Liebe Brüder und Schwestern!
Heute möchte ich über den heiligen Robert Bellarmin sprechen, der in der Zeit der schmerzlichen Spaltung der abendländischen Christenheit gelebt und gewirkt hat. Robert Bellarmin wurde 1542 in Montepulciano in der Toskana geboren. 1560 trat er in die Gesellschaft Jesu ein und wurde Professor für Apologetik am Collegium Romanum. Kurz nach dem Abschluß des Konzils von Trient trugen seine Vorlesungen, die in den vier Bänden der Kontroversen veröffentlicht wurden, wesentlich dazu bei, daß die Identität der katholischen Kirche neu gestärkt und gefestigt wurde. Durch Vernunftargumente, durch Verweis auf die Tradition der Kirche und unter Vermeidung jeder Polemik gegenüber den Ideen der Reformation legte Bellarmin die katholische Lehre dar. Die Kontroversen beschreiben vor dem Hintergrund jener Probleme von damals die Gestalt der Kirche: Er betont sehr stark ihren sichtbaren Aspekt als Institution, aber auch ihre unsichtbare, innere Seite und vergleicht das Verhältnis von Institution und Inwendigkeit der Kirche mit dem Verhältnis der Seele zum Leib – die inneren Reichtümer der Kirche werden durch ihre äußere Gestalt sichtbar gemacht. Robert Bellarmin hatte als päpstlicher Theologe und später als Kardinal, als Mitglied verschiedener Kongregationen und als Gesandter des Apostolischen Stuhles hohe Aufgaben in der Kirche inne. Aber das Eigentliche seines Lebens war doch immer, daß er nach Christus, nach der Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott suchte, heilig zu sein suchte. Aus seiner Treue und seiner pastoralen Liebe sind Hunderte von Predigten und pastoralen Vorträgen entstanden, in denen er als geistlicher Sohn des heiligen Ignatius die Hörer zum Wesentlichen hinführte: zur Ausrichtung der ganzen Kräfte der Seele auf Jesus Christus. Ihn zu erkennen, zu lieben und nachzuahmen ist sein Ziel. Als sichere Richtschnur für ein gutes Leben und Sterben riet er, oft und ernsthaft daran zu denken, daß wir Gott über unser Leben Rechenschaft abzulegen haben; nicht Reichtümer auf Erden anzuhäufen, sondern daß wir durch Einfachheit und Liebe Reichtümer im Himmel schaffen sollten. Und so geht es ihm letztlich darum, ein Mensch zu sein, der sich von der Liebe Gottes umfangen und getragen weiß.
Von Herzen grüße ich alle deutschsprachigen Pilger, heute besonders Bischof Ludwig Schwarz mit den Dechanten aus der Diözese Linz. Die Heiligen sind Menschen, die ein ganz normales Leben, ein anspruchsvolles Berufsleben wie der heilige Bellarmin gelebt haben, aber darin inwendig bei Gott geblieben sind und von daher auch das Berufliche besser bewältigt haben. So sollten wir vom heiligen Robert Bellarmin dies lernen: den inneren Kontakt mit Gott, mit Christus zu halten und so von ihm langsam geformt und erleuchtet zu werden. Er sagt ausdrücklich: Jede Reform der Kirche beginnt mit der Reform meiner selbst. Nur wenn ich mich reformieren lasse, trage ich auch wirklich zur Erneuerung der Kirche bei. Der Herr schenke uns allen dazu seine Gnaden.