(Wien) Im Diözesanmuseum der Stadt Wien ist derzeit eine Ausstellung über das Schaffen von Alfred Hrdlicka zu sehen. Er gilt als einer der bedeutendsten Künstler der Republik Österreich. Der 1928 in Wien geborene Grafiker und Bildhauer bezeichnet sich selbst als Atheist und Marxist, der allerdings von der christlichen Spiritualität durchdrungen sei. Seine provokativen Werke haben immer wieder zu kontroversen Diskussionen Anlass gegeben.
Unter dem Titel „Religion, Fleisch, Macht“ präsentiert das Museum der Diözese Wien nun eine Retrospektive des Schaffens von Alfred Hrdlicka. Die Verantwortung für diese Ausstellung liegt seit kurzem bei Museumsdirektor Dr. Bernhard A. Böhler, ein Kunsthistoriker aus dem Voralberg. Das Dommuseum befindet sich direkt gegenüber dem Stephansdom.
Die Ausstellung hat nicht nur in Österreich für etliche Aufregung gesorgt und war Gegenstand von Schlagzeilen (Die Welt: Sex am Dom, ORF.at: Atheist im Dommuseum, DiePresse: Abendmahl als Sex-Orgie, etc.)
Auf Bitte des Oberhirten von Wien, Kardinal Christoph Schönborn, wurde das am meisten kritisierte Werk aus der Ausstellung entfernt. Es stellte die Apostel dar, als sie vor dem Kreuz masturbierten. Das Bild war als „Santa Maria delle Grazie“ bezeichnet und als Hommage an Pier Paolo Pasolini gedacht.
In Italien setzte sich der bekannte Vatikanist Andrea Tornielli mit den Werken im Dommuseum auseinander. Tornielli steht der kirchlichen Bewegung Communione e Liberazione nahe. In der Tageszeitung Il Giornale kritisierte Tornielli scharf die Tatsache, daß eine solche Ausstellung in einem kirchlichen Museum ihren Platz finden konnte. Am 9. April 2008 antwortete ihm die diözesane Pressestelle, mit einem Schreiben von Kardinal Schönborn. Dabei versuchte Schönborn die Sache schön zu reden. Er nahm sowohl den Ausstellungsmacher wie auch den Künstler in Schutz. „Hrdlicka hat sich sein ganzes Leben lang mit biblischen Themen auseinandergesetzt“, bemerkte der Kardinal in seiner Entgegnung an Tornielli. Er vergaß allerdings anzugeben, an welcher Bibelstelle die onanierenden Apostel des „Abendmahls“ zu finden sind.
Die Sache reiht sich in Peinlichkeiten ein, die aus der Diözese Wien immer wieder zu vermelden sind. Erstaunlich ist, daß seitens des Vatikans absolutes Schweigen über den Vorfall herrscht. Wäre Schönborn ein einfacher Theologieprofessor, wäre die Reaktion aus Rom sicher unmißverständlich und hart ausgefallen. Schade, daß hier derart verschiedenes Maß angelegt wird.