Bilanz zie­hen Sie nach bald 40 Jah­ren Abtrei­bungs­pra­xis? Sie haben das Aus­maß der Abtrei­bung errech­net und publik gemacht. Sie muß­ten dabei die offi­zi­el­len Zah­len erheb­lich nach oben kor­ri­gie­ren. Kön­nen Sie uns den aktu­el­len Stand nennen?

Jede Reform des Abtrei­bungs­straf­rechts seit 1974 pro­kla­mier­te das Ziel, die unge­bo­re­nen Kin­der bes­ser zu schüt­zen. Jede Reform hat­te jedoch das gegen­tei­li­ge Ergeb­nis. Jede locker­te das Abtrei­bungs­ver­bot mehr, so daß heu­te ein gro­ßer Teil der Gesell­schaft annimmt, es gäbe ein Recht auf Abtrei­bung. Seit der ersten Lega­li­sie­rung der Abtrei­bung 1974 (in Ost­deutsch­land schon 1972) sind etwa neun Mil­lio­nen Kin­der durch Abtrei­bung getö­tet wor­den. Nach den offi­zi­el­len Zah­len des Sta­ti­sti­schen Bun­des­am­tes sind es rund fünf Mil­lio­nen. Aber das Sta­ti­sti­sche Bun­des­amt warnt selbst immer wie­der, daß sei­ne Zah­len unvoll­stän­dig sind. Im Jahr 2004 erklär­te das zum Sta­ti­sti­schen Bun­des­amt gehö­ren­de Insti­tut für Bevöl­ke­rungs­for­schung, daß die offi­zi­el­len Zah­len nur etwa 60% der Abtrei­bun­gen erfassen.

Wie erklärt sich, daß in einem Land wie Deutsch­land, das nach den Erfah­run­gen mit der natio­nal­so­zia­li­sti­schen Dik­ta­tur für die Gefähr­dung des mensch­li­chen Lebens sen­si­bi­li­siert sein müß­te, die mil­lio­nen­fa­che Tötung akzep­tiert wird?

Man sieht das Kind nicht, das getö­tet wird, und die Tötung wird als medi­zi­ni­sche Dienst­lei­stung ver­hüllt, die von den Kran­ken­kas­sen sowie den Sozi­al­mi­ni­ste­ri­en der Län­der bezahlt wird. Die Kul­tur des Todes tut alles, um die mas­sen­haf­te Tötung hin­ter dem Selbst­be­stim­mungs­recht der Schwan­ge­ren zu verstecken.

Die demo­gra­phi­sche Ent­wick­lung, die im ver­gan­ge­nen Jahr­zehnt noch für Unru­he sorg­te, hat weit­rei­chen­de Fol­gen: War­um wird die Abtrei­bung als wich­ti­ge Ursa­che die­ser Ent­wick­lung von Gesell­schaft, Poli­tik und Medi­en ausgeklammert?

Wenn bei einer Abtrei­bung in der Regel min­de­stens drei Per­so­nen betei­ligt sind (Mut­ter, Vater und Arzt), muß man bei rund neun Mil­lio­nen Abtrei­bun­gen in 36 Jah­ren davon aus­ge­hen, daß in der Gesell­schaft in Deutsch­land rund 20 bis 25 Mil­lio­nen „Betrof­fe­ne“ leben, die über die­ses The­ma lie­ber den Man­tel des Schwei­gens legen. Vie­le mögen ihr Gewis­sen betäu­ben, aber voll­kom­men betäu­ben läßt es sich nur sel­ten. Also tabui­siert man das Thema.

Der Bun­des­ge­richts­hof hob das ange­nom­me­ne PID-Ver­bot aus den Angeln. Der Bun­des­tag muß nun eine Ent­schei­dung tref­fen. Eine Chan­ce für eine „Lebens“-Wende in Deutschland?

Ich fürch­te nein.

Vie­len Dank für die Beant­wor­tung unse­rer Fra­gen. Die Fra­gen stell­ten Giu­sep­pe Nar­di und Jens Falk.

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