Liebe Brüder und Schwestern!
Wenn ich bei der heutigen Katechese über den heiligen Bonaventura spreche, so tue ich dies nicht ohne eine gewisse Nostalgie. Dieser Heilige ist mir im Studium und zu Beginn meiner wissenschaftlichen Tätigkeit ein hochgeschätztes Vorbild und ein Begleiter geworden, dem ich Wesentliches für meine geistliche Prägung verdanke. Bonaventura wurde um 1217 in Bagnoregio etwa 80 km nördlich von Rom geboren. Seine Lebenszeit fällt mitten in jenes 13. Jahrhundert, das sich durch eine große Blüte des Glaubens, des Wissens und der Kultur auszeichnete. Schon früh wurde Bonaventura, der mit weltlichem Namen Giovanni Fidanza hieß, von der Gestalt des heiligen Franz von Assisi, den er persönlich nicht mehr erlebt hat, berührt. Bonaventura berichtet, daß er als Kind schwer erkrankte. Keiner konnte ihm helfen. Da rief die Mutter in ihrer Not den gerade heiliggesprochenen Franziskus zu Hilfe, und der Knabe wurde wieder gesund. Bei seinem Studium in Paris begegnete Bonaventura dann den Franziskanerbrüdern, die auch als Professoren an der Universität wirkten. Er war von ihrem Glaubenseifer und ihrer Bedürfnislosigkeit so fasziniert, daß er selbst in diesen Orden eintrat. Er hatte im Laufe seines Lebens hohe Ämter inne, er wurde selbst Professor in Paris, dann Generalminister seines Ordens und schließlich Kardinal. Bei allem blieb er dem Armutsideal seines Ordens verpflichtet. Die Leuchtkraft der Kirche, das war seine tiefe Überzeugung, gründet in der Berufungstreue gerade jener Söhne und Töchter, die nicht nur die Gebote Gottes in die Tat umsetzen, sondern durch ein Leben in Armut, Keuschheit und Gehorsam dafür Zeugnis ablegen, daß das Evangelium Quelle der Freude und des erfüllten Lebens ist. Als bedeutender Theologe nahm Bonaventura schließlich an den Vorbereitungen zum 2. Konzil von Lyon teil. Dort wirkte er maßgeblich an Verhandlungen um eine Versöhnung der griechischen und der lateinischen Kirche mit. Er konnte noch die Union erleben und starb dann 1274 in Lyon.
Von Herzen grüße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher. Christus gilt es immer mehr kennenzulernen, zu lieben und nachzuahmen. So finden wir, sagt der heilige Bonaventura, die Mitte unseres Lebens und können der Geschichte Gestalt geben. Dazu schenke euch Gott seine Gnade.