(Turin) Vom 10. April bis 23. Mai 2010 wird das Turiner Grabtuch in der Kathedrale der Stadt öffentlich ausgestellt. Zu diesem Anlaß werden bis zu zwei Millionen Pilger und Besucher erwartet.
Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Grabtuch in einer Benediktinerabtei verborgen gehalten. Nach Kriegsende wurden Sicherheitsgründe dafür angegeben, um die kostbare Reliquie vor möglichen Schäden durch die alliierten Luftangriffe auf die Stadt zu schützen.
In das Leichentuch war der Überlieferung nach die Leiche Jesu nach seinem Kreuzestod eingefüllt und ins Grab gelegt worden war. Das Leichentuch wurde nach seiner Auferstehung von den Toten von den Jüngern im leeren Grab gefunden.
1939 wurde das Grabtuch heimlich aus der Turiner Kathedrale entfernt und in die Benediktinerabtei von Montevergine in Süditalien gebracht. Von dort kehrte sie nach Kriegsende 1946 wieder nach Turin zurück.
Der Benediktinerpater Andrea Cardin, Bibliothekar und Archivar der Abtei Montevergine, wo sich wichtige Dokumente befinden, wies nun darauf hin, daß es noch einen anderen Grund für den heimlichen Abtransport gab. Kirchenvertreter befürchteten, daß die Nationalsozialisten das Grabtuch in ihren Besitz bringen wollten.
Bereits 1938 seien kirchliche Kreise hellhörig geworden, als bei einem Italienbesuch Adolf Hitlers, reichsdeutsche Beamte ein ungewöhnliches Interesse am Grabtuch zeigten, viele Fragen dazu stellen und sich nach der Unterbringung erkundigten. So Pater Cardin in der italienischen Zeitschrift Diva e Donna.
Das nationalsozialistische Interesse habe sowohl den Vatikan als auch die italienische Königsfamilie beunruhigt, in deren Besitz sich damals das Grabtuch noch befand. Man wußte vom Interesse Hitlers für bestimmte Gegenstände, die mit dem Leben Jesu in Verbindung gebracht wurden, so der Heilige Gral oder die Heilige Lanze.
Das Königshaus der Savoyer habe gewünscht, daß der Vatikan während des Krieges das Leichentuch an sich nehme. Papst Pius XII. schien eine Unterbringung im Vatikan hingegen zu riskant. Unter größter Geheimhaltung sei auf seine Anordnung hin, das Grabtuch zunächst von Turin nach Rom und dann weiter in die Abtei von Montevergine in der Nähe von Avellino gebracht worden. Dort wurde der heilige Stoff unter dem Hauptaltar aufbewahrt
Während der Kämpfe 1943 in Süditalien durchsuchten deutsche Einheiten auch die Benediktinerabtei. Die Mönche hatten sich absichtlich zum Gebet dicht um den Altar versammelt. „Auf diese Weise wurde die heilige Reliquie nicht gefunden“, so Pater Cardin.
Das Grabtuch zeigt das Abbild eines gekreuzigten Mannes. Es wurde 1983 vom ehemaligen italienischen Königshaus dem Vatikan geschenkt.
(Diva e Donna/GN, Bild: donbosco-torino)