(Havanna) Bereits in diesen Stunden wird mit ersten Hafterleichterungen für politische Gefangene auf Kuba gerechnet. Dies berichtete Radio Vatikan unter Berufung auf den Weihbischof von Havanna, Msgr. Juan de Dios Hernandez, und Orlando Marquez, den Pressesprecher von Kardinal Jaime Ortega, dem Erzbischof der kubanischen Hauptstadt.
Am Mittwoch der Vorwoche war es zu einer historischen Begegnung zwischen dem kubanischen Staatspräsidenten Raul Castro und Kardinal Ortega gekommen. Erstmals seit der kubanischen Revolution 1959 traf sich der politische Kopf des kommunistischen Regimes mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche zu Gesprächen über die Zukunft des Landes.
Kardinal Ortega, der zur wichtigsten Führungsfigur bei der Transformation der Karibikinsel von einem diktatorischen Regime zu einer Demokratie geworden ist, forderte bei dem Treffen unter großer öffentlicher Resonanz die Freilassung aller politischer Gefangenen der Insel.
Die Bereitschaft des Regimes, umgehend auf die Forderung einzugehen, sei dem Kardinal durch Caridad Diego, der Leiterin des Büros für religiöse Angelegenheiten der Kommunistischen Partei Kubas mitgeteilt worden, die persönlich am Treffen zwischen Präsident Castro und Kardinal Ortega anwesend war.
Das Regime plane die Verlegung einer ersten Gruppe politischer Gefangener in die Nähe ihrer Heimatorte und die Versorgung akuter Fälle in Krankenhäusern. Menschenrechtsorganisationen machten immer wieder darauf aufmerksam, daß der Gesundheitszustand vieler politischer Gefangener sehr schlecht bis lebensbedrohlich sei, da ihnen elementare medizinische Versorgung vorenthalten wird. Die erste Gruppe soll zwischen 18 und 26 Gefangene umfassen.
Bei dem vierstündigen Gespräch zwischen Kardinal Ortega und dem Erzbischof von Santiago de Cuba, Msgr. Dionisio Garcia mit dem kubanischen Staatspräsidenten wurden vor allem humanitäre Fragen besprochen. Wörtlich sagte Kardinal Ortega auf einer Pressekonferenz: „Es wurde ernsthaft über die Freilassung der politischen Gefangenen gesprochen, und nicht nur darüber.“ Die katholische Kirche auf Kuba und der Vatikan intervenierten seit Jahren zugunsten der Gefangenen aus Gewissensgründen sowie insgesamt zugunsten aller Gefangener wegen der Haftbedingungen.
Für die kubanische Gesellschaft rückte die Frage der politischen Gefangenen in den Mittelpunkt und gilt als Gradmesser für die Öffnung des Regimes.
Msgr. Hernandez besuchte am vergangenen Samstag den Journalisten und Dissidenten Guillermo Farinas, um ihm die bevorstehenden Hafterleichterungen mitzuteilen. Farinas befindet sich nach 71 Tagen Hungerstreik im Krankenhaus in prekärer gesundheitlicher Lage. Mit seinem Hungerstreik wollte er auf die lebensbedrohliche gesundheitliche Situation von mehreren politischen Gefangenen aufmerksam machen.
Vor ihm hatte bereits zu Jahresbeginn der Dissident Orlando Zapata die gleiche Forderung erhoben. Nach 86 Tagen Hungerstreik starb er im Februar dieses Jahres.
Kubas Staatspräsident Raul Castro habe Kardinal Ortega mit den Worten verabschiedet: „Wir müssen uns öfter sehen und den Weg fortsetzen“, wie der Erzbischof selbst der Presse mitteilte. „Nun habe eine neue Form des Dialogs“ mit der Regierung begonnen, die „die Vermittlerrolle der Kirche anerkannt hat“.
(ACI/GN, Bild: ACI)