(Hong Kong) Die Presseagentur Asianews veröffentlichte heute ein ausführliches Interview mit dem neuen Bischof von Hongkong, Msgr. John Tong. Der 69-Jährige tritt die Nachfolge des kämpferischen Kardinals Joseph Zen an. Papst Benedikt XVI. hatte am 16. April den Rücktritt von Kardinal Zen aus Altersgründen angenommen. Sein Nachfolger versteht sich selbst als „Mann des Dialogs“, doch gebe es „unverhandelbare Werte und Grundsätze“. Der neue Diözesanbischof fordert von der Volksrepublik China vor allem die volle Gewährung der Religionsfreiheit und die Respektierung der Menschenrechte. In seinem Gespräch behandelt Msgr. Tong vor allem die Missionstätigkeit im Territorium von Hong Kong und in der Volksrepublik China, besonders auch die schwierigen Beziehung zwischen der katholischen Kirche und dem kommunistischen Regime in Peking. Vor allem will sich Msgr. Tong für die Verteidigung der Erziehungsfreiheit der katholischen Schulen Hong Kongs einsetzen.
Msgr. Tong war seit 1992 Generalvikar von Hong Kong und ist daher mit seiner Diözese bestens vertraut. Besonderes Augenmerk seiner ersten Amtshandlungen wird das Jahr 2010 sein, das in der Diözese zum „Jahr der Priesterberufungen“ ausgerufen wurde. „Wir erbitten von unseren Gläubigen einen verstärkten Einsatz für die Evangelisierung, denn alle Getauften müssen Missionare sein“. so Msgr. Tong. Hong Kong verfüge noch über wenige einheimische Priester, weshalb gerade der Beitrag von Missionaren aus anderen Ländern eine große Hilfe und Bereicherung sei. „Hong Kong ist eine kosmopolitische Metropole und eines der bedeutendsten Finanzzentren der Welt. Die Lage Hong Kongs ist also eng mit der globalen Situation verknüpft.“ Dies spüre man in allen Bereichen des Lebens. Die bunte Vielfalt der Missionare aus den verschiedenen Ländern, vor allem alten katholischen Nationen, sei daher eine geeignete Antwort auf die Bedürfnisse der Menschen. Auf die Frage, wie die Kirche der Gesellschaft dienen könne, meint Msgr. Tong: „Wir müssen dem Lehramt des Papstes folgen, es umsetzen und fördern“.
Die Beziehungen zur Regierung von Hong Kong bezeichnet der Bischof als „nicht schlecht“. Er erwarte sich keine Sonderbehandlung, sehe aber auch keine besonderen Gefahren für ausreichend harmonische Beziehungen zum Wohl der Menschen. „Wir werden allerdings nie auf Kompromisse eingehen, wenn es um unsere Grundsätze geht, und immer der katholischen Lehre verbunden sein.“ Bisher hätten die Behörden jedoch ihren guten Willen gezeigt. „Ich schätze ihre Freundschaft, vergesse aber nie, ihnen zu sagen, welches die Linien und die Kriterien der Kirche sind, die nicht überschritten werden dürfen bzw. die nicht zur Disposition stehen“, so der Hong Konger Bischof.
Das Verhältnis zur Volksrepublik China bezeichnet der neue Bischof von Hong Kong als „Smart“. Man setze auf zahlreiche kleine Projekte, die jedoch sehr konkret seien und in absehbarer Zeit umgesetzt werden können. Die Möglichkeiten in der Volksrepublik zu handeln, seien zwar noch sehr begrenzt, doch die gangbaren Wege würden mit Nachdruck beschritten. Msgr. Tong verweist darauf, in den Grundsätzen der Scholastik ausgebildet worden zu sein, deshalb gelte auch in den Beziehungen zur Volksrepublik China: „Contra factum non valet argumentum.“
Zahlreiche Katholiken aus Hong Kong würden heute die katholischen Brüder und Schwestern in der Volksrepublik besuchen und könnten sie so über aktuelle Entwicklungen in der Kirche informieren und ihnen Bestärkung im Glauben bringen. Manche Katholiken der Volksrepublik könnten auch nach Hong Kong kommen. „Wir versuchen sie brüderlich mit offenen Armen bei uns aufzunehmen.“ Einige Hong Konger Professoren erhalten noch immer Lehrbewilligungen an Seminaren der Volksrepublik. Allerdings seinen es wesentlich weniger als früher. Dafür würden heute Priester und Ordensschwestern aus Hong Kong in die Volksrepublik eingeladen, um Einkehrtage und Volksmissionen zu halten. Er selbst halte es mit einem irischen Sprichwort: „Wenn Gott eine Tür schließt, öffnet er ein Fenster.“
Auf die Frage, welche Prioritäten es für die Kirche in der VR China gebe, erklärt Msgr. Tong: „Ich halte mich an den Brief des Heiligen Vaters an die chinesischen Katholiken. Einige Schwerpunkte sind die Verwirklichung der Versöhnung und der Einheit zwischen den verschiedenen katholischen Gemeinschaften in China und deren vollständige Einheit mit der Weltkirche und dem Papst, die Ausbildung der Priester und auch der Ordensschwestern und der Laien.“
Die Kontakte zu den kommunistischen Behörden in der Volksrepublik bezeichnet der Bischof als „in Ordnung“. „Bisher habe ich eine offene Tür bei ihnen gefunden und sie eine offene bei mir. Immerhin können wir miteinander reden. Ich habe bereits bei meiner Nominierung erklärt, daß ich allen mit Offenheit und Warmherzigkeit begegnen werde, daß es aber unverhandelbare Grundsätze gibt. Meine Richtschnur ist das Schreiben des Papstes an uns Katholiken in China. Zudem bin ich Mitglied der ständigen Kommission für die Kirche in China beim Heiligen Stuhl. Unter unzweideutiger Wahrung meiner Grundsätze kann ich mit der Regierung in Peking im Dialog bleiben“, so Bischof Tong. Peking habe seine Ernennung ohne negative Bemerkungen in den Medien bekanntgegeben. „Wir können aber auch nicht vergessen, daß in der Volksrepublik noch immer Bischöfe eingesperrt und vermißt sind. Es sind meine Brüder, um die ich mich immer kümmern werde. Wir besuchen China nicht als China oder um zu irgendwelchen Banketten eingeladen zu werden. Wir sind besorgt um unsere Brüder und Schwestern, deren Menschenrechte und die Religionsfreiheit eingeschränkt sind“, so Msgr. Tong.
Nochmals auf das Schreiben des Papstes angesprochen, erklärt Msgr. Tong: „Zuallererst müssen wir allen die Möglichkeit verschaffen, das Schreiben des Papstes lesen zu können. Dann gilt es behilflich zu sein, das Schreiben in der rechten Weise zu verstehen. Niemand darf das Schreiben einseitig oder verkürzt auslegen. Der Brief des Papstes in seiner Vollständigkeit zu akzeptieren. Wenn wir dieses große Schreiben richtig lesen, lernen wir zu vergeben und uns aufzuopfern für die Kirche. Deshalb bin ich froh, daß der Heilige Stuhl demnächst ein Kompendium veröffentlichen kann, das als Anleitung und Kommentar zum Schreiben dient. Dieses Kompendium wird eine große Hilfe für die Kirche sein, vor allem für die Katholiken in der Volksrepublik China.
Msgr. Tong ist der erste Bischof von Hong Kong, der selbst aus Hong Kong stammt. „Mein Vater stammte aus Guangdong, meine Mutter aus Makao. Sie besuchte zwar eine katholische Schule, getauft waren meine Eltern aber nicht. Erst nach der japanischen Besetzung und dem Krieg ergriff meine Mutter die Initiative und ließ sich taufen, als ich sechs Jahre alt war. Darauf wurde die ganze Familie getauft, wofür ich ihr zu unendlichem Dank verpflichtet bin. Für meine Priesterberufung war das Vorbild von P. Bernard Meyer wesentlich, unserem Pfarrer, der sich während des Krieges mit wahrhaft christlicher Liebe aller angenommen hatte. Auf seine Empfehlung hin, verließ ich nach der kommunistischen Machtübernahme die Volksrepublik China Richtung Makao, um meiner Berufung nachgehen zu können, da die Kirche immer stärkerer Verfolgung ausgesetzt war. Mein Vater starb im Alter von 42 Jahren, darauf gelang es auch dem Rest der Familie die Volksrepublik zu verlassen und nach Hong Kong zu gehen. Meine Studien konnte ich später in Rom fortsetzen und wurde in Dogmatik promoviert. In Rom wurde ich 1966 auch von Papst Paul VI. zum Priester geweiht.“
Zurückgekehrt nach Hong Kong, schildert Msgr. Tong die Beziehungen zur nahen Volksrepublik: „Bis 1979 hatten wir in Hong Kong so gut wie keine Nachrichten über die Lage der Kirche in der Volksrepublik China. Erst mit der schrittweisen Öffnung drangen erste Informationen durch und das Ausmaß der Verwüstung wurde immer deutlicher erkennbar. Erste Reisen konnten unternommen werden. Damals entschloß die Diözese Hong Kong in Absprache mit dem Heiligen Stuhl, ein eigenes Institut für die Kirche in der Volksrepublik einzurichten. Das Holy Spirit Study Center koordiniert seither auf vielfältige Weise die Hilfen und Kontakte. Msgr. Tong ist seit vielen Jahren Leiter dieses Instituts und wird es auch nach seiner Ernennung zum Bischof von Hong Kong bleiben.
Das Gespräch für Asianews führte P. Giovanni Criveller PIME, der seit 16 Jahren in Hong Kong tätig ist.
(Asianews/JF)