Wahlliste „Abtreibung? Nein Danke“ – Giuliano Ferrara kandidiert bei Wahlen mit einer eigenen Liste


(Rom) Der ita­lie­ni­sche Intel­lek­tu­el­le und Jour­na­list Giu­lia­no Fer­ra­ra, ehe­ma­li­ger Kom­mu­nist, sozia­li­sti­scher Euro­pa­ab­ge­ord­ne­ter, Mini­ster und Regie­rungs­spre­cher und nun Chef­re­dak­teur der Tages­zei­tung Il Foglio kan­di­diert bei den vor­ge­zo­ge­nen Par­la­ments­wah­len in Ita­li­en am 13. und 14. April mit einer eige­nen Liste für das Leben. Fer­ra­ra gab am 19. Dezem­ber 2007 mit einem Leit­ar­ti­kel den Anstoß zu einer inter­na­tio­na­len Kam­pa­gne für ein welt­wei­tes Abtreibungsmoratorium.

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Anlaß für den Leit­ar­ti­kel war der Beschluß der Ver­ein­ten Natio­nen für eine welt­wei­te Aus­set­zung und Äch­tung der Todes­stra­fe. Für Fer­ra­ra ist Abtrei­bung „die gro­ße Todes­stra­fe“, wes­halb dem ersten Beschluß der UNO ein zwei­ter nun gegen die Abtrei­bung fol­gen müs­se. Aus dem Leit­ar­ti­kel wur­de eine wach­sen­de inter­na­tio­na­le Initia­ti­ve, die der schwer­ge­wich­ti­ge und wort­ge­wand­te Jour­na­list als „wich­tig­sten Kul­tur­kampf unse­rer Zeit“ betrach­tet. Erst heu­te schloß sich die spa­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz der For­de­rung nach einem Abtrei­bungs­mo­ra­to­ri­um an.

Fer­ra­ra sorgt für intel­lek­tu­el­le Unru­he und Auf­re­gung, weil sein Ein­satz für das Leben und gegen Abtrei­bung und Eutha­na­sie von einer Sei­te kommt, aus der weder die Abtrei­bungs­be­für­wor­ter noch das links­li­be­ra­le Feuil­le­to­nestab­lish­ment erwar­te­te. Durch Fer­ra­ras Anstoß, er selbst bezeich­net sich als „from­men Athe­isten“, fin­det in Ita­li­en seit Mona­ten eine inten­si­ve Abtrei­bungs­de­bat­te statt, der sich kei­ne gesell­schaft­li­che Grup­pe, kein Medi­um und kei­ne Par­tei ent­zie­hen kann.

Nach­dem Fer­ra­ra den Stein in den Teich gewor­fen hat­te und die­ser seit­her immer neue Krei­se zieht, rief er eine eige­ne Wahl­li­ste für die ita­lie­ni­schen Par­la­ments­wah­len ins Leben. Die Liste mit dem Namen „Für das Abtrei­bungs­mo­ra­to­ri­um – Abtrei­bung? Nein Dan­ke“. Zwei Zie­le nann­te Fer­ra­ra für die­ses Pro­jekt: Abtrei­bung und Lebens­schutz zum Wahl­kampf­the­ma zu machen und „eine Hand­voll enga­gier­te und geist­rei­che Lebens­schüt­zer“ ins Par­la­ment zu ent­sen­den, die sich dort bedin­gungs­los „für die Frau­en, für die Kin­der und für das Leben“ ein­set­zen sollen.

Das erste Ziel ist dem „Ele­fan­ten“, wie Fer­ra­ra auch genannt wird, weil er mit einem roten Ele­fan­ten die von ihm ver­faß­ten Arti­kel in sei­ner Tages­zei­tung kenn­zeich­net, bereits gelun­gen. Abtrei­bung und Lebens­schutz sind zum unüber­seh­ba­ren Wahl­kampf­the­ma gewor­den und alle ande­ren Listen und Par­tei­en sind gezwun­gen, Posi­ti­on zu bezie­hen. Das hat­te bei radi­kal-femmi­ni­sti­schen Krei­sen der gemä­ßig­ten und der radi­ka­len Lin­ken bereits zor­ni­ge Reak­tio­nen zur Fol­ge. Dort glaub­te man, das „The­ma“ längst abge­hakt und die „femi­ni­sti­sche Errun­gen­schaft“ gesi­chert zu haben. Das uner­war­te­te Wie­der­auf­bre­chen der Debat­te macht ihnen bewußt, daß sie sich einer Illu­si­on hin­ge­ge­ben hat­ten. Eini­ge Par­tei­en, vor allem der poli­ti­sche Katho­li­zis­mus, unter­stüt­zen Fer­ra­ras Initia­ti­ve. Das Bünd­nis der rech­ten Mit­te von Sil­vio Ber­lus­co­ni hat in ihrem Wahl­pro­gramm unter ande­rem fest­ge­schrie­ben, daß die Abtrei­bungs­pil­le RU 486 in Ita­li­en nicht ein­ge­führt wird. 

Das zwei­te Ziel, in das ita­lie­ni­sche Par­la­ment ein­zu­zie­hen, scheint schwe­rer erreich­bar, nach­dem eine Listen­ver­bin­dung mit Ber­lus­co­nis aus­sichts­rei­chem Wahl­bünd­nis schei­ter­te. Ber­lus­co­ni bot siche­re Man­da­te auf sei­ner Liste an. Fer­ra­ra woll­te jedoch im Wahl­kampf mit einem eige­nen Listen­zei­chen sicht­bar und wahr­nehm­bar sein. Das ita­lie­ni­sche Wahl­recht benach­tei­ligt bünd­nis­freie klei­ne Listen. Für sie ist in der Abge­ord­ne­ten­kam­mer eine Sperr­klau­sel von 4 Pro­zent vor­ge­se­hen, im Senat sogar von min­de­stens acht Prozent.

Den­noch geht Fer­ra­ra unver­dros­sen sei­nen Weg, da es sich „um einen kul­tu­rel­len Kampf“ han­delt, bei dem Wah­len nur ein Teil­aspekt sei­en. Seit Wochen bereist er die Apen­ni­nen­halb­in­sel und hält Wahl­kund­ge­bun­gen, um einen „kul­tu­rel­len Umbruch“ zu errei­chen. Sei­ne „ver­rück­te Liste“, wie er sie „lie­be­voll“ in Anspie­lung auf eine erste Reak­ti­on eines Mit­ar­bei­ters selbst nennt, soll dazu ihren Bei­trag lei­sten. Das Wahl­er­geb­nis ist für ihn sekun­där, da er das erste Ziel wir­kungs­voll erreicht hat.

(JF)

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