(Saigon) Die Geschichte eines Vietnamesen, der 70 Kinder vor der Abtreibung rettete, hat etwas „Unglaubliches“ an sich. Doch was Raffaella Frullone in einem Bericht erzählt, ist die Geschichte eines gläubigen Christen, wie sie täglich geschrieben wird.
Tong Phuoc Phuc, ein 44 Jahre alter vietnamesischer Katholik, legte im Jahr 2001 ein Gelübde ab. Die Schwangerschaft seiner Frau gestaltete sich so kritisch, daß ihr Leben und das des Kindes in Gefahr waren. Der Ehemann bat Gott, daß das Kind gesund zur Welt komme und die Frau Schwangerschaft und Geburt überlebe. Dafür versprach er, anderen zu helfen.
Die Geburt fand ein glückliches Ende. Das Kind kam gesund zur Welt. Die Ehefrau bedurfte allerdings noch eines längeren Krankenhausaufenthalts, um sich von den Komplikationen zu erholen. In dieser Zeit, die Phuc an der Seite seiner Frau verbrachte, fiel ihm auf, daß offensichtlich schwangere Frauen das Krankenhaus betraten, aber ohne Bauch und ohne Kind wieder verließen. Als er verstand, daß die Frauen ihre ungeborenen Kinder im Krankenhaus töten ließen, war ihm klar, daß dies der Bereich sei, in dem er sein Gelübde zu erfüllen hatte. Sein ganzes Leben und das seiner Frau sollten sich dadurch völlig verändern.
Phuc lebte mit seiner Familie in der Hafenstadt Nha Trang, wo er als Maurer arbeitete. Mit seinem bisher Ersparten und dem, was er ab diesem Zeitpunkt zusammensparte, kaufte er am Stadtrand ein kleines Grundstück. In den Krankenhäusern und Kliniken begann er, die abgetriebenen Föten einzusammeln. Teilweise holte er sie aus den Mülltonnen in den Hinterhöfen und begrub sie auf dem Grundstück, wo er für sie betete.
Anfangs hielten ihn die Ärzte und Krankenpfleger für verrückt. Auch seine Frau war erstaunt, vor allem weil ihr Mann sparte, um einen Friedhof für abgetriebene Kinder zu errichten. Doch Phuc war entschlossen, seine Idee umzusetzen und klopfte unverdrossen an die Türen der Krankenhäuser. Bisher fanden auf diese Weise mehr als 9000 getötete Kinder ihre letzte Ruhestätte.
In Vietnam ist die Tötung ungeborener Kinder durch Abtreibung sehr verbreitet. Das Land stieg 2010 zur zweifelhaften Ehre auf, zu den zehn Staaten zu gehören, in denen bezogen auf die Bevölkerung die meisten Abtreibungen stattfinden. Das blutige Vorgehen betrifft vor allem junge Mädchen unter 19 Jahren. 2006 wurden allein im Krankenhaus von Ho Chi Min-Stadt 114.000 Abtreibungen durchgeführt. Das sind wesentlich mehr als in der Stadt Kinder lebend geboren wurden. Neben der Armut führen vor allem zwei kulturelle Aspekte zu den hohen Abtreibungsraten. Bei jungen Mädchen ist der Druck der Familien ausschlaggebend. Wird ein Mädchen außerehelich schwanger, wird sie in der Regel aus der Familie ausgeschlossen oder ihr das Kind weggenommen. Bei Ehefrauen ist es der Druck der Ehemänner, die zur Abtreibung der weiblichen Föten zwingen, um einen männlichen Erben zu bekommen.
Phuc ging daher gemeinsam mit seiner Frau einen Schritt weiter. Sie öffneten die Tür ihres Hauses und nahmen schwangere Frauen in Not auf. Der Maurer garantiert ihnen ein Dach über dem Kopf und das Essen bis zur Geburt und danach für beide, bis die Mutter ausreichend bei Kräften ist. Danach noch für das Kind, bis die Mutter selbst dafür sorgen kann. Bisher konnte das Ehepaar Puch damit das Leben von mehr als 70 Kindern retten und ebenso viele Frauen vor der Tragödie einer Abtreibung bewahren. Die Frauen erreicht er, indem er sie vor den Krankenhäusern anspricht, wenn sie auf dem Weg zur Abtreibung sind.
„Manchmal leben bis zu zehn und mehr Frauen mit ihren Kindern hier mit uns. Wenn alle Betten, die wir aufgestellt haben, belegt sind, schlafen wir auf dem Boden. Das ist nicht gerade leicht für die Frauen, doch sie tun es dann für ihr Kind, das bald geboren wird oder das gerade zur Welt gekommen ist. Das läßt Frauen Großes tun und sie tun es mit Optimismus“, sagte Phuc. Er versuche, den anderen nur jene Freude zu schenken, die auch ihm geschenkt wurde. Möglich ist dies auch durch Spenden, die er von anderen erhält, die von seiner Aktion gehört haben und das Ehepaar dabei unterstützen wollen.
Auf dem Friedhof für die abgetriebenen Kinder errichtete Phuc eine Marienstatue. Jeden Morgen pflegt er das Grundstück wie einen wunderschönen Garten und betet dort für die getöteten Ungeborenen. Dann macht er sich auf den Weg, um vor den Krankenhäusern abtreibungsentschlossene Frauen anzusprechen oder getötete Kinder einzusammeln, die er dann auf dem Friedhof bestattet. Alles begann vor zehn Jahren durch ein Gelübde.
(BQ/Giuseppe Nardi, Bild: BQ)