Vom Gregorianischen Choral zum Priestertum – die Geschichte einer (indischen) Bekehrung


(Mum­bai) Mit sei­nen mehr als zwei Metern Kör­per­grö­ße kann er die Welt „von oben“ betrach­ten. Der jun­ge Inder bekehr­te sich zum katho­li­schen Glau­ben, nach­dem er vom Gre­go­ria­ni­schen Cho­ral „gefes­selt“ wor­den war. Der Cho­ral weck­te ihn ihm die Sehn­sucht nach der Schön­heit, die ihn zur Suche nach der Wahr­heit führte.

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Gaurav Shroff kam am 30. Dezem­ber 1972 in Neu Delhi im Kran­ken­haus zur Hei­li­gen Fami­lie zur Welt. „Oft scher­ze ich mit mei­nen Eltern und sage ihnen, daß mei­ne Geburt im Kran­ken­haus Hei­li­ge Fami­lie mei­nen Lebens­weg schon vor­ge­zeich­net hat.“  Sei­ne frü­he Kind­heit ver­brach­te der jun­ge Hin­du in einem Nobel­vier­tel der ame­ri­ka­ni­schen Haupt­stadt Washing­ton, wo sein Vater für die Welt­bank arbei­te­te. Mit sechs Jah­ren kehr­te die Fami­lie nach Indi­en zurück, wo er eine von Jesui­ten gelei­te­te und wegen ihres guten Rufs bekann­te Schu­le besuch­te. Dort sang er erst­mals im Chor. Vom Chri­sten­tum wuß­te er aller­dings noch wenig. Nur soviel, daß die Chri­sten an der Schu­le ein schlech­tes Guja­ra­ti oder Hin­di spra­chen und ihre Toten beer­di­gen und nicht ver­bren­nen. Das Weni­ge aber mach­te ihn schon neugierig.

Aus brah­ma­ni­schem Haus stam­mend fas­zi­nier­te den jun­gen Hin­du die Schön­heit der Kir­chen­mu­sik, mit der er an der St. Xavier Schu­le in Mum­bai in Berüh­rung kam. Am 15. August, dem Fest Maria Him­mel­fahrt, an dem in Indi­en auch der Unab­hän­gig­keit des Lan­des gedacht wird, ver­spür­te er wäh­rend der Hei­li­gen Mes­se, der er bei­wohn­te „die Gewiß­heit der Nähe Got­tes. Der Gre­go­ria­ni­sche Cho­ral erhob mei­nen Geist und ließ in mir ein Stau­nen über die Herr­lich­keit des Hei­li­gen ent­ste­hen“. Es sei dann eine ganz logi­sche Fol­ge gewe­sen, daß ihn die ästhe­ti­sche Schön­heit zu jener der eucha­ri­sti­schen Schön­heit führ­te, erzählt Gaurav.

So begann der 18-Jäh­ri­ge aus der obe­ren Kaste, der klas­si­sche Musik stu­dier­te, das pri­va­te Stu­di­um der Kir­chen­ge­schich­te, zunächst vor allem „um zu ver­ste­hen“, was die gro­ßen Musi­ker und Kom­po­ni­sten zu ihren „groß­ar­ti­gen Wer­ken zur Ehre Got­tes inspi­riert“ hat­te und was sie bewog, „ihre Kunst in den Dienst der Lit­ur­gie zu stellen“.

Allein in sei­ner Frei­zeit stu­dier­te er Latein, um die Spra­che des alten Mis­sa­le und die Gre­go­ria­ni­schen Gesän­ge zu verstehen.

Auf die­se Wei­se fas­zi­niert, woll­te er unbe­dingt an der Christ­met­te teil­neh­men. Sei­ne christ­li­chen Stu­di­en­kol­le­gen luden ihn dar­auf ein, auch am Tri­du­um Pascha­lis teil­zu­neh­men „mit dem ein­zi­gen Hin­weis, daß ich nicht an der Hei­li­gen Kom­mu­ni­on teil­neh­men darf“.

1991 war es soweit. Gaurav nahm an der Grün­don­ners­tag­lit­ur­gie teil: „Nie­mand hat­te mich auf die Fuß­wa­schung vor­be­rei­tet. Ich beob­ach­te­te voll Stau­nen, wie der Erz­bi­schof sei­ne lit­ur­gi­schen Gewän­der ableg­te und sich hin­k­nie­te, um 12 Män­nern die Füße zu waschen. Ich hat­te in mei­nem gan­zen Leben nie einen ver­gleich­ba­ren  Akt der Ernied­ri­gung eines geist­li­chen Füh­rers gese­hen.“ Gaurav beginnt sich mit dem Wesen des Prie­ster­tums zu befas­sen, mit den Reli­gi­ons­füh­rern, die Dien­ste eines Die­ners ver­rich­ten. Das war für ein voll­kom­men neu­es Konzept.

Da sei­ne Stu­di­en­kol­le­gen ledig­lich gesagt hat­ten, er dür­fe nicht die Hei­li­ge Kom­mu­ni­on emp­fan­gen, stell­te er sich am Kar­frei­tag auch für die Kreuz­ver­eh­rung an. „Kaum hat­te ich mich nie­der­ge­kniet und das Kreuz geküßt, hör­te ich eine Stim­me in mei­nem Her­zen, die mir sag­te: ‘ Ich bin für Dich gestor­ben.‘ In die­sem Augen­blick brach ich in Trä­nen aus, obwohl ich noch nicht ein­mal die genaue Bedeu­tung ver­stan­den hat­te. „Nun war es nicht mehr eine Fra­ge der Musik: Ich woll­te wis­sen, wer Jesus ist.“

Gua­rav beginnt den Kate­chis­mus der katho­li­schen Kir­che zu stu­die­ren, die Hei­li­ge Schrift zu lesen und nimmt an den Sonn­tags­got­tes­dien­sten teil. 1993 nahm er an Ein­kehr­ta­gen der Jesui­ten teil. Wäh­rend der Anbe­tung vor dem Aller­hei­lig­sten ver­spür­te er wie­der jene inne­re Stim­me: „Ich spür­te die Anwe­sen­heit Got­tes, sei­ne uner­meß­li­che Lie­be für mich. In mei­nem Dun­kel, in dem ich noch war, wur­de ich von Ihm erleuch­tet. Mir war plötz­lich glas­klar, daß mein Leben Chri­stus gehör­te, um ihn ken­nen­zu­ler­nen, ihn zu lie­ben und ihm zu die­nen. Das ist mein Auf­trag und mei­ne Beru­fung. Ich wuß­te mich zum Prie­ster­tum berufen.“

Die Fol­ge waren zunächst lan­ge Dis­kus­sio­nen mit sei­ner Fami­lie und Ver­wand­ten über sei­ne Ent­schei­dung die Tau­fe emp­fan­gen und Katho­lik wer­den zu wol­len. Die Fami­lie stimm­te schließ­lich zu „unter der Bedin­gung, daß ich nicht die Bezie­hun­gen zu mei­ner Fami­lie abbre­chen und kei­nen gewalt­tä­ti­gen Pro­se­ly­tis­mus betrei­ben wür­de. Man kann sehen, daß man in mei­ner Fami­lie doch etwas besorgt war“, fügt Gaurav schmun­zelnd hinzu.

Am 15. August 1994, zu Maria Auf­nah­me in den Him­mel, dem Tag, an dem sei­ne Bekeh­rung begon­nen hat­te, wur­de Gaurav in der Peters­kir­che von Bandra getauft, umge­ben von sei­nen Freun­den, unter ihnen Chri­sten, Hin­dus und Moslems.

Zwei Wochen spä­ter mach­te er sich zum Stu­di­um auf den Weg in die Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka, wo er auf ein intel­lek­tu­el­les Kli­ma stieß, das allem Katho­li­schen mit star­kem Vor­be­halt begeg­ne­te. „Der Herr führ­te mich sicher auch durch die­se Zeit und bewahr­te mich im Glau­ben.“ Er absol­viert sein Uni­ver­si­täts­stu­di­um, wäh­rend er sei­ne Beru­fung stets vor Augen hält.

2006 tritt er in das Novi­zi­at der Pau­li­sten, einem ame­ri­ka­ni­schen Orden ein. 2007 folgt der Über­tritt in das Prie­ster­se­mi­nar der Erz­diö­ze­se Atlan­ta. „So Gott will, wer­de ich 2012 die Dia­ko­nats- und 2013 die Prie­ster­wei­he empfangen“.

„Der Ein­griff Got­tes am Fuß des Kreu­zes an jenem Kar­frei­tag hat wirk­lich mein gan­zes Leben ver­än­dert. Die Evan­ge­li­sie­rung drängt mich, in der Hoff­nung, daß ande­re durch die Gna­de Got­tes erleuch­tet wer­den, wie ich es wurde.“

„Durch mei­ne Beru­fung hof­fe ich, vor allem auch den Men­schen Indi­ens die Lie­be des gekreu­zig­ten Chri­stus ver­kün­den zu kön­nen, damit sie mit Jesus Chri­stus in Kon­takt tre­ten, ihn ken­nen­ler­nen, ihn, der die Quel­le mei­ner Lie­be und mei­ner Freu­de ist“, so der jun­ge indi­sche Seminarist.

(Asianews/​GN, Bild: Asianews)

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