Liebe Brüder und Schwestern!
In der heutigen Katechese setze ich die Reihe der Kirchenlehrer mit der Gestalt des heiligen Franz von Sales fort. Das 16. Jahrhundert, in dem Franz von Sales lebte, war auch in seinem Heimatland Frankreich eine Zeit heftiger Glaubenskämpfe zwischen Katholiken und Calvinisten. Franz von Sales wurde 1567 in eine adlige Familie in Savoyen geboren, erhielt eine hervorragende Ausbildung und ging dann zum Studium an die Pariser Universität. Hier erlebte er im Jahr 1586 eine tiefe Glaubenskrise, die durch die theologischen Auseinandersetzungen um die Prädestinationslehre ausgelöst wurde – Prädestination, das heißt, Gott setzt im voraus fest, ob jemand in den Himmel oder in die Hölle kommt. Der junge Franz von Sales hatte die Angst, für die Hölle bestimmt zu sein, und hat darum furchtbar gelitten. Er ist dann in seinen Selbstzweifeln, seiner Unsicherheit, in der Not, sich verdammt zu sehen, in die Pariser Kirche St. Etienne des Gres gegangen. Hier hat er eine Erleuchtung empfangen: Ich frage nicht mehr, was mit mir wird, ich liebe Gott einfach. Ich lasse die Angst weg, ich will nicht wissen, was er mir dann geben oder mit mir tun wird. Ich liebe ihn und überlasse mich ihm ohne Angst und Furcht. Nur die Liebe zu ihm soll mein Leben bestimmen. Nun war er frei und hat eine Spiritualität der Freiheit und der Liebe gelehrt. Er hat sich dann zum Priestertum entschlossen und wurde 1593 zum Priester geweiht, 1602 zum Bischof von Genf, mußte aber in Annecy seinen Sitz nehmen, weil Genf nicht zugänglich war. Mitten in seinem Dienst starb er bereits 1622 mit 55 Jahren in Lyon. Franz von Sales war ein fruchtbarer geistlicher Autor und Seelenführer. Seine beiden bekanntesten Schriften sind Philothea oder Einführung in das religiöse Leben, wo er zeigt, daß man in jedem Stand, in jedem Beruf ein Leben mit Gott führen kann. Natürlich muß, so sagt er, ein Kapuziner anders leben als ein Angestellter, als ein Pilot, als jemand, der in einem Gasthaus arbeitet, aber jeder kann mit Gott leben und auf seine Weise ein Heiliger sein. Heiligkeit hat viele Formen, sagt er uns, nicht eine Einförmigkeit, sie ist in allen Ständen des Lebens möglich. Überall kann ich inwendig bei Gott sein. Die zweite Schrift geht noch tiefer: Die Abhandlung über die Gottesliebe. Im ersten Werk geht es, wie schon gesagt, darum, wie jeder Christ dort, wo er lebt und arbeitet, sein Christsein verwirklichen kann. Darauf baut die zweite Schrift auf, in der der Autor uns einlädt, der Liebe Gottes zu uns Menschen mit unserer Liebe zu antworten und Sehnsucht nach ihm zu haben, die dann in der Ewigkeit ihre Vollendung findet.
Einen herzlichen Gruß richte ich an alle Gäste deutscher Sprache und heute ganz besonders natürlich an die Pilger aus Pentling. Insbesondere danke ich auch den Südtirolern für die schöne Musik. Wie der heilige Franz von Sales wollen wir uns der Hand Gottes anvertrauen und uns von seiner Liebe immer mehr prägen lassen. Der Herr segne euch alle.