Peking versucht, die „katholischen“ Karten in China neu zu mischen


(Rom) Es häu­fen sich die Stim­men, daß „vor Jah­res­en­de“ auf Anord­nung der Regie­rung der Volks­re­pu­blik Chi­na die 8. Ver­samm­lung der Katho­li­ken Chi­nas statt­fin­den soll. Die­se wird seit Jah­ren durch den Wider­stand zahl­rei­cher „offi­zi­el­ler“, aber mit Rom ver­bun­de­ner Bischö­fe ver­hin­dert. Vor weni­gen Mona­ten ersuch­te der Vati­kan alle in Ein­heit mit dem Papst ste­hen­den Bischö­fe, jede Mit­wir­kung an der „Ver­samm­lung“ zu ver­mei­den. Papst Bene­dikt XVI. bezeich­ne­te 2007 in sei­nem Schrei­ben an die chi­ne­si­schen Katho­li­ken die Ver­samm­lung der Katho­li­ken Chi­nas und deren Grund­sät­ze als „unver­ein­bar mit dem katho­li­schen Glauben“.

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Asia­news zitiert Quel­len in der Haupt­stadt Peking, die „besorgt“ sei­en über „neue Span­nun­gen zwi­schen Regie­rung und Katho­li­ken“, soll­te die „Ver­samm­lung“ ein­be­ru­fen werden.

Tagt regime­treue „Ver­samm­lung der chi­ne­si­schen Katho­li­ken“ noch in die­sem Jahr?

Die „Ver­samm­lung der chi­ne­si­schen Katho­li­ken“ ist eine Regie­rungs­or­ga­ni­sa­ti­on, die vom kom­mu­ni­sti­schen Regime als höch­ste Ent­schei­dungs­in­stanz der Katho­li­ken Chi­nas errich­tet wur­de. Sie soll, gemein­sam mit der Patrio­ti­schen Ver­ei­ni­gung, die Kon­trol­le über die Katho­li­ken des Lan­des für das Regime sicher­stel­len. In ihren Sta­tu­ten wird sie als „sou­ve­rä­ner“ und „demo­kra­ti­scher Orga­nis­mus“ bezeich­net. Eine Art Kir­chen-Par­la­ment, in dem die Bischö­fe in der Min­der­heit sind. Die Mehr­heit bil­den die Pro­vinz­se­kre­tä­re und ande­re regime­treue Funk­tio­nä­re der Katho­lisch-Patrio­ti­schen Ver­ei­ni­gung (AP). Die Ver­ei­ni­gung wur­de 1957 von der kom­mu­ni­sti­schen Par­tei als regime­treue, von Rom „unab­hän­gi­ge“ Natio­nal­kir­che ein­ge­setzt. Seit­her leben die rom­treu­en Katho­li­ken im Untergrund.

Die Patrio­ti­sche Ver­ei­ni­gung ver­sucht seit Jah­ren, die Ver­samm­lung der Katho­li­ken Chi­nas ein­zu­be­ru­fen, um sowohl für sich einen neu­en Vor­sit­zen­den zu wäh­len, als auch einen neu­en Vor­sit­zen­den des Rats der chi­ne­si­schen Bischö­fe (einer Art regim­treu­er Bischofs­kon­fe­renz). Bei­de Posi­tio­nen sind seit Jah­ren unbe­setzt. Der 1998 zum AP-Vor­sit­zen­den gewähl­te „patrio­ti­sche“ Bischof Micha­el Fu Ties­han starb 2007. Der „patrio­ti­sche“ Bischof Joseph Liu Yuan­ren von Nan­king, 2004 zum Vor­sit­zen­den des Rats der chi­ne­si­schen Bischö­fe gewählt, starb bereits 2005.

Seit­her wur­de die Ein­be­ru­fung immer wie­der ver­scho­ben. Offi­zi­ell hieß es 2008 wegen des Erd­be­bens und der Olym­pi­schen Som­mer­spie­le, 2009 wegen der Fei­ern zur 60. Grün­dung der Volks­re­pu­blik, 2010 wegen der Expo in Shang­hai. Die wah­ren Hin­ter­grün­de waren ganz ande­re: die Patrio­ti­sche Ver­ei­ni­gung konn­te nicht sicher sein, daß Ma Ying­lin, „patrio­ti­scher“ Bischof von Kum­ming und Wunsch­kan­di­dat der AP, zum Vor­sit­zen­den gewählt wür­de. Noch ent­schei­den­der war jedoch, daß zahl­rei­che vom Regime, aber auch von Rom aner­kann­te Bischö­fe, seit dem Brief des Pap­stes von 2007 nicht an der „Ver­samm­lung“ teil­neh­men wol­len, da sie vom Papst als mit dem Glau­ben „unver­ein­bar“ erklärt wur­de. Die AP muß­te allein schon wegen einer demon­stra­tiv gerin­gen Betei­li­gung einen Miß­er­folg fürchten.

Soll neue Spal­tung unter Bischö­fen erzwun­gen werden?

Nun aber schei­nen sich die Ereig­nis­se zu über­schla­gen, seit die Regie­rung in Peking, des War­tens über­drüs­sig, die Ein­be­ru­fung der Ver­samm­lung „vor Jah­res­en­de“ ange­ord­net habe. Laut Asia­news sei die AP sogar bereit, auf die allei­ni­ge Kan­di­da­tur von Ma Ying­lin zu ver­zich­ten, um die Kon­trol­le über die Bischö­fe zu behal­ten und das Ein­be­ru­fungs­recht für die Ver­samm­lung zu behaup­ten. Als zusätz­li­che Kan­di­da­ten sei­en Msgr. Li Shan, Erz­bi­schof von Peking, und Msgr. John Fang Xin­yao, Bischof von Linyi, im Gespräch. Bei­de Bischö­fe befin­den sich in Ein­heit mit dem Papst, gel­ten aber als schwach gegen­über der Regierung.

Um die Ver­samm­lung durch­füh­ren zu kön­nen, habe die AP sogar Aus­lands­rei­se für die noch ver­blie­be­nen, von Rom nicht aner­kann­ten Bischö­fe geplant. Damit sol­len sie von der Teil­nah­me fern­ge­hal­ten wer­den, die die mit Rom ver­bun­de­nen Bischö­fe irri­tie­ren und gegen­über Rom in Ver­le­gen­heit brin­gen würde.

Erst vor weni­gen Mona­ten for­der­te die vati­ka­ni­sche Chi­na-Kom­mis­si­on die mit dem Papst ver­bun­de­nen Bischö­fe auf, kei­ne Schrit­te zu set­zen, die die­ser Ver­bun­den­heit wider­spre­chen wür­den. Dazu gehö­ren zum Bei­spiel die Teil­nah­me an von Rom nicht aner­kann­ten Bischofs­wei­hen, die Teil­nah­me an Ver­samm­lun­gen der von Rom abge­lehn­ten regime­treu­en Orga­ni­sa­tio­nen oder die Anwe­sen­heit bei Got­tes­dien­sten, die von Rom abge­fal­le­nen Prie­ster oder Bischö­fen zele­briert wer­den oder gar die Kon­ze­le­bra­ti­on mit diesen.

„Vater­land und Kir­che“ statt „Kir­che und Papst“

Die vati­ka­ni­schen Anwei­sun­gen brach­ten eini­ge Bischö­fe in Ver­le­gen­heit, die sowohl die inne­re Treue zum Papst als auch die schein­ba­re Treue zur Patrio­ti­schen Ver­ei­ni­gung pfle­gen. Sie bekla­gen, daß man sie dadurch beschul­di­gen könn­te, „unpa­trio­tisch“ zu sein. Dem Mot­to der Katho­li­ken: Die Kir­che lie­ben, den Papst lie­ben, setz­te die AP die Paro­le: „Aiguo, aijiao“ (Das Vater­land lie­ben, die Kir­che lie­ben), um die rom­treu­en Katho­li­ken dem Vor­wurf aus­zu­set­zen, das Vater­land zu hassen.

Die Chi­na-Kom­mis­si­on des Hei­li­gen Stuhls soll die For­de­rung, nicht an der Ver­samm­lung der chi­ne­si­schen Katho­li­ken teil­zu­neh­men, am 27. Okto­ber erneut bekräf­tigt haben. Eini­ge Bischö­fe fürch­ten bei Nicht­teil­nah­me die Rache der AP, die ihrer pasto­ra­len Arbeit scha­den könn­te, aber auch ihrer Karriere.

Durch die Absicht der AP unter dem Druck der Regie­rung doch die Ver­samm­lung ein­zu­be­ru­fen, droht neue Brü­che unter den mit Rom ver­bun­de­nen Bischö­fen zu erzeu­gen. Zwi­schen jenen, die den Vor­ga­ben Roms gehor­sam nicht an der Ver­samm­lung teil­neh­men und jenen, die dem Druck des Regimes nachgeben.

(Asianews/​Giuseppe Nar­di, Bild: Asianews)

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