Wenn Kirche zur „priesterfreien Zone“ wird mit „kollektivem“ statt lateinischem Ritus


(Brüs­sel) Vor etwas weni­ger als einem Jahr berief Papst Bene­dikt XVI. Bischof Andrà¨-Joseph Léo­nard zum Erz­bi­schof von Mali­nes-Brüs­sel und damit zum Pri­mas der Kir­che in Bel­gi­en. Seit­her „geschah alles mög­li­che und unmög­li­che“, wie der Vati­ka­nist Pao­lo Roda­ri anmerk­te. Die katho­li­sche Kir­che mach­te sich beim rei­ni­gen­den Pädo­phi­lie-Skan­dal die „tota­le Trans­pa­renz“ zu eigen. Zumin­dest das hör­ba­re Bel­gi­en applau­dier­te der Poli­zei, als die­se in einer erbärm­li­chen Dan-Brown-Imi­ta­ti­on die Grä­ber der Kar­di­nä­le Jozef-Ernest van Roey und Léon-Joseph Sue­n­ens schän­de­te. Löwen, die älte­ste katho­li­sche Uni­ver­si­tät Euro­pas, bean­trag­te offi­zi­ell, sich nicht mehr „katho­lisch“ zu nen­nen, in der Über­zeu­gung, daß es sich heu­te etwas lai­zi­sti­scher bes­ser exi­stie­ren las­se. In die­sen Tagen schließ­lich berich­te­ten die Medi­en bis hin zur New York Times über Buin­zin­gen, einen Ort süd­lich von Brüs­sel. Dort wur­de eine Bewe­gung gegrün­det, die sich als Alter­na­ti­ve zur katho­li­schen Kir­che ver­steht und in der die Hei­li­ge Mes­se nicht ein Prie­ster zele­briert, son­dern ein Laie spielt.

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Nach dem Tod des Pfar­rers, fand sich für die Don-Bos­co-Pfar­rei kein Prie­ster mehr. So beschloß Wil­ly Del­saert, ein pen­sio­nier­ter Eisen­bah­ner, sei­ne eige­ne „katho­li­sche“ Bewe­gung zu grün­den, in der die Gläu­bi­gen sel­ber „Mes­se fei­ern“ und zwar ganz ohne Prie­ster.  Die gan­ze Sache läuft nach einem recht ein­fach gestrick­ten Dreh­buch ab: Die Gläu­bi­gen ver­sam­meln sich rund um einen gro­ßen Tisch und fei­ern die „Mes­se“ nicht nach dem latei­ni­schen, son­dern nach einem „kol­lek­ti­ven Ritus“, der weder Hier­ar­chien noch irgend­wel­che festen Bestand­tei­le kennt, dafür aber die „tota­le Impro­vi­sa­ti­on“. „Wer die­ses Brot nimmt und ißt“, erklär­te Del­saert elo­quent mit einem Stück Brot in der Hand, „bekun­det damit sei­nen Wunsch nach einer neu­en Welt.“

Mit sol­chen Wor­ten wür­den – laut New York Times – Del­saert und sei­ne „Pfarr­kin­der“ die „seit Jahr­hun­der­ten“ von der katho­li­schen Kir­che ver­tre­te­ne Glau­bens­leh­re mit einer „prie­ster­lo­sen“  Idee herausfordern.

Neben Buin­zin­gen soll es wei­te­re ähn­li­che katho­li­sche Kir­chen ohne Prie­ster geben, die in den ver­gan­ge­nen zwei Jah­ren in den Nie­der­lan­den und in Flan­dern auf­tauch­ten. Die New York Times bezeich­ne­te eine „Kom­bi­na­ti­on von Fak­to­ren“ als Ursa­che des Phä­no­mens und nann­te bekann­te libe­ra­le Posi­tio­nen: „Prie­ster­man­gel, Unzu­frie­den­heit mit dem Vati­kan über die Ernen­nung eines kon­ser­va­ti­ven Bischofs [gemeint ist Erz­bi­schof Léo­nard von Brüs­sel] und neu­er­dings das Unbe­ha­gen über Ver­su­che, sexu­el­le Miß­brauchs­fäl­le von Prie­stern zu vertuschen.“

Als Papst Bene­dikt XVI. Bischof Léo­nard an die Spit­ze der Kir­che in Bel­gi­en berief, tat er dies gera­de, um die­ser Art von Phä­no­men ent­ge­gen­zu­wir­ken. Die ein­zi­ge Diö­ze­se ganz Bel­gi­ens, in der die Zahl der Semi­na­ri­sten zunahm, war jene von Namur, die von Léo­nard geführt wur­de. Kei­nes­wegs nur dies qua­li­fi­zier­te ihn dafür, die Füh­rung in der manch­mal ori­en­tie­rungs­los schei­nen­den bel­gi­schen Kir­che über­neh­men zu können.
Es ist kein Zufall, daß die Idee einer „prie­ster­frei­en“ Kir­che ohne Prie­ster und Hier­ar­chie gera­de in Bel­gi­en Anhän­ger fin­det. Seit dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil pro­pa­gier­ten dort selbst füh­ren­de Kir­chen­ver­tre­ter eine „in der Moder­ne auf­ge­hen­de“ Kir­che, so zum Bei­spiel der domi­ni­ka­ni­sche Theo­lo­ge Edward Schillebeeckx.

Schil­le­be­eckx war es, der ver­schie­de­ne jün­ge­re Theo­lo­gen sei­ner Zeit in die Nou­vel­le Théo­lo­gie ein­führ­te. In den 60er Jah­ren beein­fluß­te er maß­geb­lich den „Neu­en hol­län­di­schen Kate­chis­mus“, in dem katho­li­sche Ein­deu­tig­keit einer dif­fu­sen Mehr­deu­tig­keit Platz mach­te zu The­men wie Sün­de, Auf­er­ste­hung, Eucha­ri­stie, Jung­fräu­lich­keit Mari­ens oder Auf­ga­be der Kir­che und des Papstes.

(Palaz­zo Apostolico/​Giuseppe Nar­di, Bild: Palaz­zo Apostolico)

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